Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
etwas anderes. Er sah sie noch ein letztes Mal an, bevor er ging, und anstatt aufflammenden Groll gegenüber dem Menschen zu zeigen, der seine Bestrafung verursacht hatte, wirkte er … nachdenklich. Es würde keine Bestrafung geben. Der gesamte Vorfall war im Voraus vereinbart worden.
Suroth wandte sich jäh zu Morgase um, wobei sie sorgsam ihr blaues Gewand festhielt, damit die schneeweißen, mit Hunderten winziger Falten versehenen Röcke sichtbar blieben. Aufgestickte Reben und üppig rote und gelbe Blumen breiteten sich über das Gewand aus. Aber Morgase bemerkte trotz der jähen Bewegung, dass die Frau sie nicht eher erreichen würde, als bis sie selbst wieder aufgestanden war.
»Seid Ihr wohlauf?«, fragte Suroth. »Wenn Ihr Schaden genommen habt, werde ich seine Bestrafung verdoppeln.«
Morgase strich über ihr Gewand, damit sie das falsche Lächeln nicht ansehen musste, das sich nicht bis zu den Augen der Frau fortsetzte. Sie nahm die Gelegenheit wahr, sich in dem Raum umzusehen. Vier Männer und vier Frauen knieten an einer Wand, alle jung und überaus gut aussehend, und alle trugen … Sie wandte ruckartig den Blick ab. Diese langen weißen Gewänder waren fast durchsichtig! Auf der anderen Seite der Schirme knieten jeweils zwei weitere Frauen, von denen jeweils eine ebenfalls ein graues und eine ein mit Silberpfeilen besticktes blaues Gewand trug, und beide waren ebenfalls von Handgelenk zu Hals durch eine Leine verbunden, Morgase war nicht nahe genug, um es genau sagen zu können, aber sie war sich sicher, dass die beiden grau gewandeten Frauen die Macht lenken konnten. »Es geht mir recht gut, dan…« Ein großer, rötlich brauner Umriss lag auf dem Boden ausgebreitet – ein Haufen gegerbte Kuhhäute vielleicht. Dann bewegte er sich. »Was ist das ?« Es gelang ihr, nicht den Mund aufzusperren, aber die Frage entschlüpfte ihr dennoch, bevor sie es verhindern konnte.
»Ihr bewundert meinen Lopar ?« Suroth entfernte sich erheblich schneller, als sie gekommen war. Der gewaltige Umriss hob einen großen runden Kopf, damit sie ihn mit einem Knöchel unter dem Kinn streicheln konnte. Das Wesen erinnerte Morgase an einen Bär, obwohl es gewiss noch um die Hälfte größer als der größte Bär war, von dem sie je erzählen gehört hatte, und er war noch dazu unbehaart, hatte keine nennenswerte Schnauze und hohe Wülste um die Augen. »Ich habe Almandaragal als Jungtier zu meinem ersten wahren Namenstag bekommen. Sein erster Versuch, mich zu töten, misslang ihm noch im gleichen Jahr, als er erst ein Viertel seiner jetzigen Größe hatte.« In der Stimme der Frau schwang wahre Zuneigung mit. Der … Lopar … zog die Lippen zurück und zeigte dicke, spitze Zähne, während sie ihn streichelte. Er beugte die Vorderpranken, wobei die Krallen an jeweils sechs langen Zehen sichtbar wurden und wieder verschwanden. Und er begann zu schnurren, ein tiefes Rumpeln wie von hundert Katzen.
»Bemerkenswert«, sagte Morgase matt. Wahrer Namenstag? Wie viele Versuche hatte es noch gegeben, diese Frau zu töten, dass sie so beiläufig von ›dem ersten‹ sprechen konnte?
Der Lopar wimmerte kurz, als Suroth ihn verließ, legte sich aber rasch wieder mit dem Kopf auf den Pranken nieder. Sein Blick folgte ihr beunruhigenderweise nicht, sondern ruhte hauptsächlich auf Morgase und zuckte nur hin und wieder zur Tür oder zu den schmalen, wie Schießscharten aussehenden Fenstern.
»Aber wie treu der Lopar auch ist, kann er doch mit den Damane nicht mithalten.« Jetzt bemerkte Morgase keine Zuneigung mehr in Suroths Stimme. »Pura und Jinjin könnten hundert Mörder töten, bevor Almandaragal auch nur einmal geblinzelt hätte.« Bei der Erwähnung der beiden Namen zog je eine der blau gewandeten Frauen an ihrer Leine, und die Frau am anderen Ende beugte sich herab, wie diejenige im Gang es getan hatte. »Wir haben seit unserer Rückkehr weitaus mehr Damane als zuvor. Dies ist ein reicher Jagdgrund für Marath’Damane . Pura«, fügte sie beiläufig hinzu, »war einst eine … Frau der Weißen Burg.«
Morgases Knie gaben nach. Eine Aes Sedai? Sie betrachtete den gebeugten Rücken der Frau namens Pura und weigerte sich, es zu glauben. Keine Aes Sedai konnte dazu gebracht werden, sich so unterwürfig zu verhalten. Zudem sollte jede Frau, welche die Macht lenken konnte, nicht nur eine Aes Sedai, imstande sein, diese Leine zu nehmen und ihren Peiniger zu erwürgen. Jedermann sollte dazu in der Lage sein. Nein, diese Pura
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