Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
zur Bibliothek. Drei Weise Frauen sollten vor einer Aes Sedai finden können, was zu finden ist.« Das bewirkte drei lange Gesichter. Die Königliche Bibliothek war groß. Dennoch, Sorilea war Sorilea, und wenn die benannten Frauen auch seufzten und murrten, so stellten sie doch ihre Schalen ab und verließen sofort das Zelt. »Ihr sagtet, Ihr würdet zwei der Namen kennen«, sagte Sorilea, noch bevor sie das Zelt ganz verlassen hatten. »Nesune Bihara und wen?«
»Sarene Nemdahl«, sagte Egwene. »Ihr müsst wissen, dass ich beide nicht gut kenne. Sarene ist wie die meisten Weißen – sie durchdenkt alles logisch und scheint manchmal überrascht, wenn jemand nach dem Gefühl handelt –, doch ihr wohnt Zorn inne. Sie hält ihn meist strikt verborgen, aber wenn man zur falschen Zeit das Falsche tut, kann sie … jemandem den Kopf abreißen, bevor er auch nur blinzeln kann. Sie hört jedoch zu, was man sagt, und gesteht auch ein, wenn sie sich geirrt hat – auch wenn sie zornig ist. Nun, irgendwann ist es dann ohnehin vergessen.«
Sie versuchte, die Weisen Frauen unbemerkt zu mustern, während sie sich einen Löffel Beeren in den Mund schob. Niemand schien ihr Zögern bemerkt zu haben. Sie hätte fast erzählt, dass Sarene jemanden die Fußböden schrubben ließ, bevor er auch nur blinzeln konnte. Sie kannte beide Frauen nur aus ihren Unterrichtsstunden als Novizin. Nesune, eine schlanke Kandori mit vogelähnlichen Augen, bemerkte sofort, wenn jemandes Aufmerksamkeit nachließ, auch wenn sie demjenigen den Rücken zuwandte. Sie hatte in mehreren Klassen unterrichtet, an denen Egwene gewesen war. Bei Sarene hatte sie nur zwei Vorlesungen über das Wesen der Wirklichkeit besucht, aber es war schwer, eine Frau zu vergessen, die vollkommen ernst verkündete, dass Schönheit und Hässlichkeit gleichermaßen Illusionen waren, während ihr Aussehen jeden Mann zweimal hinsehen ließ.
»Ich hoffe, dass Ihr Euch an noch mehr erinnern könnt«, sagte Bair und beugte sich zu ihr. »Anscheinend seid Ihr unsere einzige Verbindung.«
Das verwirrte Egwene kurzzeitig. Ja, natürlich. Bair und Amys mussten in der letzten Nacht versucht haben, in die Träume der Aes Sedai einzudringen, aber Aes Sedai schützten ihre Träume. Sie bedauerte, diese Fähigkeit nicht selbst erlernt zu haben, bevor sie die Burg verließ. »Ich werde tun, was ich kann. Wo befinden sich ihre Räume im Palast?« Wenn sie in Rands Nähe gelangen wollte, wenn er das nächste Mal kam, wäre es hilfreich, wenn sie auf ihrer Suche nicht an ihren Zimmern vorbeistolperte. Besonders nicht an Nesunes Zimmer. Sarene erinnerte sich vielleicht nicht an eine einzelne Novizin, aber Nesune würde dies höchstwahrscheinlich tun. Außerdem könnte sich vielleicht auch eine der Aes Sedai an sie erinnern, die sie nicht kannte. Es war viel über Egwene al’Vere gesprochen worden, während sie sich in der Burg befand.
»Sie lehnen Berelains Angebot des Schattens auch nur für eine Nacht ab.« Amys runzelte die Stirn. Unter den Aiel wurde ein Angebot der Gastfreundschaft stets angenommen. Es abzulehnen, galt auch unter Blutfeinden als Schande. »Sie wohnen bei einer Frau namens Arilyn, eine Adlige unter den Baummördern. Rhuarc glaubt, dass Coiren Saeldain diese Arilyn schon vorher gekannt hat.«
»Eine von Coirens Spioninnen«, sagte Egwene mit Bestimmtheit. »Oder eine der Spioninnen der Grauen Ajah.«
Mehrere Weise Frauen murrten zornig. Sorilea schnaubte angewidert, und Amys seufzte tief enttäuscht. Andere beurteilten die Angelegenheit anders. Corelna, ein grünäugiger Falke von einer Frau mit stark ergrautem flachsfarbenen Haar, schüttelte zweifelnd den Kopf, während Tialin, eine hagere Rothaarige mit scharfgeschnittener Nase, Egwene ungläubig ansah.
Spionage entweihte Ji’e’toh , obwohl Egwene noch nicht herausgefunden hatte, wie sich das mit dem Eindringen der Traumgänger in die Träume anderer Menschen vertrug. Es hatte keinen Sinn, darauf hinzuweisen, dass die Aes Sedai Ji’e’toh nicht folgten. Sie wussten es. Es war für sie nur schwer zu verstehen, weder bei Aes Sedai noch bei jemand anderem.
Was immer sie dachten – sie hätte alles darauf verwettet, dass sie recht hatte. Galldrian, der letzte König von Cairhien, hatte eine Aes-Sedai-Beraterin gehabt, bevor er ermordet wurde. Niande Moorwyn war, auch bevor sie nach Galldrians Tod verschwand, vollkommen unsichtbar gewesen, aber Egwene hatte unter anderem erfahren, dass sie die Ländereien der
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