Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
gelacht. Er wollte es, und bestimmt nicht vor Vergnügen, so viel stand fest. Kein Würdet Ihr ihn vielleicht verkaufen , bloß ein Ich will ihn kaufen und das werde ich dafür bezahlen . »Der Preis bestand nicht aus Gold, meine Lady.« Unwillkürlich griff er nach dem schwarzen Halstuch, um sich zu vergewissern, dass es die gezackte Narbe an seinem Hals verbarg. »Nur ein Narr würde ihn einmal bezahlen, geschweige denn zehnmal.«
Sie musterte ihn einen Augenblick lang, und ihr Gesichtsausdruck blieb unleserlich, egal wie durchsichtig der Schleier auch war. Und dann hätte er sich genauso gut auch in Luft aufgelöst haben können. Sie schoss an ihm vorbei, als wäre er nicht länger da, und rauschte aus den Gemächern.
Das war nicht das einzige Mal, dass er sie allein antraf. Natürlich folgten ihr nicht bei jeder Gelegenheit Anath oder Selucia oder Wächter, aber er hatte den Eindruck, dass es ihm viel zu oft passierte, dass er sich entschied, wegen irgendetwas umzukehren und ihr plötzlich allein begegnete und sie ertappte, wie sie ihn musterte, oder er verließ unvermutet einen Raum und stieß vor der Tür auf sie. Mehr als nur einmal schaute er beim Verlassen des Palasts über die Schulter und sah ihr verschleiertes Gesicht aus einem Fenster blicken. Gut, es hatte nichts von einem Starren an sich. Sie sah ihn an und rauschte davon, als hätte er zu existieren aufgehört, spähte aus einem Fenster und wandte sich sofort ab, sobald er sie bemerkte. Er war wie ein Kandelaber in einem Korridor, ein Pflasterstein im Mol Hara. Aber es fing an, ihn nervös zu machen. Schließlich hatte die Frau angeboten, ihn zu kaufen . So etwas konnte einen Mann schon nervös machen.
Doch selbst Tuon konnte das immer stärker werdende Gefühl nicht verhindern, dass die Dinge endlich in die richtigen Bahnen gelenkt wurden. Der Gholam kehrte nicht zurück, und Mat kam zu dem Schluss, dass er sich vielleicht einer leichteren ›Ernte‹ zugewandt hatte. Auf jeden Fall mied er dunkle und einsame Orte, wo das Ungeheuer eine Chance hatte, ihn zu erwischen. Sein Medaillon war eine schöne Sache, aber eine ordentliche Menschenmenge war besser. Bei seinem letzten Besuch bei Aludra hatte sie beinahe etwas verraten – davon war er überzeugt –, bevor sie die Beherrschung wiederfand und ihn hastig hinauswarf. Es gab nichts, das einem eine Frau nicht sagen würde, wenn man sie lange genug küsste. Er hielt sich von der Wanderin fern, um Tylins Verdacht nicht zu erregen, aber Nerim und Lopin brachten heimlich seine eigenen Kleidungsstücke in den Keller des Gasthauses. Stück für Stück wanderte der Inhalt der mit Eisenbändern beschlagenen Kiste unter Tylins Bett über den Mol Hara in den verborgenen Hohlraum unter der Gasthausküche.
Jedoch fing der Hohlraum unter dem Küchenboden an, ihm Sorgen zu machen. Er war gut genug gewesen, um die Truhe zu verbergen. Ein Mann konnte sein Stemmeisen zerbrechen bei dem Versuch, dort hineinzugelangen. Aber er hatte in dem Gasthaus gewohnt. Jetzt würde man das Gold einfach in das Loch kippen, nachdem Setalle die Küche geräumt hatte. Was war, wenn jemand anfing Fragen zu stellen, warum sie alle hinausjagte, wenn Lopin und Nerim kamen? Jeder konnte die Bodenfliese hochheben, wenn man wusste, wo man suchen musste. Es drängte ihn, sich zu vergewissern. Später, viel später, sollte er sich fragen, warum ihn die verdammten Würfel nicht gewarnt hatten.
KAPITEL 19
Drei Frauen
D er Wind kam aus dem Norden und die Sonne stand noch nicht ganz über dem Horizont, was den Einheimischen zufolge immer Regen bedeutete. Der wolkenverhangene Himmel sah in der Tat bedrohlich aus, als Mat über den Mol Hara ging. Die Gäste im Schenkraum der Wanderin hatten gewechselt, diesmal waren keine Sul’dam oder Damane anwesend, aber das Haus war trotzdem voller Seanchaner und Pfeifenrauch, obwohl die Musiker noch nicht aufgetaucht waren. Die meisten der Anwesenden frühstückten, manche betrachteten die Schüsseln argwöhnisch, als wären sie sich nicht sicher, was sie da eigentlich essen sollten – er hatte sich selbst so gefühlt, als man ihm den seltsamen weißen Haferbrei vorgesetzt hatte, den die Ebou Dari gern zum Frühstück aßen –, aber nicht jeder konzentrierte sich auf sein Essen. Drei Männer und eine Frau in jenen langen bestickten Gewändern, deren Köpfe alle in der Mode des niederen Adels rasiert waren, saßen an einem Tisch und spielten Karten und rauchten ihre Pfeife. Die Goldmünzen auf dem
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