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Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zeigte. Eine Reihe blattloser Bäume teilte die Straße jenseits des Platzes. Sänften und Kutschen und Männer in Schuppenrüstungen kämpften sich durch die Menge, aber sie nahm sie nur wie durch einen Schleier wahr. Zitternd zog sie sich in sich selbst zurück. Die Stadt verschwand. Die Zeit verschwand. Alles verschwand außer der Angst, nie wieder die Quelle spüren zu können. Shalon war sich nie zuvor bewusst gewesen, welchen Trost sie aus ihrer unsichtbaren Gegenwart geschöpft hatte. Sie war immer da gewesen, hatte unvorstellbare Freuden versprochen, ein Leben, das so reich war, dass alle Farben verblassten, wenn die Macht aus ihr wich. Und jetzt war die Quelle selbst nicht mehr da. Sie war weg. Das war alles, dessen sie sich bewusst war, dessen sie sich bewusst sein konnte. Sie war weg.

KAPITEL 24

    Unter Ratsherrinnen
    J emand schüttelte Shalons Arm. Es war Sarene und die Aes Sedai sprach zu ihr. »Es ist dort drin«, sagte Sarene, »in der Ratsherrinnenhalle. Unter der Kuppel.« Sie zog die Hand zurück, holte tief Luft und ergriff die Zügel. »Der Gedanke, dass der Effekt schlimmer ist, weil wir so nahe sind, ist lächerlich«, murmelte sie, »aber so fühlt es sich nun einmal an.«
    Shalon beherrschte sich mühsam. Die Leere würde nicht verschwinden, aber sie zwang sich, sie zu ignorieren. Doch in Wahrheit fühlte sie sich wie ein entkerntes Obststück.
    Sie befanden sich auf einem gewaltigen Platz – sie nahm an, dass man es einen Platz nannte, obwohl er kreisrund war –, der mit weißen Steinen gepflastert war. In der Mitte erhob sich ein großer Palast, ein rundes Gebäude, das bis auf die hohe blaue Kuppel, die wie ein halbierter Ball aussah, völlig weiß war. Die oberen beiden Etagen unterhalb der Kuppel wurden von kannelierten Säulen umgeben und ein beständiger Strom Menschen floss die breiten weißen Steintreppen hinauf und hinab, die an beiden Seiten zur zweiten Etage führten. Abgesehen von einem hohen, weit geöffneten Bronzetor bestand das Erdgeschoss nur aus weißem Stein, aus dem man doppelt lebensgroße, mit Diademen geschmückte Frauen herausgemeißelt hatte. Zwischen ihnen befanden sich weiße Steingarben aus Korn und Tuch, deren lose Enden im Wind zu flattern schienen, aufgestapelte Barren, die vermutlich Gold, Silber oder Eisen symbolisieren sollten, und Säcke, aus denen Münzen und Edelsteine rieselten. Unter den Füßen der Frauen, in einem umlaufenden Fries, fuhren viel kleinere Steinfiguren Wagen und bedienten Essen und Webstühle. Die Menschen hier hatten ein Monument geschaffen, das ihre Erfolge im Handel verkündete. Das war idiotisch. Wenn Menschen auf die Idee kamen, dass man in Handelsdingen besser als sie war, wurden sie nicht nur eifersüchtig, sie wurden stur und versuchten, lächerliche Geschäfte durchzusetzen. Und manchmal blieb einem keine andere Wahl, als dies zu akzeptieren.
    Ihr wurde bewusst, dass Harine sie stirnrunzelnd ansah, und sie richtete sich im Sattel auf. »Verzeiht mir, Herrin der Wogen«, sagte sie. Die Quelle war weg, aber sie würde zurückkehren – natürlich würde sie das! –, und sie hatte ihre Pflicht zu erfüllen. Sie schämte sich, dass sie ihrer Furcht nachgegeben hatte, doch die Leere blieb. O mein Licht, diese Leere! »Es geht mir wieder besser. Ich werde mich von jetzt an bemühen.« Harine nickte bloß; sie runzelte noch immer die Stirn und Shalons Kopfhaut juckte. Wenn Harine auf die erwartete Standpauke verzichtete, dann nur, weil sie etwas Schlimmeres im Sinn hatte.
    Cadsuane ritt geradewegs über den Platz und durch das offene Tor der Ratsherrinnenhalle in einen großen Raum mit hoher Decke, der ein im Inneren des Gebäudes liegender Stallhof zu sein schien. Ein Dutzend Männer in blauen Mänteln, die neben Sänften kauerten, auf deren Türen ein goldenes Schwert und eine goldene Hand aufgemalt waren, schauten bei ihrer Ankunft überrascht auf. Das galt auch für die Männer in blauen Westen, die gerade ein Gespann von einer Kutsche mit dem Schwert-und-Hand-Siegel abschirrten, und jene, die den Steinboden mit großen Besen kehrten. Zwei weitere Stallburschen führten Pferde in einen breiten Korridor, der nach Heu und Dung roch.
    Ein dicker, glatt rasierter Mann in mittleren Jahren eilte über die Pflastersteine heran, verneigte sich ununterbrochen und rieb sich die Hände. Wo die anderen Männer das lange Haar im Nacken zusammengebunden hatten, benutzte er eine kleine Silberspange, und sein blauer Mantel war offensichtlich

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