Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
mitzuhalten.
»Beobachte Cadsuane genau, Min«, sagte er. »Und Ihr ebenfalls, Morr. Sie verfolgt irgendeinen Aes-Sedai-Plan, aber ich sei verdammt, wenn ich erkennen kann, worum es geht. Ich weiß es nicht …«
Eine Steinmauer traf Min anscheinend von hinten. Sie glaubte ein Brüllen, ein Krachen zu hören. Und dann drehte Rand sie um – sie lag auf dem Boden? – und blickte das erste Mal, seit sie sich erinnern konnte, mit Angst in diesen morgenblauen Augen auf sie herab. Sie schwand erst, als sie sich hustend aufsetzte. Die Luft war voller Staub! Und dann sah sie den Gang.
Die Töchter des Speers waren von ihrem Platz vor Rands Türen verschwunden, und auch die Türen selbst waren verschwunden, zusammen mit dem größten Teil der Wand. Eine fast ebenso große, gezackte Öffnung klaffte in der gegenüberliegenden Wand. Trotz des Staubs konnte Min genau in seine Räume schauen, die verheert waren. Überall lagen große Haufen Schutt, und durch ein gähnendes Loch in der darüberliegenden Decke sah man den Himmel. Schnee wirbelte auf die im Schutt tanzenden Flammen herab. Einer der wuchtigen Schwarzholzpfosten von Rands Bett stak brennend in den Trümmern, und sie erkannte, dass sie bis ganz hinaus zu den Stufentürmen blicken konnte, die vom herabfallenden Schnee verschleiert waren. Es war, als hätte ein riesiger Hammer in den Sonnenpalast eingeschlagen. Wenn sie dort drinnen gewesen wären anstatt auf dem Weg zu Cadsuane … Min erschauderte.
»Was …?«, begann sie unsicher und tat die nutzlose Frage dann ab. Jeder Narr konnte sehen, was geschehen war. »Wer?«, fragte sie stattdessen.
Staubbedeckt, das Haar vollkommen wirr und mit Rissen in ihren Mänteln, erweckten die beiden Männer den Eindruck, als wären sie den Gang entlanggerollt worden, und vielleicht war dem auch so. Sie befanden sich alle drei gute zehn Schritt weiter als zuvor von der Stelle entfernt, wo die Türen gewesen waren. In der Ferne erklangen besorgte Rufe, die durch die Gänge hallten. Keiner der Männer antwortete ihr.
»Kann ich Euch vertrauen, Morr?«, fragte Rand.
Fedwin erwiderte seinen Blick offen. »Ihr könnt mir Euer Leben anvertrauen«, sagte er schlicht.
»Genau das vertraue ich Euch auch an«, sagte Rand. Er strich mit den Fingern über Mins Wange und erhob sich dann jäh. »Beschützt sie mit Eurem Leben, Morr.« Seine Stimme klang stahlhart. Grimmig wie der Tod. »Wenn sie noch immer im Palast sind, werden sie spüren, wenn Ihr ein Wegetor zu gestalten versucht, und Euch angreifen, bevor Ihr es beenden könnt. Lenkt die Macht nicht, wenn es nicht sein muss, aber haltet Euch bereit. Bringt Min zu den Dienstbotenquartieren hinunter und tötet jeden, der zu ihr zu gelangen versucht. Jeden!«
Mit einem letzten Blick zu ihr – oh, Licht, zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie gedacht, sie könnte glücklich sterben, wenn sie diesen Blick in seinen Augen sah! – eilte er im Laufschritt davon, fort vom Ort der Verwüstung. Fort von ihr. Wer auch immer ihn zu töten versucht hatte, würde ihn jagen.
Morr tätschelte mit einer staubigen Hand ihren Arm und grinste sie jungenhaft an. »Macht Euch keine Sorgen, Min. Ich werde auf Euch aufpassen.«
Aber wer würde auf Rand aufpassen? Kann ich Euch vertrauen? hatte er diesen Jungen gefragt, der als einer der Ersten gekommen war und darum gebeten hatte, lernen zu dürfen. Licht, wer würde auf ihn aufpassen?
Rand umrundete eine Ecke und blieb dann mit einer Hand an der Wand stehen, um die Quelle zu ergreifen. Es war töricht, dass er nicht wollte, dass Min ihn taumeln sah, wenn jemand ihn zu töten versuchte, aber es war so. Nicht einfach irgendjemand. Ein Mann, Demandred, oder vielleicht Asmodean, der doch noch zurückgekehrt war. Vielleicht auch beide. Es war seltsam gewesen, als wäre das Gewebe aus verschiedenen Richtungen entstanden. Er hatte das Lenken der Macht zu spät gespürt, um etwas dagegen zu unternehmen. In seinen Räumen wäre er gestorben. Er war bereit zu sterben. Aber Min nicht, nein, Min nicht. Elayne tat das Richtige, wenn sie sich gegen ihn wandte. Oh, Licht, das tat sie!
Er ergriff die Quelle, und Saidin durchströmte ihn mit geschmolzener Kälte und gefrorener Hitze, mit Leben und Sanftheit, Schmutz und Tod. Sein Magen rebellierte, und der Gang vor ihm krümmte sich. Er glaubte einen Moment, ein Gesicht zu sehen. Nicht mit seinen Augen. In seinem Kopf. Einen Mann, schimmernd und unscharf, und dann fort. Er schwebte voller Macht im leeren
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