Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
aus gutem Tuch. Schwert-und-Hand waren groß auf die linke Brustseite aufgestickt. »Vergebt mir«, sagte er mit einem öligen Lächeln. »Ich will Euch nicht beleidigen, aber ich fürchte, Ihr habt die falsche Richtung eingeschlagen. Das hier ist die Ratsherrinnenhalle und …«
»Sag der Ersten Ratsherrin Barsalla, dass Cadsuane Melaidhrin sie sprechen will«, unterbrach Cadsuane ihn, als sie abstieg.
Das Lächeln des Mannes flackerte und seine Augen weiteten sich. »Cadsuane Melaidhrin? Ich dachte, Ihr wärt …!« Er verstummte, als ihr Blick plötzlich gefror, dann hustete er in die Hand und setzte sein schmieriges Lächeln wieder auf. »Verzeiht mir, Cadsuane Sedai. Erlaubt Ihr mir, Euch und Eure Begleiterinnen in einen Warteraum zu führen, wo man Euch willkommen heißt, während ich der Ersten Ratsherrin Bescheid sage?« Seine Augen weiteten sich leicht, als er diese Begleiterinnen näher betrachtete. Offensichtlich konnte er Aes Sedai erkennen, zumindest, wenn sie in einer Gruppe beisammen waren. Shalon und Harine ließen ihn blinzeln, aber für einen Küstengebundenen verfügte er über Selbstkontrolle. Er starrte sie nicht an.
»Ich erlaube dir, dass du zu Aleis rennst, so schnell dich deine Füße tragen, und ihr mitteilst, dass ich da bin, Junge«, erwiderte Cadsuane, löste den Umhang und warf ihn quer über den Sattel. »Sag ihr, dass ich in der Kuppel bin und nicht den ganzen Tag Zeit habe. Und? Hopp hopp!« Diesmal flackerte das Lächeln des Mannes nicht, es wurde kränklich, aber er zögerte nur einen Augenblick, bevor er losrannte und den Stallburschen zurief, sich um die Pferde zu kümmern.
Doch Cadsuane hatte ihn aus den Gedanken gestrichen, sobald sie ihm ihre Befehle erteilt hatte. »Verin, Kumira, Ihr kommt mit mir«, verkündete sie energisch. »Merise, haltet alle zusammen und zum Aufbruch bereit, bis ich … Alanna, kommt zurück und steigt vom Pferd. Alanna!« Zögernd lenkte Alanna ihr Pferd vom Tor weg und stieg mit finsterer Miene ab. Ihr schlanker Behüter Ihvon beobachtete sie besorgt. Cadsuane seufzte, als wäre ihre Geduld so gut wie am Ende. »Wenn es sein muss, setzt Euch auf sie drauf, um sie hierzubehalten, Merise«, sagte sie und übergab ihre Zügel einem kleinen, drahtigen Stallburschen. »Ich will, dass alle zum Aufbruch bereit sind, wenn ich mit Aleis fertig bin.« Merise nickte und Cadsuane wandte sich dem Stallburschen zu. »Er braucht nur etwas Wasser«, sagte sie und gab ihrem Pferd einen zärtlichen Klaps. »Ich habe ihn heute nicht scharf geritten.«
Shalon war mehr als erleichtert, ihr Pferd einem Stallburschen ohne Anweisungen übergeben zu können. Es wäre ihr egal gewesen, wenn er die Kreatur getötet hätte. Sie wusste nicht, wie weit sie benommen geritten war, sie fühlte sich, als hätte sie jede der vielen Hundert Meilen von Cairhien bis hier im Sattel gesessen. Ihr Fleisch fühlte sich genauso zerknittert an wie ihre Kleidung. Plötzlich fiel ihr auf, dass Jahars hübsches Gesicht bei den Männern fehlte. Verins Tomas, ein stämmiger, grauhaariger Mann, der genauso hart wie die anderen aussah, führte das Packpferd, das Jahar benutzt hatte. Wohin war der junge Mann verschwunden? Merise schien über seine Abwesenheit jedenfalls nicht besorgt zu sein.
»Diese Erste Ratsherrin«, knurrte Harine und ließ Moad ihr beim Absteigen helfen. Sie bewegte sich genauso steif wie Shalon. Er war einfach vom Pferd gesprungen. »Ist das hier eine wichtige Frau, Sarene?«
»Man könnte sagen, sie ist die Herrscherin von Far Madding, allerdings nennen die anderen Ratsherrinnen sie die Erste unter Gleichen, was auch immer das bedeuten mag.« Sarene gab ihr Pferd einem Stallburschen; sie sah völlig frisch aus. Vielleicht war sie zuvor über dieses Ter’angreal bestürzt gewesen, das die Quelle gestohlen hatte, aber jetzt war sie die personifizierte kühle Erhabenheit, wie eine Eisskulptur. Der Stallbursche stolperte über seine eigenen Füße, als er ihr Gesicht sah. »Einst war die Erste Ratsherrin die Beraterin der Königinnen von Maredo, aber seit Maredos … Auflösung betrachten sich die meisten Ersten Ratsherrinnen als die natürlichen Erben von Maredos Herrschern.«
Shalon wusste, dass ihre Kenntnisse in der Geschichte der Küstengebundenen so unzulänglich waren wie ihre Geografiekenntnisse über alles, was sich jenseits der Küste befand, aber von einer Nation namens Maredo hatte sie noch nie gehört. Harine schien das jedoch zu reichen. Falls diese Erste
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