Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
aber eben nur ziemlich. Die Sachen, die sie ihm für den heutigen Tag herausgesucht hatte, kleideten ihn in ein Rot, das grell genug war, um in den Augen zu schmerzen; die einzige Ausnahme machten die Blumen, die Mantel und Umhang schmückten, sein schwarzer Hut und das Halstuch. Die weiße Spitze an Hals und Handgelenken ließen den Rest noch roter aussehen. Trotzdem schlüpfte er hinein, denn er hatte es eilig, aus ihren Gemächern herauszukommen. Bei Tylin war dies nur klug, wenn ein Mann sich seiner Sache nicht sicher war. Möglicherweise hatte sie ja doch keinen Scherz gemacht.
Anscheinend hatte Tylin nicht übertrieben, was Suroths Ungeduld anging. In weniger als zwei von der juwelengeschmückten Zylinderuhr in Tylins Wohnzimmer angezeigten Stunden – ebenfalls ein Geschenk Suroths – begleitete er die Königin zu den Docks. Suroth und Tylin ritten an der Spitze der ungefähr zwanzig Angehörigen des Blutes und ihrer diversen So’jhin – Männer und Frauen, die ihre zur Hälfte rasierten Köpfe vor dem Blut neigten, alle anderen aber von oben herab betrachteten. Er ritt auf Pips hinter ihnen her. Der »Liebling« einer altaranischen Königin konnte nicht zusammen mit dem Blut reiten, was Tylin jetzt natürlich mit einschloss. Es war schließlich nicht so, als wäre er ein erbberechtigter Diener oder jemand von vergleichbarem Rang.
Das Blut und die meisten der So’jhin ritten auf prächtigen Tieren, schlanken Stuten mit langen Hälsen und zierlichem Schritt, oder Wallachen mit breiter Brust und glutvollen Augen. Mats Glück schien ihn bei Pferdewetten im Stich zu lassen, aber mit Pips wäre er gegen jeden von ihnen angetreten. Der braune Wallach mit der stumpfen Nase sah nicht nach viel aus, aber Mat war davon überzeugt, dass er allen diesen hübschen Pferden hätte davonlaufen können. Nach der langen Zeit im Stall wollte Pips umhertänzeln, da er nicht laufen konnte, und Mat brauchte sein ganzes Können – nun, das Können, das irgendwie zusammen mit den Erinnerungen anderer Männer kam –, um das Tier unter Kontrolle zu halten. Bevor sie die halbe Strecke zu den Docks zurückgelegt hatten, schmerzte sein Bein bis zur Hüfte. Falls er Ebou Dar in Kürze verlassen wollte, würde es auf dem Meer oder mit Lucas Wanderzirkus sein müssen. Er hatte auch schon eine gute Idee, wie er den Mann dazu bewegen konnte, vor dem Frühling aufzubrechen, falls es notwendig sein sollte. Eine vielleicht gefährliche Idee, aber er hatte keine große Wahl. Die Alternative war noch riskanter.
Er war nicht allein in der Nachhut. Hinter ihm marschierten mehr als fünfzig Männer und Frauen in zwei Reihen, die glücklicherweise dicke weiße Wollgewänder über den durchsichtigen Fähnchen trugen, die sonst ihre Kleidung darstellten. Einige von ihnen führten Packpferde mit großen Korbtaschen voller Delikatessen. Das Blut kam nicht ohne seine Diener aus; tatsächlich schienen sie der Meinung zu sein, dass mit so wenigen kaum die Grundversorgung gewährleistet war. Die Da’covale hoben selten den Blick von den Pflastersteinen und ihre Gesichter waren so demütig wie Milch. Mat war Zeuge gewesen, wie ein Da’covale zu einer Prügelstrafe geschickt worden war, ein blonder Mann in seinem Alter, und der Bursche war gerannt, um das für seine Bestrafung notwendige Instrument zu holen. Er hatte nicht einmal versucht, Zeit zu schinden oder sich gar zu verstecken, er hatte auch nicht versucht, der Bestrafung zu entgehen. Mat konnte solche Leute einfach nicht verstehen.
Vor ihm ritten sechs Sul’dam , deren kurze, abgenähte Röcke ihre Knöchel zeigten. Bei einer oder zweien waren es sehr hübsche Knöchel, aber die Frauen saßen in den Sätteln, als würden sie ebenfalls dem Blut angehören. Die Kapuzen ihrer mit dem Blitz geschmückten Umhänge hingen ihnen auf den Rücken und sie ließen die kalten Windböen die Umhänge anheben, als könnte die Kälte ihnen nichts anhaben. Zwei von ihnen führten angeleinte Damane neben sich her.
Mat musterte die Frauen verstohlen. Eine der Damane , eine kleine Frau mit hellblauen Augen, war durch einen silbernen A’dam mit der pummeligen Sul’dam mit der olivfarbenen Haut verbunden, die er dabei beobachtet hatte, wie sie Teslyn herumführte. Die dunkelhaarige Damane hörte auf den Namen Pura. Er hatte es Teslyn nicht recht geglaubt, als sie behauptet hatte, die Frau wäre zur echten Damane geworden, aber die langsam ergrauende Sul’dam beugte sich auf ihrem Sattel herunter und murmelte
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