Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
sahen sie? Was konnte er noch tun?
Sie stellte die schwere Teekanne auf das große Tablett mit den Leopardengriffen zurück und blieb knien. »Kann ich meinem Lord Drache noch auf andere Weise dienlich sein?«
Ihre Stimme war die reine Selbstbeherrschung, aber nachdem er sie in ihre Ecke zurückverwiesen hatte, als sie sich erhoben und umgewandt hatte, umklammerten ihre schlanken Hände einen Moment ihre Röcke. Der Grund dafür könnte jedoch auch gewesen sein, dass sie sich plötzlich Dashiva und Narishma gegenübersah. Die beiden Asha’man – um genau zu sein, war Narishma noch ein Soldat, der niedrigste Rang der Asha’man, der weder Schwert noch Drache am Kragen trug – standen unbewegt zwischen zwei der hohen, goldgerahmten Spiegel, welche die Wände säumten. Zumindest der jüngere Mann wirkte auf den ersten Blick unbewegt. Die Daumen in den Schwertgürtel gehakt, beachtete er Merana nicht und Rand und die Aiel-Männer kaum mehr, und doch sah man auf den zweiten Blick, dass seine dunklen, zu großen Augen niemals ruhten, als erwarte er, dass das Unerwartete jeden Moment aus der Luft auftauchte. Und wer konnte wissen, dass es nicht geschähe? Dashiva schien mit den Gedanken woanders zu sein. Seine Lippen bewegten sich lautlos, und er blickte blinzelnd und stirnrunzelnd ins Leere.
Lews Therin knurrte wütend, als Rand die Ashaman ansah, aber es war Merana, die die Gedanken des toten Mannes in Rands Kopf beschäftigte. Nur ein Narr glaubt, ein Löwe oder eine Frau könnten wahrhaft gezähmt werden.
Rand unterdrückte die Stimme verärgert bis auf ein gedämpftes Summen. Lews Therin konnte hindurchdringen, aber nur mit Mühe. Rand ergriff Saidin und wob den Lauschschutz erneut, der Merana von ihren Stimmen abschirmte. Die Quelle wieder loszulassen, steigerte seine Verärgerung, das Zischen in seinem Kopf wie auf glühende Kohlen tropfendes Wasser. Lews Therins wahnsinniger, ferner Zorn hallte wider.
Merana stand hinter der Absperrung, die sie weder sehen noch fühlen konnte, den Kopf hocherhoben und die Hände an der Taille gefaltet, als sei eine Stola um ihre Arme geschlungen. Eine Aes Sedai durch und durch. Sie beobachtete ihn und die Clanhäuptlinge mit kühlem Blick – gelb gesprenkeltes Hellbraun. Meine Schwestern erkennen überhaupt nicht, wie sehr wir Euch brauchen, hatte sie ihm heute morgen in genau diesem Raum gesagt, aber alle von uns, die geschworen haben, das zu tun, um was auch immer Ihr uns bittet, solange es die Drei Eide nicht verletzt. Er war gerade aufgewacht, als sie mit Sorilea im Schlepptau hereingekommen war. Beide schien es überhaupt nicht zu stören, dass er noch im Nachtgewand war und erst einen Bissen von seinem Frühstücksbrot genommen hatte. Ich habe mehr als nur ein wenig Erfahrung im Verhandeln und Vermitteln. Meine Schwestern haben in anderen Dingen Erfahrung. Lasst uns Euch dienen, wie wir es gelobt haben. Lasst mich Euch dienen. Wir brauchen Euch, aber Ihr braucht uns in gewisser Weise auch.
Stets gegenwärtig, schmiegte sich Alanna in einen Winkel seines Geistes. Sie weinte erneut. Er konnte nicht verstehen, warum sie so häufig weinte. Er hatte ihr verboten, ihm nahe zu kommen, wenn sie nicht gerufen wurde, oder ihren Raum ohne eine Eskorte von Töchtern des Speers zu verlassen – für die Schwestern, die sich ihm verschworen hatten, hatte man gestern Abend Räume gefunden, im Palast, wo er ein Auge auf sie haben konnte –, aber er hatte von dem Moment an Tränen gespürt, wo sie sich mit ihm verbunden hatte, Tränen und ungekannten Kummer. Manchmal war es besser und manchmal schlimmer, aber es war immer da. Alanna hatte ihm auch gesagt, er brauche die verschworenen Schwestern, hatte es ihm schließlich sogar ins Gesicht gebrüllt, mit geröteten Wangen und Tränen in den Augen, bevor sie seiner Gegenwart sprichwörtlich entflohen war. Und sie hatte auch vom Dienen gesprochen, obwohl er bezweifelte, dass Meranas gegenwärtige Aufgaben dem entsprachen, was sie beide im Sinn hatten. Vielleicht würde eine Art Livree es deutlicher machen?
Die Clanhäuptlinge beobachteten, wie Merana sie beobachtete. Nicht einmal ein Zucken einer Wimper gab ihre Gedanken preis.
»Die Weisen Frauen haben Euch gesagt, wo die Aes Sedai stehen«, sagte Rand grob. Sorilea hatte ihm berichtet, sie wüssten es, aber es wäre auch an der mangelnden Überraschung erkennbar gewesen, als sie Merana das erste Mal herbeieilen und einen Hofknicks vollführen sahen. »Ihr habt gesehen, dass sie
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