Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
irgendwo auf dem Eldar sein? Er war sich sicher, dass sie in Cairhien gewesen war, als er Maerone verließ. Es sei denn, sie hätte Rands Trick mit den Wegetoren herausgefunden. In diesem Fall konnte sie jederzeit zurückkehren. Oder nach Caemlyn gelangen und gleichzeitig ein Tor für ihn und die Bande eröffnen. »Mach dir auch um Egwene keine Sorgen. Ich werde sie aus welchen Schwierigkeiten auch immer befreien, egal, wie starrsinnig sie sich verhält.« Es wäre nicht das erste Mal, dass er für sie die Kastanien aus dem Feuer holte. Sehr wahrscheinlich würde er auch dieses Mal keinen Dank dafür bekommen. Bode sollte eine Aes Sedai werden? Blut und verdammte Asche!
»Gut«, sagte Rand. »Gut.« Aber er betrachtete angestrengt die Karte. Dann riss er den Blick los, und Mat dachte einen Moment, er wollte etwas zu Aviendha sagen. Aber stattdessen wandte er sich brüsk von ihr ab. »Thom Merrilin sollte bei Elayne sein.« Rand zog einen gefalteten und versiegelten Brief aus der Tasche. »Sorge dafür, dass er dies bekommt.« Er reichte Mat den Brief und verließ eilig das Zelt.
Aviendha ging ihm einen Schritt nach, eine Hand halbwegs erhoben und die Lippen zum Sprechen geöffnet. Aber sie schloss den Mund ebenso schnell wieder, verschränkte die Hände in ihren Röcken und schloss fest die Augen. Also kam der Wind aus dieser Richtung? Und sie will mit Elayne sprechen. Wie konnte Rand jemals in diese unangenehme Lage geraten? Rand war immer derjenige gewesen, der mit Frauen umzugehen wusste, Rand und Perrin.
Aber es ging ihn nichts an. Er drehte den Brief in den Händen. Thoms Name war mit weiblicher Handschrift darauf geschrieben. Das Siegel kannte er nicht: ein sich weit ausbreitender, eine Krone tragender Baum. Welche Adlige würde einem verwitterten alten Mann wie Thom schreiben? Auch das ging ihn nichts an. Er warf den Brief auf den Tisch und nahm seine Pfeife und den Tabaksbeutel. »Olver«, sagte er, während er sich die Pfeife stopfte, »bitte Talmanes, Nalesean und Daerid zu mir.«
Vor dem Zelteingang erklang ein erschreckter Laut und dann: »Ja, Mat«, und das Geräusch davoneilender Füße.
Aviendha sah ihn an und kreuzte mit entschlossenem Gesichtsausdruck die Arme.
Er kam ihr zuvor. »Solange du mit der Bande reist, unterstehst du meinem Befehl. Ich will keinen Ärger und erwarte, dass du dafür sorgst, dass es keinen gibt.« Sollte sie irgendetwas anzetteln, würde er sie Elayne auf einen Packsattel geschnürt übergeben, und wenn zehn Männer nötig wären, sie dort festzubinden.
»Ich weiß zu gehorchen, Schlachtführer.« Sie unterstrich diese Anrede mit einem scharfen Schnauben. »Aber du solltest wissen, dass nicht alle Frauen so verweichlicht sind wie die Feuchtländer. Wenn du eine Frau auf ein Pferd zu setzen versuchst, obwohl sie nicht gehen will, könnte sie dir vielleicht ein Messer zwischen die Rippen stoßen.«
Mat ließ fast seine Pfeife fallen. Er wusste, dass Aes Sedai nicht Gedanken lesen konnten – wenn sie es könnten, hinge sein Fell schon lange an einer Wand in der Weißen Burg –, aber vielleicht konnten Weise Frauen der Aiel … Natürlich nicht. Es ist nur einer jener Tricks, über die Frauen verfügen. Wenn er darüber nachdachte, konnte er sich vorstellen, wie sie es tat. Aber er machte sich einfach nicht die Mühe, darüber nachzudenken.
Er räusperte sich, steckte sich die kalte Pfeife zwischen die Lippen und beugte sich herab, um die Karte eingehend zu betrachten. Die Bande würde die Entfernung von der Lichtung nach Salidar wahrscheinlich in einem Tag bewältigen, wenn er sie vorantrieb, selbst in diesem bewaldeten Gebiet, aber er beabsichtigte, zwei oder sogar drei Tage einzuplanen. Die Aes Sedai sollten ausreichend vorgewarnt sein. Er wollte sie nicht noch mehr beunruhigen, als sie es bereits waren. Eine beunruhigte Aes Sedai war fast ein Widerspruch in sich. Er war, selbst wenn er das Medaillon trug, nicht erpicht darauf zu erfahren, zu was eine beunruhigte Aes Sedai in der Lage wäre.
Er spürte Aviendhas Blick im Nacken und hörte ein schabendes Geräusch. Sie saß mit überkreuzten Beinen an der Zeltwand, zog ihr Gürtelmesser über einen Schleifstein und beobachtete ihn.
Als Nalesean mit Daerid und Talmanes eintrat, begrüßte er sie mit den Worten: »Wir werden einige Aes Sedai unter dem Kinn kitzeln, einen Dickkopf retten und ein eigenwilliges Mädchen auf den Thron bringen. O ja. Das ist Aviendha. Seht sie nicht schief an, sonst wird sie Euch die
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