Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
überkamen sie Sorgen. Sie hatte zwei Pflichten auferlegt bekommen, und obwohl ihr die eine mehr am Herzen lag als die andere, hatte sie sich für diejenige entschieden, die ihr wichtiger und ehrenvoller erschien. Sie hatte das Recht und die Pflicht die Herrscherin – die Königin – Andors zu werden, aber sie hatte sich entschieden, weiterhin zu jagen. Das war in gewisser Weise, wie wichtig ihre Suche auch war, als hätte sie etwas über den Clan oder die Gemeinschaft gestellt, aber Aviendha empfand dennoch Stolz. Elayne hegte über den Begriff Ehre manchmal genauso eigensinnige Ansichten wie über die Vorstellung einer Frau als Herrscherin oder die Tatsache, dass sie Herrscherin wurde, nur weil ihre Mutter es gewesen war, aber sie folgte diesem Kurs auf bewundernswert geradlinige Art. Birgitte, in der weiten roten Hose und dem kurzen gelben Mantel, um die Aviendha sie beneidete, saß ebenfalls gedankenverloren da und spielte mit ihrem Zopf. Oder vielleicht teilte sie auch Elaynes Sorgen. Sie war Elaynes erste Behüterin, was die Aes Sedai im Tarasin-Palast unendlich aufregte, obwohl es ihre Behüter nicht zu stören schien. Die Bräuche der Feuchtländer waren so merkwürdig, dass sie es kaum ertrugen, darüber nachzudenken.
Wenn Elayne und Birgitte von jeglichem Gedanken an ein Gespräch abgelenkt schienen, so lehnte Nynaeve al’Meara, die direkt gegenüber von Aviendha an der Tür saß, es schroff ab. Nynaeve, nicht Nynaeve al’Meara. Feuchtländer wurden gern nur mit der Hälfte ihres Namens benannt, und Aviendha versuchte sich zu erinnern, wie sehr dies dem Gefühl glich, mit einem Kosenamen angesprochen zu werden. Rand al’Thor war der einzige Geliebte, den sie jemals gehabt hatte, und sie dachte nicht einmal an ihn so vertraulich, aber sie musste ihre Art lernen, wenn sie einen Feuchtländer heiraten sollte.
Nynaeves tiefbraune Augen blickten durch sie hindurch. Ihre Knöchel traten weiß hervor, während sie ihren Zopf umklammerte, der genauso dunkel wie Birgittes golden war, und ihr Gesicht, das zunächst blass geworden war, zeigte jetzt ein schwaches Grün. Manchmal stieß sie ein unterdrücktes Stöhnen aus. Sie schwitzte normalerweise nicht – sie und Elayne hatten Aviendha den Trick gelehrt. Nynaeve war ein Rätsel. Manchmal übertrieben mutig, stöhnte sie jetzt vermutlich aus Feigheit und zeigte ihre Scham so offen, dass jedermann sie erkennen musste. Wie konnte der Antrag sie so beunruhigen, wenn all dies Wasser es nicht tat?
Erneut Wasser. Aviendha schloss die Augen, um Nynaeves Gesicht nicht sehen zu müssen, aber dadurch wurde ihr Kopf nur von den Lauten der Vögel und dem Schwappen des Wassers erfüllt.
»Ich habe gerade nachgedacht«, sagte Elayne plötzlich und hielt dann inne. »Geht es dir gut, Aviendha? Du …« Aviendhas Wangen röteten sich, aber zumindest erwähnte Elayne nicht, dass sie beim Klang ihrer Stimme wie ein Hase aufgeschreckt war. Elayne schien zu erkennen, wie nahe sie daran gewesen war, Aviendhas Schmach zu enthüllen. Sie errötete ebenfalls, während sie fortfuhr. »Ich habe gerade über Nicola und Areina nachgedacht und darüber, was Egwene uns gestern Abend erzählt hat. Du vermutest doch wohl nicht, dass sie ihr irgendwelche Schwierigkeiten bereiten könnten, oder? Was soll sie tun?«
»Sie loswerden«, sagte Aviendha und fuhr mit dem Daumen über ihren Hals. Die Erleichterung zu sprechen, Stimmen zu hören, war so groß, dass sie fast gekeucht hätte. Elayne schien entsetzt. Sie war manchmal bemerkenswert weichherzig.
»Das wäre vielleicht das Beste«, sagte Birgitte. Sie hatte nur diesen Namen offenbart. Aviendha hielt sie für eine Frau mit Geheimnissen. »Areina hätte in angemessener Zeit etwas aus sich machen können, aber … Sieh mich nicht so an, Elayne, und hör auf, dich so zimperlich und unwissend zu stellen.« Birgitte wechselte oft zwischen der Behüterin, die gehorchte, und der älteren Erstschwester, die unterwies, ob man lernen wollte oder nicht. Gerade jetzt, als sie ermahnend den Finger hob, war sie die Erstschwester. »Ihr beide wärt nicht gewarnt worden fernzubleiben, wenn es um ein Problem ginge, das die Amyrlin lösen könnte, indem sie die beiden die Wäsche oder Ähnliches erledigen ließe.«
Elayne rümpfte angesichts dessen, was sie nicht leugnen konnte, heftig die Nase und richtete ihre grünen Seidenröcke. Sie trug die örtliche Mode mit cremefarbener Spitze an den Handgelenken und um den Hals, ein Geschenk von Tylin
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