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Das Rätsel der dritten Meile

Das Rätsel der dritten Meile

Titel: Das Rätsel der dritten Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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sich unwillkürlich bemühte, das Geräusch seiner Schritte auf dem in Grün, Blau und Orange gehaltenen Mosaikboden zu dämpfen. Etwa einen halben Meter vor den dunkel getäfelten Wänden standen in regelmäßigen Abständen die Büsten von Männern, die sich um den Staat und um die Universität verdient gemacht hatten. An einer der Längswände befanden sich Glaskästen, in denen die verschiedenen Fakultäten wie Theologie, Philosophie, Orientalistik, Neuere Geschichte etc. Listen mit Prüfungsergebnissen ausgehängt hatten.
    Nach einigem Suchen trat Lewis vor den Kasten mit der Aufschrift Klassische Philologie. Auch hier hingen — nach Noten von Eins bis Vier geordnet — Prüfungsergebnisse aus. Auf der Liste mit der Überschrift Note Eins fand er, ganz wie Morse vermutet hatte, den Namen einer gewissen Jane Summers (Lonsdale College). Da Morse ihn darum gebeten hatte, bemühte sich Lewis, die Namen der sieben Prüfer, die mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit der Listen bestätigen mußten, zu entziffern. Nur einer der Namen war sofort und ohne Anstrengung lesbar: O.M.A. Browne-Smith. Lewis machte sich mit gerunzelter Stirn einen Vermerk in sein Notizbuch. Wozu diese Information nun wieder gut sein sollte, war ihm schleierhaft, aber schließlich würde Morse wissen, was er tat.
    In einem kleinen Büro linker Hand der Eingangstür traf Lewis eine Art Hausmeister an, der nur zu gern bereit war, ihn in die Prozedur, die zur Erstellung der Liste mit den Prüfungsergebnissen führte, einzuweihen. Der Vorgang war offenbar genauestens festgelegt und verlief demnach wie folgt: Nachdem die Prüflinge ihre Klausuren geschrieben hatten, trat die zuständige Prüfungskommission zusammen, um vorläufige Noten auszusprechen und darüber zu entscheiden, ob Kandidaten, deren Leistung sich auf der Grenze zwischen zwei Noten bewegte, Gelegenheit zu einer mündlichen Prüfung gegeben werden solle. Dies traf vor allem auf die zu, die zwischen Eins und Zwei standen. Spätestens bis einen Tag, bevor dann die endgültigen Ergebnisse bekanntgegeben wurden, mußte der Vorsitzende der Prüfungskommission über die Noten, die in den mündlichen Prüfungen erzielt worden waren, informiert sein, so daß er (aber auch nur er allein) zu diesem Zeitpunkt über die endgültigen Noten sämtlicher Prüflinge Kenntnis hatte. Es war nun seine Aufgabe, die Prüfungskommission erneut einzuberufen, um die Noten noch einmal auf ihre Richtigkeit zu diskutieren. Erst dann wurde die Liste einem Beamten des Prüfungsamtes übergeben, der sie an die Oxford University Press weiterleitete, wo sie sofort in Druck gingen. Die Mitglieder der Prüfungskommission hatten nun eine Pause von etwa einer Stunde, in der sie gewöhnlich Tee und Sandwiches zu sich nahmen. Sobald die Listen ausgedruckt waren, schickte der Verlag einen Boten mit fünf Exemplaren zurück ins Prüfungsamt, und die Prüfer machten sich daran, sämtliche Angaben noch einmal einer genauen Durchsicht zu unterziehen. War das geschehen, so las der Vorsitzende die Listen — einschließlich sämtlicher Interpunktionszeichen — laut vor. Erwies sich, daß alles korrekt war, wurde der Leiter des Prüfungsamtes geholt und in seiner Anwesenheit jede einzelne Liste von allen Prüfern eigenhändig unterschrieben. Nun erst erfolgte der letzte Schritt: eine der Kopien wurde in der Eingangshalle des Prüfungsamtes öffentlich ausgehängt.
    Lewis dankte dem Mann für seine detaillierten Ausführungen und stapfte, schon etwas weniger eingeschüchtert, hinaus. Er hatte noch eine weitere Aufgabe vor sich, einen Besuch im Churchill Hospital.
    Morse war, als er ins Präsidium zurückkehrte, noch unterwegs, und so hatte zur Abwechslung auch einmal Lewis Zeit, in Muße Überlegungen zum Fortgang der Ermittlungen anzustellen. So wie es aussah, schien Morse auf der richtigen Fährte zu sein; was seine, Lewis, Erkenntnisse im Prüfungsamt anging, so hatte er jedenfalls Recht gehabt. Im Churchill Hospital dagegen hatte sich nichts ergeben, da hatte sich der Chef mit seinen Spekulationen offenbar mal wieder vergaloppiert.

Dreizehntes Kapitel
Donnerstag, 24. Juli

Morse gerät durch einen glücklichen Zufall in ein Collegeapartment, das aufzusuchen er ursprünglich keinerlei Absicht hatte.

    Morse hatte sich entschlossen, seinen Ausflug nach Soho noch um einen oder zwei Tage zu verschieben, um zunächst in Oxford selbst einige Nachforschungen anzustellen. Kurz vor Mittag parkte er seinen Lancia vorschriftswidrig an

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