Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Taim befand sich mit seinen Schülern auf einer Fläche aus hart gebackenem roten Ton, aus dem nur wenige Unkräuter sprossen, hinter der Scheune. Mit allen sieben. Abgesehen von Soras Mann Jur waren nur noch Damer Flinn, Eben Hopwil und Fedwin Morr aus jener ersten Gruppe übrig geblieben. Die anderen waren neu und wirkten beinahe ebenso jung wie Fedwin und Eben.
Außer dem weißhaarigen Damer saßen die Schüler in einer Reihe und hatten Rand die Rücken zugewandt. Damer stand vor ihnen und hatte angestrengt die Stirn gerunzelt. Er blickte einen kopfgroßen Steinbrocken an, der ungefähr dreißig Schritt entfernt lag.
»Jetzt«, sagte Taim, und Rand spürte, wie Damer nach Saidin griff und ungeschickt Feuer und Erde miteinander verwob.
Der Stein explodierte, und Damer und die anderen Schüler warfen sich zu Boden, um den umherfliegenden Splittern zu entgehen. Taim nicht; Steinbrocken prallten an dem Schild aus Luft ab, den er im letzten Augenblick um sich gelegt hatte. Damer hob vorsichtig den Kopf und wischte sich das Blut von einem kleinen Schnitt unter seinem linken Auge. Rand verzog den Mund. Er hatte Glück gehabt, dass ihn keiner der umherfliegenden Steinsplitter getroffen hatte. Er blickte zurück zum Wohnhaus. Sora befand sich immer noch am Fenster und war offensichtlich unverletzt. Und sie sah ihn immer noch an. Die Hühner hatten ihr Scharren kaum unterbrochen. Sie schienen bereits an so etwas gewöhnt zu sein.
»Vielleicht werdet Ihr euch beim nächsten Mal an meine Worte erinnern«, sagte Taim gelassen und löste sein Gewebe auf. »Schirmt euch ab, wenn Ihr zuschlagt, sonst bringt Ihr euch womöglich selbst um.« Er sah zu Rand herüber, als habe er die ganze Zeit über gewusst, dass er sich dort befand. »Macht weiter«, befahl er dann seinen Schülern und schritt auf Rand zu. Heute schien sein Gesicht mit der gekrümmten Raubvogelnase einen grausamen Zug aufzuweisen.
Als sich Damer wieder in die Reihe setzte, stand Eben mit dem fleckigen Gesicht auf und zupfte sich nervös an einem großen Ohr, während er das Element Luft benützte, um einen weiteren Steinbrocken von einem Stapel an der Seite zu heben und herüberschweben zu lassen. Sein Gewebe schwankte, und er ließ den Stein fallen, bevor er ihn beim zweiten Versuch an den vorgesehenen Platz legte.
»Kann man sie ohne Gefahr sich selbst überlassen?«, fragte Rand, als Taim vor ihm stand.
Der zweite Stein explodierte wie der erste, aber diesmal hatten alle Schüler eine Abschirmung um sich gewoben. Taim ebenfalls, und zwar eine, die sowohl ihn wie auch Rand schützte. Wortlos griff Rand wieder nach Saidin und wob seinen eigenen Schild, wobei er den Taims nach außen hin wegschob. Taim verzog den Mund in dem schwachen Anflug eines Lächelns.
»Ihr sagtet, ich solle Druck machen, mein Lord Drache, also mache ich Druck. Ich lasse sie alles mithilfe der Macht bewerkstelligen, selbst die Alltagsarbeiten, alles. Der neueste Ankömmling hat gestern Abend seine erste warme Mahlzeit bekommen. Wenn sie ihr Essen nicht selbst mithilfe der Macht aufwärmen, müssen sie eben kalt essen. In den meisten Fällen dauert alles immer noch doppelt so lange wie mit der Hand, aber sie erlernen den Gebrauch der Macht so schnell es nur geht, glaubt mir. Natürlich sind es noch nicht besonders viele.«
Rand beachtete die unausgesprochene Frage nicht und blickte sich um. »Wo steckt Haslin? Hoffentlich ist er nicht wieder betrunken? Ich hatte Euch doch befohlen, dass er nur am Abend etwas Wein bekommt.« Henre Haslin war Schwertmeister in der Königlichen Garde gewesen und hatte die Rekruten ausgebildet. Rahvin hatte die Gardisten ausgetauscht und jeden weggeschickt, der Morgase die Treue hielt, oder sie einfach nach Cairhien beordert, um sie im Bürgerkrieg loszuwerden. Haslin war zu alt gewesen, um ihn noch einmal auf Kriegszug zu schicken, und so hatte man ihn ausgezahlt und hinausgeworfen. Als sich die Nachricht von Morgases Tod in Caemlyn herumgesprochen hatte, war er in den Weinkrug gekrochen, wie man hier sagte. Doch er glaubte, Rahvin – den er als Gaebril kannte – habe Morgase getötet, nicht Rand, und er war immer noch in der Lage, Rekruten auszubilden. Wenn er gerade nüchtern war.
»Ich habe ihn weggeschickt«, sagte Taim. »Wozu sind Schwerter schon gut?« Ein weiterer Steinbrocken explodierte. »Ich ersteche mich jedes Mal fast selber, und vermisst habe ich das bestimmt niemals. Jetzt haben sie die Macht.«
Töte ihn! Töte ihn!, hallte Lews
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