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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wie es jedermann erscheinen musste, aber eine Frau, die die Macht lenken konnte.
    Es waren viele Menschen dort, die sie, von der aufgehenden Sonne umrissen, sahen. Ein zweites Gewebe ließ das Licht zu einem schimmernden Kokon um sie herum werden. Männer und Frauen bevölkerten die Straße. Die Menge erstreckte sich bis um die Häuserecken. Jeder Eingang, jedes Fenster und jedes Dach außer dem der Kleinen Burg selbst war von Menschen erfüllt. Lärm erklang, der Romanda beinahe übertönt hätte, Wogen von Hochrufen, die über das Dorf hinwegrollten. Egwene betrachtete die Menge, suchte nach Nynaeve und Elayne, aber sie konnte sie in diesem Meer aufwärts gewandter Gesichter nicht finden. Ein ganzes Zeitalter schien vergangen zu sein, bevor es wieder still genug wurde, dass sie sprechen konnte. Das Gewebe hatte ihr Romandas Stimme zugetragen.
    Sheriam und die anderen hatten ihre Rede vorbereitet, eine ernste Ermahnung, die sie vielleicht ohne Erröten hätte äußern können, wenn sie doppelt – oder, noch besser, dreimal – so alt gewesen wäre, wie sie tatsächlich war. Sie hatte selbst einige Änderungen angebracht. »Wir haben uns hier auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit versammelt, die nicht enden wird, bis die falsche Amyrlin Elaida von dem Platz vertrieben ist, den sie sich widerrechtlich angeeignet hat. Als Amyrlin werde ich Euch bei dieser Suche leiten, und ich werde nicht schwanken, wie Ihr es, wie ich weiß, tun werdet.« Und das war genug Ermahnung. Sie hatte keinesfalls die Absicht, lange genug hier oben zu bleiben, um alles zu wiederholen, was die Aes Sedai sie sagen hören wollten. Es wäre auch nur auf das hinausgelaufen, was sie ohnehin bereits gesagt hatte. »Ich ernenne Sheriam Bayanar zu meiner Bewahrerin der Chroniken.«
    Hierauf erklangen weitaus weniger Hochrufe. Eine Bewahrerin war immerhin keine Amyrlin. Egwene schaute hinab und wartete, bis sie Sheriam herauseilen sah, während sie noch die Stola der Bewahrerin um ihre Schultern drapierte, die als Zeichen dafür, dass sie der Blauen Ajah entstammte, blau war. Es war beschlossen worden, keinen zweiten Amyrlin-Stab zu gestalten, der von einer goldenen Flamme gekrönt wurde und den die Bewahrerin trug. Bis der echte Stab von der Weißen Burg zurückerlangt werden konnte, würde es ohne ihn gehen müssen. Sheriam hatte weitaus mehr Unterstützung erwartet, und sie sah Egwene verärgert an. Romanda und Lelaine, die in der Reihe der Sitzenden standen, zeigten ausdruckslose Gesichter. Sie hatten beide ihre eigenen sehr nachdrücklichen Vorschläge zur Ernennung der Bewahrerin gemacht, und bei beiden war es, wie nicht erwähnt werden muss, nicht Sheriam gewesen.
    Egwene atmete tief ein und wandte sich wieder an die wartende Menge. »Um diesen Tag zu ehren, verfüge ich hiermit, dass allen Aufgenommenen und Novizinnen alle Bußen und Strafen erlassen werden.« Das war üblich und bewirkte erfreute Ausrufe von weiß gekleideten Mädchen und einigen wenigen unbeherrschten Aufgenommenen. »Um diesen Tag zu ehren, verfüge ich hiermit, dass Theodrin Dabei, Faolain Grande, Nynaeve al’Meara und Elayne Trakand von diesem Moment an als vereidigte Schwestern und Aes Sedai zur Stola erhoben werden.« Ein fragendes Schweigen lastete auf der Menge, und nur hier und da erklang ein Murmeln. Das war absolut nicht üblich. Es war weit davon entfernt, üblich zu sein. Aber es war gesagt worden, und es war gut, dass Morvrin zufällig Theodrin und Faolain mit einbezogen hatte. Es war Zeit, sich wieder an das zu halten, was sie für sie aufgeschrieben hatten. »Ich verfüge hiermit, dass der heutige Tag ein Tag der Festlichkeit und des Feierns sei. Es sollen nur Arbeiten ausgeführt werden, die für das Vergnügen notwendig sind. Möge das Licht euch alle bescheinen, und die Hand des Schöpfers euch beschützen.« Die letzten Worte wurden von einem tumultartigen Gebrüll übertönt, das selbst das Gewebe niederdrückte, das ihre Worte getragen hatte. Einige Leute begannen an Ort und Stelle auf der Straße zu tanzen, obwohl kaum genug Platz war.
    Die aus Luft gestaltete Plattform sank vielleicht ein wenig schneller, als sie aufgestiegen war. Die Sitzenden sahen sie an, als sie herabtrat und das Schimmern Saidars begann unter ihnen zu verblassen, fast bevor sie den Boden berührt hatte.
    Sheriam eilte heran, nahm Egwenes Arm und lächelte den Sitzenden mit den starren Gesichtern zu. »Ich muss der Amyrlin ihr Studierzimmer zeigen. Entschuldigt uns.«

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