Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
von Flinn zu Rand.
Flinn zog das Laken bis auf Rands Taille herab und legte die Wunde frei. Der Schnitt sah weder besser noch schlechter aus, als sie ihn in Erinnerung hatte, eine klaffende, entzündete, blutlose Wunde, die über der runden Narbe verlief. Rand schien zu schlafen.
»Flinn kann seinen Zustand nicht verschlechtern«, sagte Min. Niemand achtete auf sie.
Dashiva stieß einen gutturalen Laut aus, und Flinn sah ihn an. »Seht Ihr etwas, Asha’man ? «
»Ich habe kein Talent zum Heilen«, sagte Dashiva und verzog den Mund. »Ihr seid derjenige, der meinen Vorschlag aufgegriffen und darauf gehört hat.«
»Welchen Vorschlag?«, fragte Samitsu. »Ich bestehe darauf, dass Ihr …«
»Seid still, Samitsu«, sagte Cadsuane. Sie war anscheinend außer Amys die Einzige im Raum, die ruhig war, aber der Art nach zu urteilen, wie die Weise Frau beständig über ihren Dolchgriff strich, war sich Min nicht sicher. »Ich glaube, schaden will er dem Jungen als Letztes.«
»Aber Cadsuane«, begann Niande drängend, »dieser Mann ist …«
»Ich sagte, seid still«, erwiderte die grauhaarige Aes Sedai fest.
»Ich versichere Euch«, sagte Dashiva, wobei es ihm gelang, gleichzeitig schmeichlerisch und barsch zu klingen, »dass Flinn weiß, was er tut. Er kann bereits Dinge vollbringen, von denen Ihr Aes Sedai niemals träumen würdet.« Samitsu rümpfte angelegentlich die Nase. Cadsuane nickte nur und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.
Flinn strich mit den Fingern die angeschwollene Wunde an Rands Seite und die alte Narbe entlang. Dies schien sanft zu geschehen. »Sie sind ähnlich, aber doch verschieden, als wären zwei Infektionen am Werk. Nur dass es keine Infektion ist. Es ist … das Böse. Mir fällt kein besseres Wort ein.« Er zuckte die Achseln und betrachtete Samitsus mit gelben Fransen versehene Stola, während sie ihn stirnrunzelnd ansah, aber es war jetzt ein nachdenklicher Blick.
»Macht weiter, Flinn«, murrte Dashiva. »Wenn er stirbt …« Er rümpfte die Nase, als nehme er einen unangenehmen Geruch wahr, und wandte den Blick nicht von Rand ab. Er bewegte die Lippen, während er zu sich selbst sprach, und einmal stieß er einen halb wie ein Schluchzen und halb wie ein verbittertes Lachen klingenden Laut aus, ohne dass sich seine Miene auch nur einen Deut geändert hätte.
Flinn atmete tief durch und sah sich im Raum um, zu den Aes Sedai, zu Amys. Als er Min erblickte, zuckte er zusammen, und sein ledriges Gesicht rötete sich. Er bedeckte Rand hastig wieder bis zum Hals und ließ nur die alte und die neue Wunde frei.
»Ich hoffe, es stört niemanden, wenn ich dabei rede«, sagte er und bewegte seine schwieligen Hände über Rands Seite. »Zu reden scheint ein wenig zu helfen.« Er blinzelte, konzentrierte sich auf Rands Verletzungen, und seine Finger wanden sich langsam. Ganz ähnlich, als verwebe er Fäden, erkannte Min. Seine Stimme klang fast abwesend, als achte er nur mit einem Teil seines Geistes auf die Worte. »Die Kunst des Heilens hat mich sozusagen zur Schwarzen Burg gebracht. Ich war Soldat, bis ich mir einen Speer im Oberschenkel einfing. Danach konnte ich mich nicht mehr angemessen im Sattel halten und auch nicht weit laufen. Es war die fünfzehnte Verletzung in fast vierzig Jahren in der Königlichen Garde. Zumindest die fünfzehnte von Belang. Verletzungen zählen nicht, wenn man hinterher noch reiten oder laufen kann. Ich habe in diesen vierzig Jahren viele Freunde sterben sehen. Also ging ich zur Burg, und der M’Hael lehrte mich das Heilen. Wie auch andere Dinge. Eine raue Art der Heilung. Ich wurde einmal von einer Aes Sedai geheilt – oh, vor inzwischen fast dreißig Jahren – und dies ist im Vergleich dazu schmerzhaft. Aber es wirkt ebenso gut. Dann, eines Tages, sagte Dashiva – Verzeihung: Asha’man Dashiva – er wundere sich, warum alles gleich ist, ungeachtet des Umstands, ob es sich um ein gebrochenes Bein oder eine Erkältung handelt, und wir kamen ins Reden, und … Nun, er hat selbst kein Gefühl dafür, aber ich habe anscheinend das Talent. Also habe ich darüber nachgedacht, was wäre, wenn … Da. Mehr kann ich nicht tun.«
Dashiva brummte, als Flinn sich jäh auf die Fersen zurücksetzte und sich mit dem Handrücken über die Stirn wischte. Schweiß perlte auf seinem Gesicht, das erste Mal, dass Min einen Asha’man schwitzen sah. Der Schnitt an Rands Seite war nicht fort, aber er schien ein wenig kleiner zu sein, weniger rot und entzündet. Rand
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