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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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schritt Maffeo unbefangen auf sie zu. Als sie nahe genug gekommen waren, stellten sich die beiden Wachen breitbeinig vor die Tür, so als wollten sie kundtun, dass jeder, der beabsichtigte, sie zu passieren, erst durch sie hindurchgehen müsste.
    Einer der beiden Wachen brüllte Maffeo an. Das Gesicht des Mannes lief dunkel an, die Venen an seinem Hals und auf seiner Stirn traten hervor, seine dunklen Augen schleuderten Blitze. Er sah aus wie ein wütender, zähnefletschender Pitbull, den nur noch die kräftige Leine seines Herrn davon abhielt, sich auf sein wehrloses Opfer zu stürzen und es zu zerfleischen. Beatrice wäre am liebsten umgekehrt. Nichts auf dieser Welt konnte es wert sein, sich mit den beiden anzulegen. Doch Maffeo ließ sich davon nicht beeindrucken. Lächelnd zog er eine Papierrolle aus dem Ärmel seines Festgewands hervor und reichte sie dem Wachposten. Beatrice bezweifelte, dass die beiden Mongolen lesen konnten, aber irgendetwas auf dem Schriftstück, vielleicht ein Siegel, ein Bild oder ein Zeichen, schien sie zu besänftigen. Oder wenigstens zu überzeugen, denn ihre Mienen waren immer noch grimmig, als sie zur Seite traten und die Tür öffneten. Widerwillig und zähneknirschend ließen sie Maffeo und Beatrice an sich vorbei – zwei Kettenhunde, die keinen Zweifel daran ließen, das man beim nächsten Mal nicht wieder mit seinem Glück rechnen sollte. Mit einem lauten, unfreundlichen Knall schlossen sie die Tür hinter ihnen.
    »Es ist immer dasselbe«, sagte Maffeo und seufzte und lachte gleichzeitig. »Dabei gehe ich hier fast täglich ein und aus, und die Wachen wissen ganz genau, wer ich bin.«
    »Und das lässt du dir gefallen?«, fragte Beatrice. »Warum sagst du es nicht einfach dem Kaiser?«
    »Ich habe mich daran gewöhnt. Außerdem tun die Männer nur ihre Pflicht. Dazu wurden sie ausgewählt und ausgebildet.« Maffeo zuckte mit den Schultern. »Ich gebe zu, es ist lästig, aber es gewährt auch Sicherheit. Und das nützt schließlich jedem, der am Hof des Khans lebt.«
    Beatrice schüttelte den Kopf. »Wer kann sich nur so etwas ausdenken?«
    »Dschinkim. Die persönliche Wache des Kaisers untersteht ihm«, erklärte Maffeo, während sie einen Saal durchquerten, in dem vor jeder Säule ein Wachposten stand – reglos und bedrohlich, wie grimmige steinerne Statuen aus einem Albtraum. Doch Beatrice zweifelte keine Sekunde daran, dass sie sich mit dem richtigen Zauberwort sehr schnell zum Leben erwecken ließen. »Dschinkim erwählt die Männer nach seinen Vorstellungen und bildet sie selbst aus«, fuhr Maffeo fort und lächelte wie ein Vater über eine liebenswerte Eigenart seines Sohnes. »Auch ihre große Zahl ist seine Idee. Man erzählt sich, dass Khubilai sich erst nach langem Streit zähneknirschend gefügt hat. Und auch Ahmad ist nicht besonders glücklich über diese Regelung. Der Araber kümmert sich um die Finanzen in Khubilais Reich. Er sagt, dass die Unterbringung und Verpflegung der Palastwachen jeden Monat ein riesiges Loch in die Staatskasse reißt. Dschinkim will davon natürlich nichts wissen und behauptet, Ahmad fühle sich lediglich von den Wachen in der Durchführung seiner eigenen dunklen Pläne gestört. Habe ich schon erwähnt, dass Dschinkim glaubt, jeder am Hof des Khans hätte nur das Ziel, seinen Bruder vom Thron zu stürzen?« Maffeo lachte, und Beatrice fragte sich, weshalb. Sie konnte an Dschinkims Verhalten wirklich nichts Lustiges finden. Dies war offensichtlich mehr als nur eine liebenswerte Eigenart. Es grenzte schon an Verfolgungswahn. »Er ist geradezu besessen von diesem Gedanken. Aber wie gesagt, das Ganze hat auch seinen Sinn. Und das musste sogar Khubilai zugeben. So, jetzt sind wir gleich da.«
    An jeder Ecke, in jeder Nische, hinter jeder Säule stand ein schwer bewaffneter Soldat, als würde sich der Palast des Kaisers im Kriegszustand befinden. Ob Khubilai wirklich so an Leib und Leben gefährdet war, dass er von mehr als hundert Wachen beschützt werden musste?
    Das 20. und 21. Jahrhundert müssten Dschinkim eigentlich gefallen, dachte Beatrice. Die Möglichkeiten von Überwachungskameras, lasergesteuerten Alarmanlagen und mit Retinascannern gesicherten Schlössern müssten einem Mann wie dem Bruder des Kaisers Tränen der Sehnsucht in die Augen treiben. Jedenfalls würde es seine Arbeit und die Befriedigung seiner zwanghaft-neurotischen Persönlichkeit deutlich erleichtern.
    Maffeo blieb stehen und klopfte an eine Tür.
    »Wo Khubilai

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