Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
Tisch erregten einen Augenblick lang Mats Aufmerksamkeit; sie spielten um hohe Einsätze. Der größte Münzenstapel befand sich vor einem zierlichen dunkelhaarigen Mann, dessen Hautfarbe so dunkel wie Anaths war und der seine Gegner um den sehr langen Stiel einer silberbeschlagenen Pfeife herum wölfisch angrinste. Mat hatte aber sein eigenes Gold und sein Glück beim Kartenspiel war nie so gut gewesen wie beim Würfeln.
Frau Anan war wegen einer Besorgung schon vor Tagesanbruch ausgegangen, wie ihm ihre Tochter Marah erzählte, der sie die Leitung überlassen hatte. Sie war eine auf hübsche Weise mollige Frau mit schönen großen Augen, die die gleiche haselnussbraune Färbung aufwiesen wie die ihrer Mutter, und sie trug ihre Röcke auf der linken Seite bis zur Mitte des Oberschenkels hochgenäht, was Frau Anan während seines Aufenthalts in dem Gasthaus jedenfalls nicht erlaubt hätte. Marah war nicht besonders erfreut, als sie ihn zu sehen bekam; sie legte die Stirn in Falten, sobald sie ihn näher kommen sah. Als er hier gewohnt hatte, waren zwei Männer von seiner Hand gestorben; Diebe, die versucht hatten, ihm den Schädel einzuschlagen. Darüber hatte es nicht den geringsten Zweifel gegeben, aber solche Dinge passierten in der Wanderin einfach nicht. Sie hatte ihm bei seinem Auszug deutlich zu verstehen gegeben, dass sie froh war, ihn gehen zu sehen.
Und Marah interessierte sich nicht besonders dafür, was er jetzt hier wollte, und er konnte es auch nicht richtig erklären. Allein Frau Anan wusste, was in der Küche verborgen war – das hoffte er zumindest inbrünstig –, und er würde dies bestimmt nicht im Schenkraum herausposaunen. Also erfand er die Geschichte, dass er die gute Küche vermisse, außerdem betrachtete er den eindeutig zurechtgenähten Rock und deutete an, dass er es noch mehr vermisst habe, sie sehen zu können. Er konnte nicht begreifen, warum die Entblößung eines Stücks Unterrocks in Ebou Dar als skandalös galt, wo doch jede Frau ihren halben Busen allen Blicken preisgab, aber falls sich Marah abenteuerlustig fühlte, konnten ein paar Schmeicheleien ihm vielleicht den Weg ebnen. Er schenkte ihr sein schönstes Lächeln.
Marah hörte ihm nur mit geringer Aufmerksamkeit zu und hielt eine vorbeigehende Dienstmagd fest, eine wahre Katze von einer Frau mit rauchigen Augen, die er gut kannte. »Lufthauptmann Yulans Becher ist fast leer, Caira«, sagte Marah ärgerlich. »Du solltest doch dafür sorgen, dass er voll bleibt! Wenn du deine Arbeit nicht tun kannst, Mädchen, es gibt in Ebou Dar genug, die das schaffen!« Caira, die ein paar Jahre älter als Marah war, machte einen spöttischen Hofknicks. Und warf Mat einen finsteren Blick zu. Bevor Caira sich wieder erheben konnte, schnappte sich Marah einen Jungen, der gerade mit einem mühsam balancierten Tablett voller schmutzigem Geschirr vorbeieilte. »Hör auf herumzutrödeln, Ross!«, fauchte sie. »Es wartet genug Arbeit! Erledige sie, oder ich schicke dich in die Ställe, und da wird es dir nicht gefallen, das kann ich dir sagen!«
Marahs jüngster Bruder sah sie böse an. »Ich kann den Frühling kaum erwarten, wenn ich wieder auf den Booten arbeiten kann«, murmelte er mürrisch. »Du bist unausstehlich, seit Frielle geheiratet hat, nur weil sie jünger als du ist und dich noch keiner gefragt hat.«
Sie schlug nach seinem Kopf, aber er wich ihr mühelos aus, obwohl die aufeinandergestapelten Becher und Teller klirrten und beinahe umgefallen wären. »Warum steckst du deine Unterröcke nicht an den Fischerdocks hoch?«, rief er und schoss davon, bevor sie noch einmal nach ihm schlagen konnte.
Mat seufzte, als sie ihm endlich ihre volle Aufmerksamkeit widmete. Unterröcke hochzustecken war ihm neu, aber Marahs Gesichtsausdruck verriet ihm genug. Eigentlich hätte kochend heißer Dampf aus ihren Ohren schießen müssen. »Wenn Ihr essen wollt, müsst Ihr später noch mal wiederkommen. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr auch warten. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis man Euch bedienen kann.«
Ihr Lächeln war hämisch. Niemand würde freiwillig in diesem Schenkraum warten. Jeder Sitz war von einem Seanchaner belegt, noch mehr standen herum, genug, dass die Mägde gezwungen waren, sich vorsichtig einen Weg zu bahnen und die Tabletts mit dem Essen und Getränken dabei hochzuhalten. Caira füllte den Becher des kleinen dunklen Mannes nach und schenkte ihm eines jener heißen Lächeln, die sie früher für Mat reserviert
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