Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
durchsichtigen Keile waren jetzt tiefschwarz, und statt zum Herzen des Raums zu zeigen, hatten sie sich alle in die gleiche Richtung gedreht. Eine der Frauen war aufgesprungen und beugte sich vornüber, um zu bestimmen, wo der schmale schwarze Keil auf der Markierung hinzeigte, und die anderen beiden Frauen eilten bereits auf einen Torbogen zu. Plötzlich verstand Shalon. Jede Windsucherin konnte mühelos triangulieren. Irgendwo hinter der Tür war eine Karte, und bald würde darauf die Position des Mannes eingezeichnet sein, der die Macht gelenkt hatte.
»Bei einer Frau wären sie rot, nicht schwarz«, sagte Kumira beinahe flüsternd. Sie stand noch immer ein Stück vom Geländer entfernt, aber sie hielt sich mit beiden Händen daran fest und beugte sich vor, um alles sehen zu können. »Es warnt und lokalisiert und verteidigt. Und was sonst noch? Die Frauen, die es geschaffen haben, würden mehr gewollt haben, vielleicht haben sie sogar noch ganz andere Dinge benötigt. Nicht zu wissen, was es sonst noch vermag, könnte schrecklich gefährlich sein.« Sie klang nicht ängstlich. Sie klang aufgeregt.
»Ich schätze, es ist ein Asha’man«, sagte Aleis ruhig und löste den Blick von Cadsuane. »Sie können uns nicht belästigen. Sie dürfen die Stadt betreten, solange sie sich an die Gesetze halten.« So beherrscht sie auch war, einige der hinter ihr stehenden Frauen tuschelten wie frisch gebackene Decksmädchen, die zum ersten Mal unter Küstengebundenen waren. »Vergebt mir, Aes Sedai. Far Madding heißt Euch willkommen. Ich fürchte, ich kenne Euren Namen nicht.«
Verin starrte noch immer auf den Boden der Kuppel. Shalon warf einen erneuten Blick über das Geländer und blinzelte, als sich die schwarzen Keile veränderten. Im einen Augenblick waren sie schwarz und wiesen nach Norden, im nächsten waren sie wieder glasklar und zeigten auf die Mitte des Labyrinths. Sie drehten sich nicht; zuerst waren sie das eine, dann das andere.
»Ihr dürft mich Eadwina nennen«, sagte Verin. Shalon konnte kaum ihre Überraschung verbergen. Kumira blinzelte nicht einmal. »Denkt Ihr an die Geschichte, Erste Ratsherrin?«, fuhr Verin fort, ohne aufzusehen. »Guaire Amalasans Belagerung von Far Madding dauerte drei Wochen. Am Ende war es eine üble Sache.«
»Ich bezweifle, dass sie etwas über ihn hören wollen«, sagte Cadsuane scharf, und aus irgendeinem Grund sah mehr als nur eine Ratsherrin unbehaglich aus. Wer, beim Licht, war dieser Guaire Amalasan? Der Name schien vage vertraut, aber Shalon konnte ihn nicht unterbringen. Offensichtlich ein küstengebundener Eroberer.
Aleis sah Cadsuane an und ihre Lippen wurden schmal. »Die Geschichte betrachtet Guaire Amalasan als einen bemerkenswerten General, Eadwina Sedai, der vielleicht gleich nach Artur Falkenflügel kommt. Wie kommt Ihr auf ihn?«
Shalon war noch nie Zeugin geworden, dass eine der Aes Sedai aus Cadsuanes Gefolge ihre beiläufigen Warnungen nicht genauso schnell befolgte wie ihre Befehle, aber Verin ignorierte sie dieses Mal. Sie schaute nicht auf. »Ich dachte nur daran, dass er die Macht nicht benutzen konnte, und doch zerquetschte er Far Madding wie eine überreife Pflaume.« Die stämmige kleine Aes Sedai verstummte, als wäre ihr gerade etwas in den Sinn gekommen. »Wie Ihr wisst, hat der Wiedergeborene Drache Heere in Illian, Tear, Andor und Cairhien. Ganz zu schweigen von den vielen Zehntausenden von Aiel. Sehr wild, diese Aiel. Ich frage mich, wie Ihr es so ruhig aufnehmen könnt, dass seine Asha’man Euch ausspionieren.«
»Ich glaube, Ihr habt ihnen genug Angst eingejagt«, sagte Cadsuane energisch.
Verin wandte sich mit weit aufgerissenen Augen von dem vergoldeten Geländer ab, ein runder, überraschter Küstenvogel. Sogar ihre pummeligen Hände flatterten wie Flügel. »Oh. Ich wollte nicht … O nein. Der Wiedergeborene Drache wäre sicherlich schon längst gegen Euch marschiert, wenn er das im Sinn hätte. Nein, ich nehme an, die Seanchaner … Ihr habt von ihnen gehört? Was wir aus Altara und weiter westlich hören, ist überaus schrecklich. Sie scheinen alles vor sich herzutreiben. Nein, ich nehme an, dass sie für seine Pläne viel wichtiger sind als die Eroberung Far Maddings. Es sei denn, natürlich, Ihr tut etwas, um ihn zu verärgern oder seine Anhänger aufzuscheuchen. Aber ich bin sicher, Ihr seid viel zu intelligent, um dies zu tun.« Sie sah sehr unschuldig aus. In die Ratsherrinnen kam Bewegung, Wellen, die kleine Fische an der
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