Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
keinen Grund, Euch zu entschuldigen, Reanne.« Die Gastwirtin klang wahrhaftig gleichzeitig kläglich und widerwillig. »Es war falsch von mir, sie herzubringen.«
»Nein, nein, Setalle. Ich hätte nicht so mit Euch sprechen dürfen. Bitte, Ihr müsst mir vergeben. Bitte verzeiht.«
Frau Anan und Reanne Corly betraten den Raum, und Nynaeve blinzelte überrascht. Der Unterhaltung nach hatte sie eine Frau erwartet, die jünger wäre als Setalle Anan, aber Reanne hatte überwiegend graues Haar und ein Gesicht voller Falten, die vielleicht Lachfalten waren, jetzt aber eher Besorgnis ausdrückten. Warum sollte sich die ältere Frau vor der jüngeren erniedrigen, und warum sollte die jüngere es zulassen, wie halbherzig auch immer? Hier herrschten seltsamere Bräuche, als ihr lieb war. Sie war natürlich beim Frauenkreis zu Hause niemals in die Verlegenheit gekommen, sich allzu demütig zu zeigen, aber dies …
Natürlich konnte Reanne die Macht lenken – das war ohnehin zu erwarten gewesen –, aber sie hatte nicht mit ihrer Stärke gerechnet. Reanne war nicht so stark wie Elayne oder auch Nicola – verdammt sei diese Elende! –, aber sie konnte leicht mit Sheriam oder vielleicht Kwamesa oder Kiruna mithalten. Nicht viele Frauen besaßen so viel Stärke, und auch wenn sie selbst ebenfalls recht stark war, war sie doch überrascht, diese Frau hier vorzufinden. Sie musste eine der Wilden sein. Die Burg hätte eine Möglichkeit gefunden, eine solche Frau zu verwahren, und wenn sie sie ihr Leben lang in einem Novizinnengewand gehalten hätten.
Nynaeve erhob sich, als sie den Raum betraten, und glättete ihre Röcke. Sicher nicht aus Nervosität. Gewiss nicht. Oh, wenn dies doch nur gut ausginge …
Reannes wachsame blaue Augen betrachteten Elayne und Nynaeve mit der Miene eines Menschen, der gerade zwei Schweine in seiner Küche vorgefunden hatte, frisch vom Schweinestall und vor Schlamm triefend. Sie tupfte sich mit einem kleinen Taschentuch das Gesicht ab, obwohl es im Inneren des Hauses kühler war als draußen. »Wir werden vermutlich etwas mit ihnen tun müssen«, murmelte sie, »wenn sie sind, was sie zu sein behaupten.« Ihre Stimme klang auch jetzt noch recht hoch, melodisch und jugendlich. Als sie zu Ende gesprochen hatte, zuckte sie aus einem unbestimmten Grund kurz zusammen und betrachtete die Wirtin von der Seite, wodurch eine neue Runde widerwilliger Entschuldigungen von Frau Anan und nervöser Versuche Frau Corlys, diese abzuwehren, begann. In Ebou Dar konnten, wenn die Menschen wahrhaft höflich waren, über eine Stunde lang Entschuldigungen ausgetauscht werden.
Elayne hatte sich mit einem etwas starren Lächeln ebenfalls erhoben. Sie sah Nynaeve mit einer gewölbten Augenbraue an, stützte ihren Ellbogen in eine Hand und legte einen Finger an ihre Wange.
Nynaeve räusperte sich. »Frau Corly, mein Name ist Nynaeve al’Meara, und dies ist Elayne Trakand. Wir suchen …«
»Setalle hat mir alles über Euch erzählt«, unterbrach die blauäugige Frau sie unheilvoll. Wie viele graue Haare sie auch haben mochte – Nynaeve vermutete, dass sie dennoch steinhart war. »Nur Geduld, Mädchen, ich kümmere mich sofort um Euch.« Sie wandte sich wieder an Setalle, während sie ihre Wangen weiterhin mit dem Taschentuch abtupfte. Kaum unterdrückte Schüchternheit prägte ihre Stimme erneut. »Setalle, wenn Ihr mich bitte entschuldigen wollt, ich muss diese Mädchen befragen …«
»Seht nur, wer nach all diesen Jahren zurückgekehrt ist«, platzte eine kleine, stämmige Frau mittleren Alters heraus, während sie in den Raum stürzte und ihrer Begleiterin zunickte. Trotz ihres von einem roten Gürtel gehaltenen Ebou-Dari-Gewandes und einem feucht glänzenden, gebräunten Gesicht sprach sie mit rein cairhienischem Akzent. Ihre gleichermaßen verschwitzte Begleiterin in dunklem, einfach geschnittenen Tuch einer Kauffrau war einen Kopf größer, nicht älter als Nynaeve, mit dunklen, schräg stehenden Augen, einer ausgeprägten Hakennase und einem breiten Mund. »Es ist Garenia! Sie …« Sie brach verwirrt ab, als sie erkannte, dass noch andere anwesend waren.
Reanne legte wie im Gebet – oder vielleicht, weil sie jemanden schlagen wollte – die Hände zusammen. »Berowin«, sagte sie schneidend, »Ihr werdet eines Tages noch über eine Klippe hinauslaufen, bevor Ihr sie unter Euren Füßen bemerkt.«
»Es tut mir leid, Eid …« Die Cairhienerin senkte errötend den Blick. Die Saldaeanerin machte
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