Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
das.« Bei diesen Worten sah er überraschenderweise direkt Selande an. Ihr Kopf ruckte hoch und sie betrachtete ihn, während der Angstgeruch verging. Nicht vollständig, aber weitgehend. »Wo ist Colavaere?«, fragte Rand.
Camaille öffnete den Mund, aber Selande antwortete. »In der Großen Halle der Sonne.« Ihre Stimme wurde beim Sprechen bestimmter und der Angstgeruch schwächer. Seltsamerweise war kurzzeitig leichte Eifersucht im Spiel, nur einen Augenblick, als sie Min ansah. Manchmal war Perrins Geruchssinn eher verwirrend als erleuchtend. »Dort findet die dritte Sonnenuntergangsversammlung statt«, fuhr sie fort. »Wir sind nicht wichtig genug, um daran teilnehmen zu dürfen. Außerdem glaube ich, dass wir Colavaere Unbehagen bereiten.«
»Die dritte Versammlung«, murmelte Dobraine. »Es ist bereits der neunte Sonnenuntergang nach ihrer Krönung. Sie hat keine Zeit verschwendet. Zumindest werden sie alle zusammen sein. Niemand irgendeines Ranges oder mit irgendwelchen Ansprüchen wird die Versammlung versäumen, gleichgültig ob Cairhiener oder Tairener.«
Selande richtete sich auf, und es gelang ihr, den Eindruck zu erwecken, als würde sie Rand offen ansehen. »Wir sind bereit, die Klingen für Euch tanzen zu lassen, mein Lord Drache.« Sulin zuckte zusammen und schüttelte den Kopf, und eine andere Tochter des Speers stöhnte hörbar. Mehrere wirkten und rochen bereit, auf der Stelle Gewalt anzuwenden. Die Aiel konnten sich nicht entscheiden, was mit diesen jungen Feuchtländern zu tun sei. Aus der Sicht der Aiel bestand die Schwierigkeit darin, dass sie in gewisser Weise Aiel zu sein und dem Ji’e’toh zu folgen versuchten – allerdings auf ihre Art. Diese Sieben waren nicht alle. Es gab mindestens Hunderte dieser Schwachsinnigen, die überall in der Stadt anzutreffen waren, in Gemeinschaften organisiert, und eine Nachahmung der Aiel darstellten. Die Hälfte der Aiel, die Perrin sie hatte erwähnen hören, wollten helfen, und die andere Hälfte wollten sie erwürgen.
Perrin kümmerte es nicht, ob sie das Ji’e’toh entehrten. »Wo ist meine Frau?«, verlangte er zu wissen. »Wo ist Faile?« Die jungen Narren wechselten vorsichtige Blicke. Vorsichtige!
»Sie ist ebenfalls in der Großen Halle der Sonne«, sagte Selande zögernd. »Sie ist eine von Königin … von Colavaeres Zofen.«
»Hör auf zu starren«, flüsterte Min. »Sie muss einen guten Grund dafür haben. Du weißt, dass es so sein muss.«
Perrin zuckte die Achseln und versuchte sich zusammenzureißen. Eine von Colavaeres Zofen? Welchen Grund auch immer sie dafür hatte – es musste wirklich ein guter Grund sein. So viel wusste er mit Bestimmtheit. Aber was mochte der Grund dafür sein?
Selande und die anderen wechselten erneut vorsichtige Blicke. Einer der Männer, ein junger Bursche mit spitzer Nase, flüsterte heftig: »Wir haben geschworen, es niemandem zu sagen! Niemandem! Beim Wassereid!«
Bevor Perrin Aufklärung verlangen konnte, sprach Rand. »Selande, führt uns zur Großen Halle. Es werden keine Klingen gezogen werden. Ich bin hier, damit alle, die es verdienen, Gerechtigkeit erfahren.«
Etwas in seiner Stimme ließ Perrins Nackenhaare sich aufrichten. Eine unendliche Härte hatte darin mitgeklungen. Faile hatte einen guten Grund. Sie musste ihn haben.
KAPITEL 5
Eine zerbrochene Krone
S o breit und hoch die Gänge auch waren, sie schienen trotz hoher vergoldeter Kandelaber, die entzündet worden waren, wo immer das Tageslicht nicht hingelangte, doch eng und düster. Wenige Wandteppiche hingen weit auseinander an den Wänden, Jagd- oder Kampfszenen, auf denen Menschen und Tiere präziser angeordnet waren, als die Natur es jemals hätte bewerkstelligen können. In vereinzelten Nischen standen Schalen und Vasen und hin und wieder eine kleine Statue aus Gold, Silber oder Alabaster.
Die Stille der Stadt war hier noch verstärkt spürbar. Ihre Stiefelschritte hallten auf den Bodenfliesen wider, ein hohler, vorahnungsvoller Marschtakt, und Perrin glaubte nicht, dass es nur für ihn so klang. Loials Ohren bebten bei jedem Schritt, und er spähte Quergänge hinab, als frage er sich, was wohl hervorspringen könnte. Min hielt sich starr aufrecht, schritt lebhaft aus und verzog kläglich das Gesicht, wann immer sie Rand ansah. Sie schien bemüht, nicht näher an ihn heranzutreten, und deshalb unzufrieden mit sich selbst zu sein. Die jungen Cairhiener stolzierten wie Pfauen einher, aber diese Überheblichkeit verging, als
Weitere Kostenlose Bücher