Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
ihm in hartnäckiges Schweigen gehüllt folgten.
An der Tür zu seinen Räumen befahl er ihnen, Elenia hereinzuschicken, wenn sie käme, und ließ sie im Gang zurück. Gewürzter Wein in einem silbern ziselierten Krug erwartete ihn, aber er rührte ihn nicht an. Stattdessen blieb er stehen, starrte auf den Krug und überlegte, was er sagen würde, bis er erkannte, was er tat und überrascht brummte. Was gab es zu überlegen?
Ein Klopfen an der Tür kündigte Elenia mit den honigfarbenen Haaren an, die in ihrem mit goldenen Rosen verzierten Kleid einen Hofknicks vollführte. »Mein Lord Drache ist zu gnädig, mich zu empfangen.«
»Ich möchte Euch über die Geschichte Andors befragen«, sagte Rand. »Möchtet Ihr einen Becher gewürzten Wein?«
Elenias Augen weiteten sich erfreut, bevor sie es verhindern konnte. Sie hatte zweifellos geplant, Rand zu überreden, ihren Ansprüchen nachzukommen, und jetzt wurde es ihr in den Schoß gelegt. Ein Lächeln erschien auf dem fuchsähnlichen Gesicht. »Gewährt mein Lord Drache mir die Ehre, für ihn einzugießen?«, fragte sie und wartete gar nicht erst auf seine Zustimmung. Sie war so erfreut über die Wendung der Ereignisse, dass er fast erwartete, sie würde ihn in einen Sessel nötigen und ihn drängen, die Füße hochzulegen. »Welchen Zeitpunkt der Geschichte darf ich für Euch erhellen?«
»Allgemein eine Art …« Rand runzelte die Stirn; das wäre als Vorgabe geeignet ihre Vorfahren in allen Einzelheiten aufzulisten. »… wie Souran Maravaile dazu kam, seine Frau hierherzubringen. Stammte er aus Caemlyn?«
»Ishara hat Souran hierhergebracht, mein Lord Drache.« Elenias Lächeln wurde einen Moment nachgiebig. »Isharas Mutter war Endara Casalain, die dann hier Artur Falkenflügels Statthalterin war – die Provinz wurde Andor genannt – und auch die Tochter von Joal Ramedar, dem letzten König von Aldeshar. Souran war nur … nur ein Lordhauptmann« – sie hatte sagen wollen: ein Bürgerlicher; darauf hätte er wetten können –, »wenn auch natürlich Falkenflügels bester Lordhauptmann. Endara gab ihre Befugnis auf und beugte sich Ishara als Königin.« Rand glaubte irgendwie nicht, dass es genau so oder auch nur annähernd so gewesen war. »Damals herrschten natürlich die schlimmsten Zeiten, sicherlich genauso schlimm wie die Zeit der Trolloc-Kriege. Als Falkenflügel tot war, wollten alle Adligen Hochkönig werden. Oder Hochkönigin. Ishara wusste jedoch, dass niemand dazu in der Lage sein würde. Es gab zu viele Parteien, und Bündnisse brachen, sobald sie geschlossen waren. Sie überzeugte Souran, die Belagerung Tar Valons aufzuheben, und brachte ihn mit dem Anteil seines Heers hierher, den er zusammenhalten konnte.«
»Souran Maravaile hat Tar Valon belagert?«, fragte Rand überrascht. Artur Falkenflügel hatte Tar Valon zwanzig Jahre lang belagert und einen Preis auf den Kopf jeder Aes Sedai ausgesetzt.
»Im letzten Jahr«, sagte sie ein wenig ungeduldig. »So wird es berichtet.« Es war offensichtlich, dass sie an Souran nur als Isharas Ehemann wahres Interesse hatte. »Ishara war klug. Sie versprach den Aes Sedai, dass ihre älteste Tochter zum Studium in den Weißen Turm geschickt würde, damit sie den Rückhalt des Turmes und eine Aes-Sedai-Beraterin namens Ballair erhielt. Sie war die erste Regentin. Andere folgten natürlich, aber sie wollten noch immer Falkenflügels Thron.« Sie war jetzt ganz in ihrem Element, das Gesicht lebhaft, der Becher gewürzter Wein vergessen, mit der freien Hand gestikulierend. Die Worte sprudelten hervor. »Eine ganze Generation verging, bevor dieser Gedanke erstarb, obwohl auch Narasim Bhuran es während der letzten zehn Jahre des Hundertjährigen Krieges versucht hatte – ein grässlicher Fehler, der ein Jahr danach mit seinem Kopf auf einem Spieß endete. Esmara Getares Bemühungen ungefähr dreißig Jahre später waren erheblich erfolgreicher, bis sie Andor zu erobern versuchte und die letzten zwölf Jahre ihres Lebens als Gast von Königin Telaisien verbrachte. Esmara wurde letztendlich ermordet, obwohl es keinerlei Berichte darüber gibt, warum jemand sie tot sehen wollte, nachdem Telaisien ihre Macht gebrochen hatte. Wie Ihr seht, folgten die Königinnen, die nach Ishara kamen – von Alesinde bis Lyndelle –, ihrem Weg, und nicht nur darin, eine Tochter zum Turm zu schicken. Ishara ließ Souran zunächst das Land um Caemlyn sichern, zu Anfang nur einige Dörfer, aber dann dehnte sie ihren
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