Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
einzige vernünftige Vorgehensweise, so weiterzumachen, als würde Moghedien jeden Moment auftauchen. »Es gibt eine Möglichkeit.«
»Wie? Indem wir jede Heilerin in Ebou Dar foltern? Wie viele sind hier? Einhundert? Vielleicht zweihundert? Das würden die Schwestern im Tarasin-Palast gewiss merken.«
»Vergesst Eure Träume, ein Sa’angreal zu besitzen, Ispan. Es gibt kein lange vergessenes Lagerhaus und kein geheimes Gewölbe unter einem Palast.« Falion sprach kühl und verhalten, vielleicht desto verhaltener, je aufgeregter Ispan wurde. Sie hatte es stets genossen, eine Klasse Novizinnen mit dem Klang ihrer Stimme zu hypnotisieren. »Fast alle Heilerinnen waren Wilde, die kaum wissen können, was wir erfahren wollen. Keine Wilde wurde jemals mit einem Angreal , geschweige denn mit einem Sa’angreal erwischt, andernfalls wäre das sicherlich bekannt. Im Gegenteil, den Aufzeichnungen zufolge befreit sich jede Wilde, die irgendeinen mit der Macht verbundenen Gegenstand entdeckt, so bald wie möglich davon, aus Angst, den Zorn der Weißen Burg auf sich zu ziehen. Andererseits scheinen Frauen, die aus der Weißen Burg verbannt werden, diese Angst nicht zu hegen. Wie Ihr sehr wohl wisst, trägt eine von dreien heimlich etwas bei sich, wenn sie durchsucht werden, bevor sie gehen. Einen echten Machtgegenstand oder etwas, das sie dafür halten. Unter den wenigen Heilerinnen, die dafür infrage kommen, war Callie die perfekte Wahl. Als sie vor vier Jahren aus der Burg geworfen wurde, versuchte sie ein kleines Ter’angreal zu stehlen. Ein nutzloses Ding, das Bilder von Blumen und das Geräusch eines Wasserfalls vorspiegelte, aber dennoch ein mit Saidar verbundener Gegenstand. Zudem versuchte sie, die Geheimnisse der anderen Novizinnen zu entdecken, wobei sie recht häufig erfolgreich war. Wenn es in Ebou Dar auch nur ein einziges Angreal gäbe, ganz zu schweigen von einem damit gefüllten geräumigen Lagerhaus – glaubt Ihr, sie hätte dann vier Jahre hier sein können, ohne davon zu erfahren?«
»Ich trage die Stola, Falion«, sagte Ispan mit außerordentlicher Härte. »Und ich weiß das alles genauso gut wie Ihr. Ihr sagtet, es gäbe eine andere Möglichkeit. Welche?« Sie wollte ihren Verstand einfach nicht gebrauchen.
»Was würde Moghedien genauso sehr erfreuen wie das Versteck?« Ispan sah sie herausfordernd an. »Nynaeve al’Meara, Ispan. Moghedien hat uns fallen lassen, um sie zu jagen, aber sie ist offensichtlich irgendwie entkommen. Wenn wir Moghedien Nynaeve und auch das Trakand-Mädchen bringen, wird sie uns hundert Sa’angreale geben.« Was deutlich zeigte, dass die Auserwählten wirklich unvernünftig sein konnten. Es war sicherlich das Beste, besonders vorsichtig mit jenen umzugehen, die sowohl unvernünftig als auch mächtiger als man selbst waren. Ispan war nicht mächtiger.
»Wir hätten sie töten sollen, wie ich es wollte, als sie zum ersten Mal auftauchte«, fauchte Ispan. Sie fuchtelte mit den Händen und lief auf und ab, wobei der Schmutz laut unter ihren Schuhen knirschte. »Ja, ja, ich weiß. Unsere Schwestern im Palast wären vielleicht misstrauisch geworden. Wir wollen nicht ihre Aufmerksamkeit erregen. Aber habt Ihr Tanchico vergessen? Und Tear? Wo diese beiden Mädchen auftauchen, folgt das Unglück. Ich glaube, wenn wir sie nicht töten können, sollten wir so weit wie möglich von Nynaeve al’Meara und Elayne Trakand fernbleiben. So weit wie möglich!«
»Beruhigt Euch, Ispan. Beruhigt Euch.« Wenn Falions beschwichtigender Tonfall überhaupt etwas bewirkte, dann regte er die andere Frau nur noch mehr auf, aber Falion war zuversichtlich. Der Verstand musste die Oberhand über das Gefühl gewinnen.
Er saß in der spärlichen Kühle einer schmalen, schattigen Gasse auf einem umgedrehten Fass und beobachtete das Haus gegenüber der geschäftigen Straße. Plötzlich bemerkte er, dass er wieder seinen Kopf berührte. Er hatte keine Kopfschmerzen, aber sein Kopf fühlte sich manchmal … seltsam an. Meistens, wenn er darüber nachdachte, woran er sich nicht erinnern konnte.
Das dreistöckige, weiß verputzte Haus gehörte einer Goldschmiedin, die vermutlich gerade von zwei Freundinnen besucht wurde, die sie vor einigen Jahren auf einer Reise in den Norden kennengelernt hatte. Die Freundinnen waren nur bei ihrer Ankunft gesehen worden und seitdem nicht mehr. Es war leicht gewesen, das herauszufinden. Und es war nur unwesentlich schwieriger gewesen herauszufinden, dass sie Aes Sedai
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