Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
würde. Es war schon spät, aber die Amyrlin konnte nicht im Gewand einer Aufgenommenen umhergehen.
»Sehr wahrscheinlich«, antwortete Morvrin kurz darauf. »Ich weiß nicht, ob es gut wäre oder nicht, eine Aufgenommene zu sein, von der jede Sitzende wüsste, dass sie um ein Haar den Amyrlin-Sitz innegehabt hätte.«
»Das ist erst selten geschehen«, sagte Beonin, »aber eine Frau, welcher der Amyrlin-Sitz verweigert wird, wird üblicherweise verbannt. Der Saal strebt nach Harmonie, und sie wäre unweigerlich eine Quelle der Unruhe.«
Sheriam sah Egwene wie zur Betonung ihrer Worte direkt in die Augen. »Wir wären sicherlich verbannt worden. Myrelle, Morvrin und ich bestimmt, da wir aufgestanden sind und für Euch gebeten haben, und Carlinya, Beonin und Anaiya ebenfalls.« Plötzlich lächelte sie. »Aber es ist anders gekommen. Die neue Amyrlin soll ihre erste Nacht eigentlich in nachdenklicher Betrachtung und im Gebet verbringen, aber wenn Myrelle mit diesen Knöpfen fertig ist, wäre es vielleicht besser, wenn wir wenigstens einen Teil der Zeit damit verbrächten, Euch über die Lage in Salidar aufzuklären.«
Alle sahen sie an. Myrelle stand hinter ihr und schloss den letzten Knopf, aber sie konnte den Blick der Frau spüren. »Ja, ich glaube, das wäre vielleicht das Beste.«
KAPITEL 36
Zur Amyrlin erhoben
E gwene hob den Kopf von den Kissen, sah sich um und war einen Moment überrascht, sich in einem Himmelbett in einem großen Raum zu befinden. Das frühe Morgenlicht drang durch die Fenster, und eine vollendet hübsche Frau in einem einfachen grauen Wollgewand stellte gerade einen großen weißen Krug mit heißem Wasser auf dem Waschtisch ab. Chesa war ihr letzte Nacht als ihr Dienstmädchen vorgestellt worden. Das Dienstmädchen der Amyrlin. Ein verdecktes Tablett stand bereits neben Kamm und Bürste auf einem kleinen Tisch unter einem Spiegel mit Silberrahmen. Der Duft frischen Brotes und gedünsteter Birnen schwebte in der Luft.
Anaiya hatte den Raum für Egwenes Ankunft vorbereitet. Die Möbel passten nicht zueinander, aber es waren die besten Möbel, die Salidar zu bieten hatte, von dem bequemen Armsessel der mit grüner Seide aufgepolstert war, bis zu dem Standspiegel in der Ecke mit der makellosen Vergoldung und dem mit Holzschnitzereien verzierten Kleiderschrank, in dem jetzt ihre Habe hing. Leider schien Anaiya Spitze und Rüschen sehr zu mögen. Beides war in übertriebenem Maße am Betthimmel und den zurückgezogenen Bettvorhängen zu finden, und die einen oder anderen Spitzen oder Rüschen zierten auch die Tische und den Stuhl, die Armlehnen des gepolsterten Sessels, die Bettdecke, die Egwene auf den Boden geworfen hatte, und das dünne Seidenlaken, das dieser gefolgt war. Auch die Vorhänge an den Fenstern wiesen Spitze auf.
Egwene ließ den Kopf wieder sinken. Auch das Kissen war von Spitze gesäumt. Der Raum vermittelte ihr das Gefühl, in Spitze zu ertrinken.
Es war viel gesprochen worden, nachdem Sheriam und die anderen sie in die, wie sie es nannten, Kleine Burg gebracht hatten, die fast ganz auf ihrer Seite stand. Sie waren nicht wirklich an ihren Vermutungen interessiert, was Rand vorhatte oder was Coiren und die anderen vielleicht wollten. Eine Abordnung unter Merana, die nach Caemlyn ziehen wollte, hielt sich hier auf, und sie wussten, was zu tun war, obwohl sie sich nicht näher darüber äußerten. Sie übernahmen den größten Teil der Gespräche, während sie zuhörte, und ließen ihre Fragen unbeachtet. Die Antworten auf einige dieser Fragen waren im Moment ohne Belang, wurde ihr gesagt. Nur einige wurden schnell beantwortet, bevor wichtigere Dinge besprochen wurden. Abordnungen waren zu jedem Herrscher entsandt worden, die nacheinander benannt wurden. Dabei wurde erklärt, warum er oder sie für Salidars Zwecke absolut lebenswichtig war, was anscheinend für alle galt. Sie sagten nicht direkt, dass alles fehlschlagen würde, wenn sich auch nur ein Herrscher gegen sie stellte, aber die Art, wie jeder einzelne Herrscher ausdrücklich erwähnt wurde, sprach dafür. Gareth Bryne erhob gerade ein Heer, das ausreichend stark wäre, ihre Ansprüche gegen Elaida durchzusetzen, wenn es dazu käme. Sie glaubten es anscheinend nicht, trotz Elaidas Forderung, in die Burg zurückkehren zu wollen. Sie glaubten anscheinend, dass die Aes Sedai zu Egwene al’Vere kommen würden, wenn sich die Nachricht ihrer Ernennung zum Amyrlin-Sitz verbreitet hätte, sogar einige der zur Zeit in
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