Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
Lisaines Schweigen beunruhigte Miraj mehr. Sie war nicht nur die rangälteste Der’sul’dam unter seinem Kommando, sondern auch eine Freundin, mit der er manchen Becher Kaf und viele Brettspiele geteilt hatte. Eine lebhafte Frau, die stets vor Begeisterung und Vergnügen sprühte. Und sie war auf kalte Art ruhig und so verschwiegen wie jede andere Sul’dam , die er zu befragen versucht hatte.
So weit er sehen konnte, flankierten zwanzig Damane die Reiter, wobei jede neben dem Pferd ihrer Sul’dam ging. Die Sul’dam regten sich unbehaglich in ihren Sätteln, beugten sich herab, um einer Damane den Kopf zu tätscheln, und richteten sich nur wieder auf, um sich dann erneut herabzubeugen und ihr übers Haar zu streichen. Die Damane erschienen ihm nur allzu beherrscht, aber die Sul’dam standen eindeutig auf Messers Schneide. Die überschwängliche Lisaine ritt schweigend wie ein Fels.
Ein Torm erschien vor ihnen und schoss ein gutes Stück seitlich am Rand der Haine die Kolonne entlang. Dennoch wieherten die Pferde und scheuten, als das mit bronzefarbenen Schuppen versehene Wesen vorüberflog. Ein ausgebildeter Torm griff keine Pferde an – zumindest so lange nicht, wie ihn die Lust am Töten nicht übermannte, was der Grund dafür war, warum Torm in der Schlacht nichts taugten –, aber Pferde, die darauf dressiert waren, in der Nähe von Torm die Ruhe zu bewahren, waren ebenso selten wie Torm selbst.
Miraj schickte einen hageren Unterleutnant namens Varek los, den Kundschafterbericht des Morat’torm zu holen. Zu Fuß, und das Licht verberge, ob Varek Sei’taer verlor. Er würde keine Zeit mit Varek verschwenden, der ein Pferd zu beherrschen versuchte, das aus der Gegend stammte. Der Mann kehrte rasch zurück, verbeugte sich knapp und begann mit dem Bericht, bevor er sich noch ganz wieder aufgerichtet hatte.
»Der Feind steht keine fünf Meilen östlich von hier, mein Lord, und marschiert in unsere Richtung. Das feindliche Heer ist in fünf Kolonnen aufgeteilt, die annähernd eine Meile Abstand halten.«
So viel zum Glück. Aber Miraj hatte bereits darüber nachgedacht, wie er vierzigtausend Mann mit seinen lediglich fünftausend Mann und fünfzig Damane angreifen würde. Rasch galoppierten Männer mit Befehlen los, um eine versuchte Einschließung zu verhindern. Die Regimenter hinter ihm ritten in die Haine, und die Sul’dam schwärmten mit den Damane zwischen ihnen ebenfalls aus.
Miraj zog seinen Umhang gegen einen plötzlichen kalten Wind fester zusammen und bemerkte dann etwas, was ihn noch stärker frösteln ließ. Lisaine hatte auch beobachtet, wie die Sul’dam im Wald verschwanden. Und sie begann zu schwitzen.
Bertome betrachtete die Waldlandschaft vor sich mit einer Wachsamkeit, die er kaum zu verbergen versuchte. Von seinen vier Landsleuten hinter ihm war nur Doressin im Spiel der Häuser wirklich geübt. Dieser törichte tairenische Hund Weiramon hatte natürlich keine Ahnung. Bertome starrte den Rücken des aufgeblasenen Narren an. Tief in eine Unterhaltung mit Gedwyn vertieft, ritt Weiramon ein gutes Stück vor den anderen, und wenn Bertome einen weiteren Beweis für seine Überheblichkeit gebraucht hätte, dann war es die Art, wie er das junge Ungeheuer mit dem feurigen Blick gewähren ließ. Er bemerkte, dass Kiril ihn von der Seite ansah, und führte seinen Grauen noch weiter von dem hoch aufragenden Mann fort. Er empfand dem Illianer gegenüber keine besondere Abneigung, aber er hasste Menschen, die über ihm aufragten. Er konnte es nicht erwarten, nach Cairhien zurückzukehren, wo er nicht von ungelenken Riesen umgeben war. Kiril Drapanaos war jedoch nicht blind; er hatte ebenfalls ein Dutzend Kundschafter ausgesandt, während Weiramon nur einen auf den Weg gebracht hatte.
»Doressin«, sagte Bertome leise, und dann ein wenig lauter: »Doressin, du Nachtwächter!«
Der knochige Mann zuckte im Sattel zusammen. Wie Bertome und die übrigen drei hatte auch er die Vorderseite seines Schädels rasiert und gepudert. Diese Art, sich als Soldat zu kennzeichnen, war recht gebräuchlich geworden. Doressin hätte ihn im Gegenzug eine Kröte nennen sollen, so wie sie es seit ihrer Kinderzeit gehalten hatten, aber stattdessen drängte er seinen Wallach neben Bertome und beugte sich zu ihm. Er war besorgt, was seiner Miene deutlich anzumerken war. »Dir ist doch klar, dass der Wiedergeborene Drache uns tot sehen will?«, flüsterte er, während er die Kolonne hinter ihnen betrachtete. »Blut und
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