Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
strich den Schnurrbart mit den Knöcheln glatt. »Ich kenne zufällig einen oder zwei, die wirklich dazugehören. Mehr Informationen können jedenfalls nicht schaden. Du willst doch vor Tylins Rückkehr weg sein, oder? Irgendwie siehst du ohne sie etwas … verloren aus.«
Mat konnte nur stöhnen.
In dieser Nacht schlug der Gholam abermals zu. Lopin und Nerim sprudelten vor Neuigkeiten förmlich über, bevor Mat seinen Frühstücksfisch gegessen hatte. Sie behaupteten, in der Stadt herrsche Aufruhr. Das letzte Opfer, eine Frau, sei in der Einmündung einer Gasse gefunden worden, und plötzlich würden die Leute darüber reden und einen Mord mit dem anderen in Verbindung bringen. Da war ein Verrückter am Werk und die Leute verlangten mehr seanchanische Straßenpatrouillen in der Nacht. Mat schob den Teller von sich. Mehr Patrouillen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, war es durchaus möglich, dass Suroth früher zurückkam, wenn sie davon erfuhr, und Tylin mitbrachte. Bestenfalls blieben ihm noch zwei Tage. Er hatte das Gefühl, das, was er gegessen hatte, gleich wieder von sich geben zu müssen.
Er verbrachte den Rest des Vormittags damit, auf dem Teppich in Tylins Schlafgemach auf und ab zu gehen, also gut, zu hinken, und den Schmerz in seinem Bein zu ignorieren, während er versuchte, sich etwas einfallen zu lassen, egal was, das ihn das Unmögliche in zwei Tagen gelingen lassen würde. Der Schmerz hatte tatsächlich nachgelassen. Er hatte den Wanderstab aufgegeben und sich angestrengt, neue Kräfte zu gewinnen. Vermutlich würde er zu Fuß nun zwei oder drei Meilen schaffen, ohne das Bein ausruhen zu müssen. Zumindest ohne es lange ausruhen zu müssen.
Gegen Mittag brachte ihm Juilin die einzige gute Nachricht, die er seit langer Zeit erhalten hatte. Und eigentlich war es auch keine Nachricht. Es war ein Kleidersack mit zwei Gewändern, die um einen silbernen A’dam gewickelt waren.
KAPITEL 29
Ein anderer Plan
D er Keller der Wanderin mit seiner Decke aus Holzbalken war groß, doch obwohl sich nur fünf Leute darin aufhielten, erschien er so eng wie das Zimmer, das sich Juilin und Thom teilten. Die auf einem aufrecht stehenden Fass abgesetzte Öllampe warf flackernde Schatten. Ein Stück weiter lag der ganze Keller in Dunkelheit. Der Abstand zwischen den Regalen und den rauen Steinwänden war kaum größer, als ein Fass hoch war, aber das schien nicht der Grund dafür zu sein, dass er so beengt wirkte.
»Ich habe Euch um Hilfe gebeten, nicht um einen Strick um den Hals«, sagte Joline kalt. Nach fast einer Woche in Frau Anans Obhut und mithilfe von Enids Küche sah die Aes Sedai nicht länger hager aus. Das zerlumpte Gewand, in dem Mat sie zuvor gesehen hatte, war von einem hochgeschlossenen, aus feinem Tuch gefertigten blauen Gewand ersetzt worden, das an den Ärmeln und unter dem Kinn einen Hauch Spitze aufwies. Das flackernde Licht tauchte ihr Gesicht immer wieder in Schatten und sie sah wütend aus; sie versuchte Mat mit ihren Blicken zu durchbohren. »Wenn etwas schiefgeht, egal was, wäre ich völlig hilflos!«
Er wollte nichts davon hören. Da bot man aus der Güte seines Herzens seine Hilfe an, gewissermaßen, und das hatte man davon. Er hielt ihr praktisch den A’dam unter die Nase. Es wand sich in seiner Hand wie eine lange Schlange aus Silber und funkelte im Lampenlicht, Kragen und Armband schleiften über den Steinboden, und Joline schürzte die dunklen Röcke und trat zurück, um jede Berührung zu vermeiden. So wie sich ihr Mund verzog, hätte es genauso gut eine Viper sein können. Er fragte sich, ob es ihr passen würde; der Kragen schien größer als ihr schlanker Hals zu sein. »Sobald wir außerhalb der Stadtmauer sind, wird Frau Anan es Euch abnehmen«, knurrte er. »Ihr vertraut ihr doch, oder? Sie hat ihren Hals riskiert, um Euch hier unten zu verstecken. Ich sage Euch, das ist die einzige Möglichkeit!« Joline hob stur das Kinn. Frau Anan murmelte ärgerlich etwas vor sich hin.
»Sie will das Ding nicht tragen«, sagte Fen mit ausdrucksloser Stimme hinter Mat.
»Wenn sie es nicht tragen will, dann trägt sie es auch nicht«, sagte Blaeric mit noch ausdrucksloserer Stimme neben Fen.
Für zwei völlig unterschiedliche Männer waren sich Jolines dunkelhaarige Behüter ziemlich ähnlich. Fen mit seinen dunklen, schräg stehenden Augen und einem Kinn, mit dem man einen Stein spalten konnte, war eine Spur kleiner als Blaeric und vielleicht etwas breiter in Brust und
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