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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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seines Bruders zu ihnen ereifern. Und obwohl er deswegen ebenso gut beleidigt sein konnte, bekam Maffeo jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn Dschinkim davon anfing. Manchmal fühlte er sich, als ob er allein für all jene Chinesen, Araber, Juden und Europäer verantwortlich wäre, die ihre Stellung am Hof des Khans nur ausnutzten, um ihr eigenes undurchsichtiges Spiel zu spielen.
    »Ich bin gekommen, um mit dir über die Fremde zu sprechen«, antwortete Dschinkim. »Ist es dir mittlerweile gelungen, mehr über sie und ihre Herkunft zu erfahren?«
    »Nein«, antwortete Maffeo. »Noch gestern Abend, gleich nachdem wir von der Jagd zurückgekehrt sind, habe ich einen Diener zu Li Mu Bai geschickt. Er kam, ohne zu zögern. Doch auch er vermochte nicht zu sagen, was ihr fehlt. Wenigstens hat er keine Anzeichen einer für die Sicherheit des Reiches gefährlichen Krankheit an ihrem Körper entdecken können. Er hat ihr zwei seiner goldenen Nadeln gesetzt und ist dann gegangen. Heute früh gleich nach Sonnenaufgang wollte er wiederkommen und mit der Behandlung fortfahren.«
    Dschinkim runzelte erneut bedenklich die Stirn. »Du vertraust ihm?«
    Maffeo hob seine Hände. Li Mu Bai, Mönch und Arzt in einer Person, war ein großer, ein stiller Mann. Seit über zwanzig Jahren stellte er sein Leben in den Dienst der Lehre Buddhas und der Einwohner von Shangdou. Der Ruf seiner Weisheit, seiner Güte und seiner Fähigkeiten als Arzt war weit über die Grenzen Shangdous hinaus bekannt und von überall her kamen die Leute, um von dem weisen Li Mu Bai Rat und Heilung von ihren Leiden zu erbitten. Doch er war Chinese, und das allein reichte aus, um ihn in Dschinkims Augen verdächtig erscheinen zu lassen.
    »Weshalb sollte ich ihm nicht vertrauen?«, erwiderte Maffeo. Er war verärgert, bewunderte er doch Li Mu Bai, und sooft er die Gelegenheit dazu hatte, ließ er sich heimlich von dem Mönch in der Lehre Buddhas unterweisen. »Sein Ruf ist über jeden Zweifel erhaben. Ebenso könntest du Gautama Buddha, den Erleuchteten selbst, des Verrats bezichtigen. Noch nie habe ich jemanden schlecht über den weisen Li Mu Bai sprechen hören.«
    »Mag schon sein«, brummte Dschinkim. »Haben seine Maßnahmen wenigstens etwas genutzt?«
    Maffeo schüttelte den Kopf. »Nein. Bisher hat sich die Fremde nicht gerührt.«
    Sie traten an das Bett und betrachteten gemeinsam die schlafende Frau. Ihre Wangen waren rosig, und sie sah aus, als würde sie jeden Augenblick erwachen – oder bis zum Jüngsten Tag weiterschlafen.
    »Wer ist sie, Maffeo?«, flüsterte Dschinkim, als wollte er die Fremde nicht stören. »Wie kam sie dorthin, wo wir sie gefunden haben?« Die Falten auf seiner Stirn wurden immer tiefer. »Ich traue ihr nicht, Maffeo. Wenn du mich fragst, sollten wir nicht zögern, dieses Weib in Ketten zu legen und so schnell wie möglich dorthin zurückbringen, wo wir es gefunden haben.«
    Maffeo zuckte entsetzt zusammen. »Aber sie ist doch nur eine Frau! Noch dazu eine, die ein Kind erwartet. Wie soll sie…«
    »Eben, das ist es ja gerade. Sie erwartet ein Kind. Woher willst du wissen, dass es sich dabei nicht um den Balg eines Dämons handelt? Vielleicht hat ein Dämon sie geschwängert und in diesen todesähnlichen Schlaf versetzt.« Dschinkim ergriff Maffeos Arm. »Kannst du mir erklären, wie sie in die Steppe gelangt ist? Weit und breit gab es keine Spuren außer unseren eigenen. Dieses Weib muss durch die Luft geflogen sein! Denke auch an den Fuchs. Du selbst hast diese Bestie zwar nicht gesehen, aber ich sage dir, das war kein gewöhnlicher Fuchs. Es war ein Geist oder ein Dämon. Und er hat uns direkt zu ihr geführt.«
    Maffeo kämpfte mit sich. Sollte er dem Mongolen sagen, dass er glaube die Antwort auf seine Fragen zu kennen? Allerdings würde ihm das wohl kaum gelingen, ohne sein eigenes Geheimnis preiszugeben. Ein Geheimnis, von dessen Existenz nicht einmal Niccolo etwas ahnte, und der war immerhin sein Bruder.
    »Ich bin sicher, dass es auch dafür eine Erklärung gibt«, entgegnete er stattdessen und versuchte, Dschinkim möglichst unbefangen anzusehen. »Ich verspreche dir, dass ich sie beobachten werde. Und sobald sie aufwacht, werde ich sie ausfragen und sie nicht eher aus den Augen lassen, bis ich meine Hand für sie ins Feuer legen kann.«
    Dschinkim sah ihn so lange an, dass es Maffeo unter seinem Blick unbehaglich wurde und er sich zu fragen begann, ob der Mongole ihn durchschaut hatte. Doch schließlich nickte

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