Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
Gewitterdonner zuschreiben zu können. Nynaeve würde bei dem Vorschlag an die Decke gehen, und Vandene würde einen solchen Befehl vermutlich einfach ignorieren, aber Careane und Sareitha würden es vielleicht machen. »Natürlich nicht mehr als ein paar Stunden am Tag. Wenn sie Zeit haben.« Sie vermied es, Merilille anzublicken. Selbst Careane und Sareitha würden unter Umständen dagegen aufbegehren, in diese Weinpresse geworfen zu werden.
Zaida legte die Finger der rechten Hand an die Lippen. »Damit erkläre ich mich einverstanden, beim Schein des Lichts.«
Elayne blinzelte. Das war verdächtig; anscheinend hatten sie in den Augen der Herrin der Wogen gerade einen weiteren Vertrag abgeschlossen. Wegen ihrer begrenzten Erfahrung im Umgang mit den Atha’an Miere konnte sie sich glücklich schätzen, wenn sie am Ende ihr Unterhemd behielt. Nun, diesmal würden die Dinge anders laufen. Was hatten eigentlich die Schwestern davon? Ein Handel musste für beide Seiten gewinnbringend sein. Zaida lächelte, als wüsste sie, was Elayne dachte, und fände es amüsant. Als sich eine der Flügeltüren öffnete, war das beinahe eine Erleichterung, denn es gab ihr eine Entschuldigung, sich von der Meervolk-Frau abzuwenden.
Reene Harfor schlüpfte mit Ehrerbietung aber ohne jede Unterwürfigkeit in den Raum, und sie knickste so zurückhaltend wie eine Hohe Herrin eines mächtigen Hauses vor ihrer Königin. Ihr grau werdendes Haar war zu einem Knoten gebunden, der wie eine Krone auf ihrem Kopf saß, und sie trug einen scharlachroten Wappenrock über ihrem roten und weißen Gewand; der Kopf des Weißen Löwen von Andor ruhte auf ihrem mächtigen Busen. Die Haushofmeisterin hatte kein Mitspracherecht, wer den Thron besteigen würde, aber sie hatte am Tag von Elaynes Ankunft das formelle Gewand angelegt, so als wäre die Königin bereits inthronisiert worden. Beim Anblick der Atha’an Miere, die sich an ihr vorbeigestohlen hatten, verhärtete sich ihr Gesicht einen Augenblick lang, aber das war auch der einzige Hinweis, dass sie sie beachtete. Für den Moment. Sie würden noch zu ihrem Bedauern erfahren, was es bedeutete, sich die Feindschaft der Haushofmeisterin zuzuziehen.
»Mazrim Taim ist endlich eingetroffen, meine Lady.« Reene schaffte es, dass es wie »meine Königin« klang. »Soll ich ihm sagen, dass er warten soll?«
Das hat ja lange genug gedauert, dachte Elayne gereizt. Sie hatte den Mann vor zwei Tagen zu sich bestellt! »Ja, Frau Harfor. Gebt ihm Wein. Den drittbesten. Teilt ihm mit, dass ich mich so bald wie möglich um ihn …«
Taim eilte in den Raum, als gehöre ihm der ganze Palast. Es war nicht nötig, dass er vorgestellt wurde. Blaue und goldene Drachen wanden sich von den Ellbogen bis zu den Manschetten um die Ärmel seines schwarzen Mantels, eine Imitation der Drachen auf Rands Armen. Obwohl Elayne die Vermutung hatte, dass ihm diese Bemerkung nicht gefallen würde. Er war groß, fast so groß wie Rand, hatte eine Hakennase und die dunklen Augen eines Propheten; ein körperlich starker Mann, der sich in gewisser Hinsicht mit der tödlichen Anmut eines Behüters bewegte. Aber er erweckte den Anschein, als verfolgten ihn Schatten, als wären bei seinem Auftritt die Hälfte der Lampen im Raum erloschen; es handelte sich nicht um echte Schatten, er vermittelte vielmehr den Eindruck, als stünde er unmittelbar vor einem gewalttätigen Ausbruch – und dieser Eindruck war so deutlich fassbar, dass er das Licht aufzusaugen schien.
Ihm auf dem Fuße folgten zwei Männer in Schwarz, ein kahlköpfiger Bursche mit langem Bart und lüstern blickenden blauen Augen und ein jüngerer Mann mit dunklem Haar, so schlank wie eine Schlange, mit jener verächtlichen Arroganz, wie sie junge Männer oft zeigen, bevor sie es besser lernen. Beide trugen das silberne Schwert und den roten Drachen an den hohen Kragen. Keiner der drei hatte ein Schwert; sie brauchten keine Schwerter. Plötzlich fühlte sich der Raum kleiner und beengt an.
Instinktiv umarmte Elayne Saidar und streckte die geistigen Fühler aus, um eine Verknüpfung herbeizuführen. Merilille fügte sich mühelos in den Zirkel ein; Renaile erstaunlicherweise auch. Ein schneller Seitenblick zu der Windsucherin minderte Elaynes Überraschung. Renaile umklammerte mit grauem Gesicht den hinter ihrer Schärpe steckenden Dolch so fest, dass Elayne durch die Verknüpfung den Schmerz in ihren Knöcheln spüren konnte. Die Windsucherin hielt sich lange genug in Caemlyn
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