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Das Raetsel der Liebe

Das Raetsel der Liebe

Titel: Das Raetsel der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Rowan
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heftig, dass sie das kostbare Porzellan beinahe hätte fallen lassen.
    »Lydia?«
    Sie zuckte zusammen. Tränen verschleierten ihren Blick, als sich Alexanders Hand warm und schwer auf ihren Nacken legte.
    »Lydia, geh nach oben. Ich schicke nach dem Arzt.«
    »Nein, ich …«
    »Du bist krank. Wenn du nicht …«
    »Nein!« Der schrille Aufschrei ließ ihn zurückfahren.
    Lydia schloss die Augen und versuchte, ruhig und tief zu atmen, den wilden Sturm der Gefühle zu unterdrücken, der jeden vernünftigen Gedanken auslöschen würde, wenn sie ihn weiter wüten ließ.
    Während Alexander die verunreinigte Porzellanschale nach draußen trug, griff sie mit bebenden Händen wieder nach der Teetasse und nahm erneut einen kleinen Schluck. Wieder musste sie würgen.
    Alexander kam zurück. Mit leisen Schritten ging er über den dicken Teppich.
    Lydia zwang sich, ihren Kopf zu heben. Da stand er, direkt vor ihr, die Arme über der Brust gekreuzt, die Miene undurchdringlich. Nur in seinen Augen spiegelten sich dunkel Unverständnis und Sorge.
    Ein Spalt sprengte Lydias Herz, scharf und gezackt. Sie erinnerte sich, dass sie einmal geglaubt hatte, Alexander wäre imstande, jede Wahrheit zu verkraften, jedes Geständnis, das sie ihm gegenüber ablegte.
    Nun war der Moment der Wahrheit gekommen, und sie war zum allerersten Mal in ihrem Leben überzeugt, eine ihrer Theorien könnte sich als falsch erweisen.
    Wortlos holte sie den Brief hervor und gab ihn Alexander.
    Er nahm ihn entgegen und faltete ihn auseinander. Sein Ausdruck änderte sich nicht im Geringsten, als er den Inhalt las – die Sätze, die Lydia bereits nach einem einzigen Mal auswendig kannte.
    Teure Lydia!
    Meinen Glückwunsch zu Deiner Verlobung. Angesichts Deiner Bekanntschaft mit Lord Northwood habe ich dieses Ereignis vorausgesehen.
    Ich habe Erkundigungen eingezogen. Diverse Kollegen berichteten mir von der Familiengeschichte Seiner Lordschaft und der Scheidung seiner Eltern. Wie es scheint, ist er fest entschlossen, den Skandal vergessen zu machen.
    Was würde Seine Lordschaft wohl sagen, frage ich mich, wenn er von unserem kleinen Geheimnis erführe?
    Einem Geheimnis von solch immensem Ausmaß, dass, würde es in seinen Kreisen bekannt, sein Name irreparabel beschädigt wäre. Und nicht nur seiner, sondern der seiner gesamten Familie, den wiederherzustellen er sich so überaus wacker bemüht.
    Ich gebe mich keineswegs der Illusion hin, dass Du es ihm schon gesagt hast. Wir müssen uns treffen, und zwar unter vier Augen, um herauszufinden, was Dir die Bewahrung Deines Geheimnisses wert ist.
    Alexander las den Brief wohl an die zehnmal, bevor er schließlich den Kopf hob und Lydia ansah. Ein Muskel in seiner Wange zuckte verräterisch, sein Nacken war verkrampft.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    Lydia nahm den Brief zurück. Während sie ihren Blick wie abwesend über das Papier wandern ließ, zerrten unliebsame Erinnerungen hartnäckig an den Enden ihres Bewusstseins, und ihr Herz focht einen nicht enden wollenden Kampf mit ihrem Verstand aus, mit dem Wunsch, irgendwo hinzugehören, jemandem anzugehören. Mit dem Denken aufzuhören. Mit dem Fühlen zu beginnen.
    »Er hat ihn geschrieben«, brachte sie mühsam hervor, »Joseph Cole.«
    »Und wer genau ist das?« In seiner Stimme schwang düstere Vorahnung mit.
    »Er war Professor für Mathematik an der Universität in Leipzig. Mein Professor.«
    »Und was ist das für ein Geheimnis, das er zu enthüllen droht?«
    Er musterte sie unverwandt, distanziert und argwöhnisch. Lydia wurde von tausend Gefühlen zugleich überwältigt – Liebe, Schmerz, Angst, Bedauern, Schuld, Reue. Und dennoch: Als sie diesen Mann betrachtete, den sie so sehr wollte, dessen Frau sie so gerne wäre, senkte sich allmählich eine seltsame Ruhe über das Chaos, streichelte ihr Herz, verlangsamte ihren rasenden Puls. Sie nahm einen tiefen Atemzug und sagte dann mit fester Stimme: »Jane ist nicht meine Schwester, Alexander.«
    »Nicht deine …«
    »Sie ist meine Tochter.«

26
    In St. Martin’s Hall herrschte emsiges Treiben. Arbeiter und Kuratoren waren mit der Fertigstellung der Vitrinen beschäftigt. Das fahle Licht der Abenddämmerung ließ die Silhouette der Stadt hinter den Fenstern verschwimmen. Die Feuer in den Kaminen brannten langsam herunter, und die Kerzen in den Kronleuchtern und Wandhalterungen flackerten trübe.
    Jane stand neben einer Sammlung von Exponaten zum Thema Naturgeschichte. Entlang der Wand waren Glasgefäße

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