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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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unbedingt erreichen. Wäre Lews Therin nicht gewesen, wäre er zweifellos der berühmteste Mann seines Zeitalters gewesen. Hätte ihn das Schicksal dazu bestimmt, die Menschheit zu führen, anstatt dieses Mannes, den er als intellektuell unter ihm stehend betrachtete, als einen übervorsichtigen Narren, der nur zu häufig auf reines Glück angewiesen war, stünde er dann heute hier? Nun, das waren überflüssige Gedankengänge, die ihr allerdings auch schon früher durch den Kopf gegangen waren. Nein, der entscheidende Punkt war der, dass Demandred den Drachen verachtete, und nun, da der Drache wiedergeboren worden war, hatte er diese Verachtung voll und ganz auf den neuen übertragen.
    »Warum …?«
    Demandred hob eine Hand. »Lasst uns warten, bis wir alle hier versammelt sind, Mesaana, damit ich mich nicht wiederholen muss.«
    Sie spürte ein erstes Weben von Saidar einen Augenblick, bevor die glühende Linie wieder in der Luft erschien und sich zu einem Tor öffnete. Graendal trat heraus, ausnahmsweise einmal nicht von halb bekleideten Dienern umgeben, und sie ließ die Öffnung genauso schnell verschwinden wie Demandred zuvor. Sie war eine mollige Frau mit kunstvoll gelocktem, rotgoldenem Haar. Irgendwo hatte sie tatsächlich Streith für ihr hochgeschlossenes langes Kleid aufgetrieben. Ihrer Stimmung entsprechend wirkte der Stoff gerade wie aus durchsichtigem Wasserstaub gewebt. Manchmal fragte sich Mesaana, ob Graendal, abgesehen von ihren sinnlichen Ausschweifungen, noch irgendetwas anderes bemerkte.
    »Ich hatte mich gefragt, ob Ihr wirklich kommen würdet«, sagte die neu Angekommene im Plauderton, »Ihr drei habt so geheimnisvoll getan.« Sie lachte fröhlich und ein wenig naiv. Nein, es wäre ein verhängnisvoller Fehler, Graendal für das zu halten, was sie äußerlich schien. Die meisten, die sie als Närrin betrachtet hatten, waren mittlerweile schon lange tot, Opfer genau der Frau, die sie missachtet hatten.
    »Kommt Sammael auch?«, fragte sie.
    Graendal winkte mit einer stark beringten Hand ab. »Ach, er traut Euch nicht. Ich glaube nicht, dass er sich überhaupt selbst noch traut.« Das Streith wurde dunkler, zu einem alles verbergenden Nebel. »Er sammelt sein Heer in Illian und jammert, weil er keine Schocklanzen hat, um sie damit zu bewaffnen. Und wenn er gerade nicht jammert, sucht er nach brauchbaren Angreal oder Sa’angreal . Nach solchen natürlich, die stark genug sind.«
    Aller Augen wandten sich Mesaana zu, und sie atmete tief durch. Jeder von ihnen hätte – na ja, beinahe alles – für einen brauchbaren Angreal oder Sa’angreal gegeben. Jeder war stärker als alle diese halb ausgebildeten Kinder, die sich heutzutage Aes Sedai nannten, aber genügend dieser halb ausgebildeten Kinder miteinander verknüpft, und sie konnten alle Auserwählten besiegen. Abgesehen davon – natürlich –, dass sie nicht mehr wussten, wie, und dass sie sowieso nicht mehr die Mittel dazu besaßen. Man brauchte Männer, um eine Verknüpfung von mehr als dreizehn zusammenzuhalten, und mehr als einen Mann, um über siebenundzwanzig hinauszugehen. Tatsächlich stellten diese Mädchen – selbst die ältesten unter ihnen waren für sie nur Mädchen, denn sie hatte mehr als dreihundert Jahre lang gelebt, und dazu kam all die Zeit, die sie im Stollen eingeschlossen gewesen waren, und selbst jetzt betrachtete man sie nur als eine Frau von mittleren Jahren –, stellten diese Mädchen also keine echte Gefahr dar, aber das minderte keineswegs das Verlangen der hier Versammelten nach einem Angreal oder noch besser einem viel mächtigeren Sa’angreal . Mithilfe dieser Überbleibsel aus ihrem eigenen Zeitalter konnten sie Ausmaße der Macht beherrschen, die sie ohne diese Hilfe zu Asche verbrannt hätten. Jeder von ihnen würde für einen solchen Preis vieles riskieren. Aber nicht alles. Nicht ohne eine zwingende Notwendigkeit. Doch dass diese im Moment nicht gegeben war, minderte das Verlangen keineswegs.
    Automatisch verfiel Mesaana in einen belehrenden Tonfall: »Die Weiße Burg hat nunmehr Wachen und Wachgewebe an ihren Schatzkammern, innen und außen, und überdies zählen sie alle Gegenstände viermal am Tag. Die Große Schatzkammer im Stein von Tear wird ebenfalls von Wachgeweben geschützt und von einem ekelhaften Ding, das mich festgehalten hätte, hätte ich versucht, hineinzugehen oder das Gewebe aufzulösen. Ich glaube nicht, dass es aufgelöst werden kann, außer eben von derjenigen, die es gewebt

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