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Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Da’covale . Aus irgendeinem Grund hasste sie Aes Sedai bis aufs Blut, und trotz der Belohnungen, die sie für ihre außerordentlich wertvollen Informationen erhalten hatte, hoffte sie, ihnen noch mehr Schaden zuzufügen.
    Tuon neigte vor dem Blut den Kopf und stieg von den beiden Männern der Totenwache begleitet zum Achterdeck hoch. Der Wind machte es ihr schwer, den Umhang zu halten, und drückte ihr in dem einen Augenblick den Schleier gegen das Gesicht, um ihn im nächsten über ihren Kopf zu wirbeln. Es spielte keine Rolle; es reichte, dass sie ihn trug. Ihr persönliches Banner – zwei goldene, vor einen uralten Streitwagen angeschirrte Löwen – flatterte am Heck über den sechs Steuermännern, die mit dem langen Ruder kämpften. Man würde die Raben-und-Rosen in dem Augenblick entfernt haben, in dem der erste Matrose, der ihren Schleier entdeckt hatte, die Meldung weitergegeben hatte. Der Kapitän der Kidron , eine breite, wettergegerbte Frau mit weißem Haar und den unglaublichsten grünen Augen, verbeugte sich, als Tuon das Achterdeck betrat, und wandte ihre Aufmerksamkeit sofort wieder ihrem Schiff zu.
    Anath stand von Kopf bis Fuß in schwarze Seide gekleidet an der Reling, trotz des fehlenden Umhangs schien sie der kalte Wind nicht zu stören. Sie war eine schlanke Frau, die selbst für einen Mann groß gewesen wäre. Ihr holzkohleschwarzes Gesicht war wunderschön, aber ihre großen dunklen Augen erschienen so durchbohrend wie Ahlen. Tuons Soe’feia , ihre Wahrheitssprecherin, nach Neferis Tod von der Kaiserin ernannt, mochte sie ewig leben. Das war eine Überraschung gewesen, war doch Neferis linke Hand ausgebildet und bereit, an ihre Stelle zu treten, aber wenn die Kaiserin vom Kristallthron sprach, war ihr Wort Gesetz. Man sollte sich nicht vor seiner Soe’feia fürchten, aber das tat Tuon, zumindest ein bisschen. Sie gesellte sich zu der Frau, ergriff die Reling und musste die Hände wieder lösen, bevor sie einen lackierten Nagel brach. Das hätte böses Unglück bedeutet.
    »So«, sagte Anath und das Wort bohrte sich wie ein Nagel in Tuons Schädel. Die große Frau sah stirnrunzelnd auf sie herab und in ihrer Stimme lag Verachtung. »Ihr verbergt – in gewisser Weise – Euer Gesicht und jetzt seid Ihr nur die Hochlady Tuon. Nur dass trotzdem jeder weiß, wer Ihr wirklich seid, selbst wenn sie es nicht erwähnen. Wie lange wollt Ihr diese Farce durchhalten?« Anaths volle Lippen verzogen sich höhnisch und sie machte mit einer schlanken Hand eine knappe, herablassende Geste. »Ich vermute, dieser Irrsinn kommt daher, weil Ihr die Damane mit dem Stock habt prügeln lassen. Ihr seid eine Närrin, wenn Ihr glaubt, wegen einer solchen Kleinigkeit betrübt sein zu müssen. Was hat sie gesagt, was Euch so wütend machte? Keiner scheint das zu wissen, nur dass Ihr einen Wutanfall bekommen habt, den ich leider verpasst habe.«
    Tuon zwang ihre Hände, ruhig auf der Reling zu liegen. Sie wollten zittern. Mühsam kontrollierte sie ihre Züge, um weiterhin streng zu erscheinen. »Ich werde den Schleier tragen, bis ein Omen mir sagt, dass die Zeit gekommen ist, ihn wieder abzunehmen«, sagte sie und zwang ihre Stimme zur Ruhe. Es war reines Glück gewesen, dass niemand Lidyas rätselhafte Worte gehört hatte. Jeder wusste, dass Damane die Zukunft vorhersagen konnten, und hätte jemand vom Blut es gehört, hätten sie alle hinter vorgehaltener Hand über ihr Schicksal geklatscht.
    Anath lachte grob und fing erneut an, ihr zu sagen, was für eine Närrin sie doch war, diesmal nur ausführlicher. Viel ausführlicher. Sie gab sich keine Mühe, ihre Stimme zu senken. Kapitän Tehan starrte stur geradeaus, aber ihre Augen drohten ihr aus dem runzligen Gesicht zu fallen. Tuon hörte aufmerksam zu, obwohl ihre Wangen immer heißer wurden, bis sie fürchtete, der Schleier würde gleich in Flammen aufgehen.
    Viele Angehörige des Blutes nannten ihre Stimmen Soe’feia , aber Stimmen des Blutes waren im legalen Sinn So’jhin und wussten, dass sie bestraft werden konnten, falls ihren Besitzern missfiel, was sie sagten, selbst wenn sie Soe’feia genannt wurden. Von einem Verkünder der Wahrheit wurde verlangt , die nackte Wahrheit zu sagen – ob man sie nun hören wollte oder nicht –, und er hatte auch dafür zu sorgen, dass man sie sich anhörte. Diejenigen des Blutes, die ihre Stimmen Soe’feia nannten, vertraten die Meinung, dass Algwyn, der letzte Mann, der auf dem Kristallthron gesessen hatte, verrückt

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