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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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geraderücken. Es war unter dem Ji’e’toh möglich. Man tat, was man tun musste, und bezahlte dann den Preis. Vor vielen Monaten, in der Wüste, hatte Aviendha ihr gezeigt, wie man für eine Lüge bezahlen musste.
    Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, legte das Seidengewand beiseite und erhob sich. Seltsamerweise schien es einfacher fortzufahren, wenn man erst begonnen hatte. Sie musste noch immer aufschauen, um ihren Blicken zu begegnen, aber sie tat es stolz, mit hocherhobenem Kopf, und sie musste sich nicht mehr zu den Worten zwingen. »Ich habe Toh .« Ihr Magen rebellierte nicht mehr. »Ich bitte Euch darum, mir zu helfen, meinem Toh gegenüberzutreten.« Salidar würde warten müssen.
    Auf einen Ellbogen gestützt, betrachtete Mat das auf dem Zeltboden ausgelegte Spiel mit den Schlangen und Füchsen. Gelegentlich fiel ein Tropfen Schweiß von seinem Kinn und verfehlte das Spielbrett nur knapp. Es war eigentlich kein richtiges Spielbrett, sondern nur ein Stück roter Stoff mit aufgemalten schwarzen Linien und Pfeilen, die anzeigten, auf welchen Bahnen man nur in einer Richtung und auf welchen man in beiden Richtungen ziehen durfte. Zehn helle Holzscheiben mit einem aufgemalten Dreieck waren die Füchse, und zehn mit einer Wellenlinie die Schlangen. Zwei auf beiden Seiten der Spielfläche aufgestellte Lampen spendeten reichlich Licht.
    »Dieses Mal werden wir gewinnen, Mat«, sagte Olver aufgeregt. »Ich weiß, dass wir gewinnen werden.«
    »Vielleicht«, erwiderte Mat. Ihre beiden schwarz bemalten Scheiben waren fast wieder zum Kreis in der Mitte des Spielbretts gelangt, aber der nächste Wurf galt den Schlangen und Füchsen. Die meiste Zeit gelangte man nicht weiter als bis zum äußeren Rand. »Würfele.« Er berührte den Würfelbecher seit dem Tag, an dem er ihn dem Jungen gegeben hatte, niemals mehr selbst. Wenn sie das Spiel spielten, konnte es genauso gut ohne seine glückliche Hand geschehen.
    Olver ließ den Würfelbecher grinsend klappern und schüttelte die Holzwürfel, die sein Vater gemacht hatte, dann heraus. Er stöhnte, als er die Symbole zählte. Dieses Mal zeigten drei Würfel mit einem Dreieck gekennzeichnete Oberflächen, und die anderen drei zeigten Wellenlinien. Wenn sie kamen, musste man die Schlangen und Füchse auf dem kürzesten Weg auf seine Steine zubewegen, und wenn einer auf der Stelle landete, die man besetzt hielt … Eine Schlange berührte Olver, ein Fuchs Mat, und Mat konnte erkennen, dass er von noch zwei weiteren Schlangen berührt worden wäre, wenn die Symbole ausgespielt worden wären.
    Nur ein Kinderspiel, und eines, das man nicht gewinnen würde, solange man den Regeln folgte. Olver wäre bald alt genug, das zu erkennen, und würde wie andere Kinder aufhören zu spielen. Nur ein Kinderspiel, aber Mat mochte es nicht, wenn der Fuchs ihn erwischte, und noch weniger, wenn es den Schlangen gelang. Es weckte schlechte Erinnerungen, selbst wenn das eine mit dem anderen nichts zu tun hatte.
    »Nun«, murmelte Olver, »wir hätten fast gewonnen. Noch ein Spiel, Mat?« Er wartete nicht auf die Antwort, sondern zeigte das Zeichen, das das Spiel eröffnete – ein Dreieck mit einer Wellenlinie darüber – und rezitierte die Worte: »›Mut gibt Kraft, Feuer blendet, Musik verwirrt und Eisen bindet.‹ Mat, warum sagen wir das? Da ist kein Feuer, keine Musik und kein Eisen.«
    »Ich weiß es nicht.« Der Vers rührte an etwas in seinem Unterbewusstsein, aber es war nicht greifbar. Die alten Erinnerungen vom Ter’angreal hätten genauso gut zufällig ausgewählt werden können – wahrscheinlich war es so –, und da waren all jene Lücken in seiner Erinnerung, all jene verschwommenen Stellen. Der Junge stellte stets Fragen, auf die er keine Antworten wusste, und die üblicherweise mit ›warum‹ begannen.
    Daerid trat geduckt aus der Nacht herein und stieß einen Laut der Überraschung aus. Sein Gesicht schimmerte vor Schweiß und er trug noch immer seinen Mantel, wenn er ihn auch bereits geöffnet hatte. Seine neueste Narbe bildete eine rötliche Furche über den weißen Linien, die sein Gesicht kreuz und quer überzogen.
    »Ich glaube, du müsstest längst im Bett sein, Olver«, sagte Mat und stieß sich hoch. Seine Wunden zwickten ein wenig, aber wirklich nur ein wenig. Sie heilten eigentlich sehr gut. »Nimm das Spielbrett mit.« Er trat nahe an Daerid heran und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Wenn Ihr jemals etwas hiervon erzählt, schneide ich Euch die Kehle

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