Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
getötet zu haben.«
»Sie gehört mir, Sevanna.« Therava presste die Kiefer zusammen. Sie hatte die Frau zwar gefangen genommen, aber Da’tsang gehörten niemandem. »Ich hatte vor, sie in seidene Gai’chain -Gewänder zu kleiden«, murrte sie. »Welchen Sinn hat diese Behandlung, Sevanna? Ich hatte erwartet, dagegen Einspruch erheben zu müssen, dass ihr die Kehle durchschnitten würde, aber nicht das.«
Rhiale warf den Kopf zurück und gewährte Sevanna einen Seitenblick. »Sevanna will sie brechen. Wir haben lange darüber gesprochen, was wir tun sollten, wenn wir eine Aes Sedai gefangen nähmen. Sevanna will eine zahme Aes Sedai aus ihr machen, die Weiß trägt und ihr dient. Aber jede Aes Sedai in Schwarz wird ebenso genügen.«
Verärgert über Rhiales Tonfall richtete Sevanna ihr Schultertuch. Er hatte nicht spöttisch, aber doch des Umstands allzu bewusst geklungen, dass sie die Fähigkeit der Aes Sedai, die Macht zu lenken, irgendwie so benutzen wollte, als wäre es Sevannas eigene Fähigkeit. Es wäre vielleicht möglich. Zwei Gai’chain gingen mit einer großen messingbeschlagenen Kiste an den drei Weisen Frauen vorbei. Die kleinen, blassgesichtigen Eheleute waren in den Ländern der Baummörder Adlige gewesen. Beide neigten demütiger die Köpfe, als jede Aiel in Weiß es jemals vermocht hätte. In ihren dunklen Augen lag Anspannung – mehr aus Angst vor einem harten Wort als vor der Gerte. Feuchtländer konnten wie Pferde gezähmt werden.
»Die Frau ist bereits gezähmt«, grollte Therava. »Ich habe ihr in die Augen gesehen. Sie ist ein in der Hand flatternder Vogel, der Angst vor dem Fliegen hat.«
»In neun Tagen?«, fragte Rhiale ungläubig, und Sevanna schüttelte heftig den Kopf.
»Sie ist eine Aes Sedai, Therava. Ihr habt ihr Gesicht vor Zorn weiß werden sehen, als ich sie anklagte. Ihr habt sie lachen gehört, als sie von der Tötung Weiser Frauen sprach.« Sie stieß einen zornigen Laut aus. »Und Ihr habt gehört, wie sie uns bedrohte. Es wird lange dauern, sie zu brechen, aber diese Aes Sedai wird darum betteln, gehorchen zu dürfen, und wenn es ein Jahr dauert.« Wenn sie das erst tat … Aes Sedai konnten natürlich nicht lügen. Sie hatte erwartet, dass Galina gegen ihre Anklage angehen würde. Wenn sie erst zu gehorchen geschworen hätte …
»Wenn Ihr erreichen wollt, dass Euch eine Aes Sedai gehorcht«, sagte die Stimme eines Mannes hinter ihr, »könnte dies vielleicht helfen.«
Sevanna fuhr ungläubig herum und sah Caddar und hinter ihm die Frau – Maisia, die Aes Sedai –, beide in dunkle Seide und edle Spitze gekleidet wie schon vor sechs Tagen, jeder mit einem unpassenderweise an einem Riemen von einer Schulter herabhängenden, ausgebeulten Sack. Caddar streckte mit einer dunklen Hand einen glatten, über einen Fuß langen Stab aus.
»Wie seid Ihr hierhergekommen?«, fragte Sevanna und presste dann verärgert die Lippen zusammen. Er war offensichtlich so gekommen wie schon zuvor. Sie war nur überrascht, dass er mitten im Lager auftauchte. Sie riss ihm den weißen Stab aus der Hand, und wie immer trat er außer Reichweite ihres Armes. »Warum seid Ihr gekommen?«, fragte sie. »Was ist dies?« Der Stab war ein wenig schmaler als ihr Handgelenk und bis auf wenige, an einem Ende eingekerbte, seltsam fließende Symbole glatt. Er fühlte sich nicht ganz wie Elfenbein und nicht ganz wie Glas an. Er fühlte sich sehr kühl an.
»Man könnte das einen Eidstab nennen«, antwortete Caddar und setzte eine Miene auf, die einem Lächeln ähnlich war. »Ich habe ihn erst gestern bekommen, und ich dachte augenblicklich an Euch.«
Sevanna verschränkte ihre Hände fest um den Stab, um sich daran zu hindern, ihn von sich zu schleudern. Jedermann wusste, was der Eidstab der Aes Sedai bewirkte. Um nicht darüber nachdenken und noch viel weniger darüber sprechen zu müssen, steckte sie den Stab hinter ihren Gürtel und nahm die Hände fort.
Rhiale betrachtete den Stab an Sevannas Taille stirnrunzelnd und hob dann langsam den Blick zu Sevannas Gesicht. Therava richtete mit klingenden Armbändern ihr Schultertuch und lächelte verbissen. Niemand von ihnen würde die Gelegenheit erhalten, den Stab zu berühren, und vielleicht würde nicht einmal eine der Weisen Frauen diese Gelegenheit bekommen. Aber da war noch immer Galina Casban. Sie würde eines Tages zerbrechen.
Maisia mit den rabenähnlichen Augen, die ein paar Schritte hinter Caddar stand, lächelte fast ebenso verbissen
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