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Das Rätsel der dritten Meile

Das Rätsel der dritten Meile

Titel: Das Rätsel der dritten Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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hatte, daß ihm soeben etwas Wichtiges klargeworden war.
    «Oder genau das Gegenteil», murmelte er nun kryptisch.
    «Das Gegenteil?» fragte Lewis verdutzt.
    Morse schien die Frage nicht gehört zu haben. «Glauben Sie, daß eine Tasse Kaffee meinen Schmerz verschlimmern würde?»
    «Wenn Sie aufpassen, daß Sie ihn nicht zu heiß trinken...»
    «Dann laufen Sie mal los, und besorgen Sie uns welchen.»
    Nachdem Lewis gegangen war, schlug Morse die Times auf und vertiefte sich in das Kreuzworträtsel. Eins Waagerecht: «Er lebt hoch oben, vorwiegend an Orten im Osten, zitternd (6,8)» 1 Offenbar ein Anagramm: «Mostly in sites» round «e». Ja, genau! Befriedigt notierte Morse Simon Stylites, doch dann stellte er fest, daß der Vorname um einen Buchstaben zu kurz war. Er runzelte mißmutig die Stirn. Hatte er sich geirrt? Im nächsten Augenblick ging ein Strahlen über sein Gesicht. Natürlich! Der Name schrieb sich Simeon.
    Plötzlich stutzte er. Das war doch wohl nicht möglich! Hastig kritzelte er zwei Wörter auf den unteren Rand der Zeitung, strich dann die Buchstaben in unregelmäßiger Reihenfolge wieder aus. Er holte tief Luft. Es war also nicht nur möglich, es war tatsächlich so! Was für ein ungewöhnlicher...
    «Ich habe ihr gesagt, daß sie extra viel Milch hineintun soll.»
    «Aber hoffentlich keinen Zucker!»
    «Aber Sie nehmen doch immer...»
    «Zucker ist schlecht für die Zähne, sollten Sie eigentlich wissen, Lewis!»
    «Soll ich dann gehen und...?»
    «Nein, stellen Sie den Kaffee dahin, und setzen Sie sich. Ich möchte Ihnen etwas zeigen.» Er nahm einen Schluck aus der Tasse und verzog angewidert das Besicht. «Bah! Der Kaffee ist ja völlig kalt!»
    «Aber Sie haben doch gesagt...»
    «Ja, schon gut.»
    Lewis streifte die aufgeschlagene Zeitung mit einem Blick. «Sehr weit sind Sie mit dem Kreuzworträtsel ja noch nicht», bemerkte er.
    «Wie man’s nimmt», sagte Morse mit überlegenem Lächeln. Er reichte Lewis die Times und wies mit dem Finger auf den unteren Rand. Lewis starrte einen Moment lang auf Morse’ Gekritzel, dann schüttelte er verständnislos den Kopf. Aber er merkte, daß er sich zu freuen begann. Zwar verstand er nicht genau, worum es eigentlich ging, doch Morse hatte wieder irgend etwas entdeckt, soviel war klar. Für diese Fähigkeit, ständig neue Einfälle und Ideen zu produzieren, bewunderte er seinen Vorgesetzten grenzenlos; um so mehr, als ihm selbst höchst selten etwas einfiel. Und um dieser Fähigkeit willen war er auch immer wieder bereit, Morse seine Ausbrüche von Jähzorn, seine Sprunghaftigkeit und die vielen kleinen Ungerechtigkeiten, unter denen er täglich zu leiden hatte, nachzusehen.
    Als er merkte, daß Lewis im dunkeln tappte, begann Morse, ihm die Bedeutung der Buchstaben zu erklären, und am Ende stieß der Sergeant einen anerkennenden Pfiff aus.
    «Soll ich mich darum kümmern, Sir?»
    «Nein, ich möchte, daß Sie herausfinden, wem die Telefonnummer gehört.»
    «Jetzt gleich?»
    Morse nickte. «Übrigens, Lewis», begann er, und sein geschwollener Mund verzog sich zu einem bösartigen Grinsen. «War das nicht eigentlich Dickson, der neulich den Anruf aus Thrupp entgegengenommen hat?»
    «Ja, Sir», sagte Lewis zögernd.
    «Na, dann versuchen Sie mal Ihr Glück mit den Telefonnummern. Ich werde mich inzwischen mit Dickson unterhalten.»
    Galt Lewis’ Leidenschaft krossen Chips, so waren Dicksons große Schwäche Doughnuts. Als er Morse auf sich zukommen sah, steckte er hastig den letzten Bissen in den Mund und leckte sich verstohlen die Finger ab.
    «Na, Dickson, wieder mal bei Ihrer Lieblingsbeschäftigung?»
    «Mhm.»
    «Zucker ist schlecht für die Zähne, noch nie gehört?»
    «Ich nehme an, Sie sprechen aus Erfahrung, Sir», gab Dickson stoisch zurück.
    Morse hielt es für klüger, sich nun doch seinem eigentlichen Anliegen zuzuwenden, und er begann, Dickson über den Anrufer, der sie von der Leiche im Kanal unterrichtet hatte, auszufragen. Der Sachverhalt war klar und eindeutig. Der Mann hatte seinen Namen genannt und ihn auf Dicksons Nachfrage sogar noch buchstabiert. Er war sich nicht ganz sicher gewesen, ob das, was da im Wasser trieb, wirklich eine Leiche war, hatte es aber für wahrscheinlich gehalten. Er hatte von einer Zelle aus angerufen, und offenbar war ihm dann mittendrin das Geld ausgegangen, denn nach der zweiten Serie von Signaltönen war die Verbindung unterbrochen worden.
    «Gibt es denn in Thrupp überhaupt eine

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