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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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brachte so viel Scham über sie, wie sie niemals geglaubt hätte. Blanker Hohn, hatte sie zu ihm gesagt, und ein Teil ihrer Selbst wollte wirklich lachen. Sie hatte Toh ihm gegenüber, aber noch viel mehr gegenüber Elayne. Alles, was er getan hatte, war, ihr Leben zu retten. Ohne ihn hätte Lanfear sie getötet. Lanfear hatte sie töten wollen, und zwar so schmerzhaft wie möglich. Irgendwie hatte Lanfear Bescheid gewusst. Doch verglichen mit dem was sie Elayne schuldete, war ihr Toh Rand gegenüber wie ein Termitenhaufen gegenüber dem Rückgrat der Welt.
    Cassin warf ihr lediglich einen Blick zu. Der Schnitt seines Mantels sagte ihr, dass er ein Goshien war und natürlich ein Aethan Dor ; seine Sept erkannte sie nicht. Er kauerte mit den Speeren über den Knien in der Nähe der Tür. Natürlich wusste er nichts. Aber Liah lächelte ihr zu, entschieden zu ermutigend für eine Frau, die sie gar nicht kannte, entschieden zu wissend für irgendjemanden. Aviendha war erschrocken, als sie sich dabei ertappte, dass sie bei sich dachte, die Chareen – Liahs Mantel nach war sie eine – seien oftmals hinterhältige Katzen. Sie hatte niemals eine Tochter als etwas anderes betrachtet als eben eine Far Dareis Mai . Rand al’Thor hatte ihr den Verstand verwirrt.
    Trotzdem zuckten ihre Finger ärgerlich in der Zeichensprache der Töchter. Warum lächelst du, Mädchen? Kannst du deine Zeit nicht besser ausfüllen?
    Liah zog leicht die Augenbrauen hoch, und wenn sich etwas änderte, dann war es ihr Lächeln, das jetzt richtig amüsiert wirkte. Ihre Finger bewegten sich zur Antwort. Wen nennst du Mädchen, Mädchen? Du bist noch nicht weise, aber keine Tochter mehr. Ich denke, du wirst deine Seele in einen Kranz winden und ihn einem Mann zu Füßen legen.
    Aviendha trat wütend einen Schritt vor – es gab nur wenige schlimmere Beleidigungen unter den Far Dareis Mai  –, blieb aber dann doch stehen. Im Cadin’sor würde ihr Liah wahrscheinlich unterliegen, aber in ihrem Rock wäre sie die Verliererin. Noch schlimmer, denn Liah würde sich vermutlich weigern, sie zur Gai’shain zu machen. Sie hatte die Wahl, wenn sie von einer Frau angegriffen wurde, die keine Tochter, aber auch noch keine Weise Frau war, und sie konnte das Recht in Anspruch nehmen, Aviendha vor allen Taardad, die man zusammenrufen konnte, öffentlich zu verprügeln. Eine geringere Schande als die Weigerung, aber immer noch sehr schlimm. Und was am schlimmsten war: ob sie nun gewann oder verlor, Melaine würde eine solche Methode auswählen, um sie nachhaltig an ihre abgelegten Speere zu erinnern, dass sie sich bestimmt wünschte, stattdessen zehnmal vor allen Clans von Liah Prügel beziehen zu dürfen. In den Händen einer Weisen Frau war die Scham schärfer als ein Abziehmesser. Liah rührte keinen Muskel; ihr war all das genauso klar wie Aviendha.
    »Jetzt starrt Ihr Euch an«, bemerkte Cassin gelangweilt. »Eines Tages muss ich Eure Zeichensprache lernen.«
    Liah sah ihn an, und ihr Lachen klang wie Silberglöckchen. »Ihr werdet hübsch aussehen, wenn Ihr einen Rock tragt, Rotes Schild, an dem Tag, an dem Ihr darum bittet, eine Tochter werden zu dürfen.«
    Aviendha atmete erleichtert auf, als Liahs Blick sich von ihr abwandte. Unter diesen Umständen hätte sie keine Möglichkeit gehabt, ehrenvoll zuerst den Blick abzuwenden. Wie von selbst bewegten sich ihre Finger zum Zeichen der Zustimmung, die ersten Handzeichen, die man als Tochter erlernte, da eine neue Tochter diesen Satz besonders häufig brauchte: Ich habe Toh.
    Liah signalisierte ohne Pause zurück: Sehr klein, Speerschwester.
    Aviendha lächelte dankbar, weil kein gekrümmter kleiner Finger die Worte begleitet hatte, denn das hätte aus diesem Satz Spott gemacht. Das tat man gelegentlich Frauen gegenüber, die den Speer abgelegt hatten, aber immer noch so taten, als gehörten sie dazu.
    Ein Feuchtländer-Diener rannte ihr im Gang entgegen. Sie beherrschte sich, damit man nicht an ihrer Miene die Verachtung für jemand ablesen konnte, der sein Leben damit verbrachte, anderen zu dienen, und schritt in entgegengesetzter Richtung davon, um dem Kerl nicht zu begegnen. Rand al’Thor zu töten, würde ein Toh beseitigen, und sich selbst zu töten, das andere, doch jedes Toh verhinderte genau die gleiche Lösung dem anderen gegenüber. Was die Weisen Frauen auch sagen mochten – sie musste eine Methode finden, um beide zu erfüllen.

KAPITEL 20

    Aus dem Stedding
    R and hatte gerade damit begonnen,

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