Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
sich Rand nicht leisten. Er konnte nicht selbst Schüler ausbilden und auch noch nebenher alles andere erledigen, was er zu tun hatte. Sechs Jahre, um es der Burg gleichzutun. Falls die Aes Sedai diesen Ort nicht zuerst entdeckten und ihn mitsamt den Schülern vernichteten, bevor sie weit genug ausgebildet waren, um sich selbst zu verteidigen. Oder aber weniger als ein Jahr. Schließlich ruckte er. Lews Therins Stimme klang wie ein wahnwitziges Toben in großer Entfernung. »Ihr bekommt Eure Pferde.«
KAPITEL 12
Fragen und Antworten
A lso?«, fragte Nynaeve so geduldig wie möglich. Es kostete sie Mühe, die Hände im Schoß liegen zu lassen, genauso wie das Stillsitzen auf ihrem Bett. Sie unterdrückte ein Gähnen. Es war noch früh am Morgen, und sie hatte die letzten drei Nächte schlecht geschlafen. Der geflochtene Käfig war leer; sie hatte den Singvogel wieder fliegen lassen. Sie wünschte, sie wäre genauso frei wie er. »Also?«
Elayne kniete auf ihrem Bett und hatte Kopf und Schultern aus dem Fenster gesteckt, um auf die winzige Gasse hinter dem Haus hinabblicken zu können. Von hier aus konnte sie gerade noch den hinteren Teil des Gebäudes erspähen, das sie als die ›Kleine Burg‹ bezeichneten, wo sich heute Morgen die meisten der Sitzenden befanden, um die Abgesandte der Weißen Burg zu empfangen. Sie vermochte wirklich nicht viel zu erkennen, aber jedenfalls genug, um ein Stück des Wachgewebes zu bemerken, das die ehemalige Schenke zum Schutz gegen Lauscher umgab. Es war die Sorte von Wachgewebe, die jeden abblockte, der versuchte, mithilfe der Macht zu lauschen. Das war eine Notwendigkeit, wenn zu viele diese Fertigkeiten erlernt hatten.
Einen Augenblick später hockte sich Elayne mit Enttäuschung auf der Miene auf ihre Fersen. »Nichts. Du hast doch behauptet, solche Stränge könnten unbemerkt durchschlüpfen. Ich glaube nicht, dass mich jemand bemerkt hat, aber ich habe gewiss auch nichts hören können.«
Das Letztere war an Moghedien gerichtet die auf ihrem Korbhocker in einer Ecke saß. Es ärgerte Nynaeve maßlos, dass diese Frau niemals schwitzte. Sie hatte behauptet, es nehme einige Zeit in Anspruch, bis man lange genug mit der Macht gearbeitet hatte, um sich so weit von allem Äußeren lösen zu können, dass man Hitze oder Kälte einfach ignorierte. Das war auch nicht besser als das vage Versprechen der Aes Sedai, es werde schließlich ganz von selbst geschehen. Nynaeve und Elayne trieften vor Schweiß, während Moghedien kühl wie ein Vorfrühlingstag wirkte – und beim Licht, das wurmte sie! »Ich sagte lediglich, es sollte klappen.« Moghediens dunkle Augen huschten schuldbewusst von einer zur anderen, ihr Bild blieb aber dann an Elayne hängen. Sie konzentrierte sich immer auf diejenige, die gerade das Armband des A’dam trug. »Sollte. Es gibt Tausende verschiedener Wachgewebe. Es kann tagelang dauern, bis man ein Loch durch eines gesponnen hat.«
Nynaeve hielt den Mund, was ihr Mühe bereitete. Sie hatten es bereits tagelang versucht. Dies war der dritte Tag seit Tarna Feirs Ankunft, und der Saal hielt immer noch die von der Roten Schwester überbrachte Botschaft Elaidas geheim. Sicher, Sheriam und Myrelle und ihre Gruppe wussten Bescheid. Nynaeve hätte es nicht überrascht, wenn sie bereits vor dem Saal alles erfahren gehabt hätten. Doch selbst Siuan und Leane hatte man von diesen täglichen Sitzungen ausgeschlossen. Jedenfalls hatten sie das zugegeben.
Nynaeve wurde bewusst, dass sie an ihrem Rock zupfte, und so zwang sie ihre Hände zum Stillhalten. Irgendwie mussten sie herausbekommen, was Elaida wollte, und – noch wichtiger – was ihr der Saal antwortete. Es musste einfach sein. Irgendwie.
»Ich muss jetzt gehen«, seufzte Elayne. »Noch ein paar weitere Schwestern wollen sehen, wie ich ein Ter’angreal anfertige.« Sehr wenige der Aes Sedai in Salidar besaßen das notwendige Geschick, aber alle wollten es erlernen. Die meisten schienen zu glauben, sie könnten es lernen, wenn ihnen Elayne nur recht oft zeigte, wie sie es machte. »Dann kannst du den auch gleich anlegen«, fügte sie hinzu und löste ihr Armband. »Ich will etwas Neues ausprobieren, wenn die Schwestern genug gesehen haben, und danach habe ich Unterricht bei den Novizinnen.« Sie hörte sich auch dabei nicht besonders glücklich an; jedenfalls nicht so begeistert wie vor dem ersten Mal. Nach jeder Unterrichtsstunde kehrte sie so gereizt zurück, dass sie beinahe wie eine Katze fauchte und die
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