Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
warten, bis sie die Macht lange genug angewandt hätte, um nicht mehr zu schwitzen. »Ich werde das blaue Seidengewand mit den weißen Morgensternen am Halsausschnitt tragen.« Sie bemerkte, dass Chesa bewusst nicht hinsah, während sie ihr ein frisches Hemd reichte. Die Wirkung ihrer Begegnung mit dem Toh hatte ein wenig nachgelassen, aber sie schien noch immer leicht zerschlagen zu sein. »Ich hatte einen Unfall, bevor ich hierherkam«, sagte sie und zog sich das frische Hemd eilig über den Kopf.
Chesa nickte plötzlich verstehend. »Pferde sind bösartige, wenig vertrauenswürdige Ungeheuer. Ihr würdet mich niemals auf ein Pferd bekommen, Mutter. Ein guter, robuster Karren ist weitaus sicherer. Wenn ich von einem Pferd fiele, würde ich es niemals jemandem erzählen. Nildra würde es tun, und Kaylin … Oh, Ihr würdet niemals glauben, was Frauen manchmal sagen, sobald man den Rücken wendet. Beim Amyrlin-Sitz ist es natürlich anders, aber das würde ich tun.« Sie hielt die Schranktür auf und warf Egwene einen Seitenblick zu, um zu sehen, ob sie verstand.
Egwene lächelte ihr zu. »Menschen sind Menschen, ob hoch- oder tiefgestellt«, sagte sie ernst.
Chesa strahlte einen Moment, bevor sie das blaue Gewand zutage förderte. Sheriam hatte sie vielleicht ausgesucht, aber sie war das Dienstmädchen des Amyrlin-Sitzes und hielt dem Amyrlin-Sitz die Treue. Uns sie hatte auch recht damit, dass der heutige Tag sehr wichtig war.
Egwene aß schnell – trotz Chesas gemurmelten Bemerkungen, dass es dem Magen schade, das Essen hinunterzuschlingen, auch wenn die warme Milch mit Honig und Gewürzen immerhin geeignet sei, einen nervösen Magen wieder zu beruhigen –, putzte sich die Zähne und wusch sich, ließ Chesa einige Male mit der Bürste durch ihr Haar fahren und zog sich so schnell an, wie die Frau ihr die blaue Seide über den Kopf ziehen konnte. Sie drapierte die Stola mit den sieben Streifen um ihre Schultern und hielt dann inne, um sich im Spiegel zu betrachten. Stola oder nicht – sie sah nicht wie ein Amyrlin-Sitz aus. Aber ich bin es. Dies ist kein Traum.
Unten im großen Raum waren die Tische noch genauso leer wie in der Nacht. Nur die Sitzenden befanden sich dort, die ihre Stolen trugen und nach Ajahs geordnet zusammensaßen. Sheriam stand allein abseits. Sie verstummten, als Egwene die Treppe herunterkam, und vollführten einen Hofknicks. Romanda und Lelaine beäugten sie kritisch, wandten sich dann ab, vermieden es ganz offensichtlich, Sheriam anzusehen, und nahmen ihre Unterhaltungen wieder auf. Als Egwene still blieb, taten es die anderen ihr nach. Gelegentlich schaute eine von ihnen zu ihr. Ihre Stimmen klangen sogar noch im Flüsterton zu laut. Draußen war es äußerst ruhig. Egwene nahm ihr Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte ihr Gesicht ab. Sie schwitzten überhaupt nicht.
Sheriam trat neben sie. »Es wird gut gehen«, sagte sie leise. »Erinnert Euch einfach an das, was Ihr sagen müsst.« Auch das hatten sie letzte Nacht in allen Einzelheiten durchgesprochen. Egwene musste heute Morgen eine Rede halten.
Egwene nickte. Es war seltsam. Ihr Magen hätte sich umstülpen und ihre Knie hätten zittern sollen. Beides war nicht der Fall, und sie konnte es nicht verstehen.
»Ihr braucht Euch nicht zu sorgen.« Sheriam klang, als glaubte sie, Egwene sei ängstlich, und wollte sie trösten, aber bevor sie erneut etwas sagen konnte, erhob Romanda die Stimme.
»Es ist Zeit.«
Die Sitzenden stellten sich mit raschelnden Röcken dem Alter nach in einer Reihe auf, wobei Romanda dieses Mal voranging, und marschierten hinaus. Egwene näherte sich der Tür. Noch immer kein Magenflattern. Vielleicht hatte Chesa mit der warmen Milch recht gehabt.
Es herrschte noch immer Stille, aber dann erklang erneut Romandas von Natur aus laute Stimme. »Wir haben einen Amyrlin-Sitz.«
Egwene trat in eine Hitze hinaus, die sie erst später am Tag erwartet hätte. Als ihr Fuß aus der Vorhalle trat, landete er auf einer aus Luft gewobenen Plattform. Die Reihen der Sitzenden erstreckten sich draußen zu beiden Seiten, und jede Sitzende schimmerte im Lichte Saidars .
»Egwene al’Vere«, sagte Romanda in feierlichem Tonfall, während ihre Stimme von den Strängen der Macht getragen wurde, »die Wächterin über die Siegel, die Flamme von Tar Valon, der Amyrlin-Sitz.«
Sie hoben sie hoch, während Romanda sprach, erhoben die Amyrlin wahrhaftig, bis sie unmittelbar unter dem Strohdach stand, auf dünner Luft stand,
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