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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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zwei.“
    Der Polizist nahm die Mütze ab und kratzte sich ganz unvorschriftsmäßig am Hinterkopf. „Hoffentlich ist sie nicht ansteckend“, sagte er. „Stellen Sie sich mal vor, der Wagen hätte den Schlenker nach links gekriegt statt nach rechts, da wäre er direkt auf mich zu gefahren. Eigentlich müßte man die Genossen warnen. Ja, und die Kraftfahrer! Da dürfte keiner allein fahren, ohne Beifahrer.“
    „Richtig“, sagte Herbert. „Wenn es die geringsten Anzeichen dafür geben sollte, daß noch mehr Personen davon betroffen sind, müssen wir das sofort veranlassen.“
    „Nicht lieber vorher?“ fragte der Oberwachtmeister. Herbert sah den Oberleutnant an.
    „Vielleicht benachrichtigen wir die Betriebe unserer Stadt“, sagte der zögernd. „Wir müssen ja nicht gleich die ganze Bevölkerung verrückt machen. Begleiten Sie mich, ich veranlasse die Information.“ –
    „Wollen Sie nicht mit zu mir kommen und eine Tasse Kaffee trinken, Sie sind doch auch schon den ganzen Tag auf den Beinen?“ fragte der Oberleutnant, als sie den Oberwachtmeister abgesetzt hatten, dessen Wohnung am Wege lag.
    Herbert wehrte ab – er wolle die nächtliche Ruhestörung nicht unnötig verlängern und noch dazu die Familie aus dem Schlaf schrecken, morgen sei ja auch wieder ein Arbeitstag, und was man in solchen Fällen noch sagt. In Wirklichkeit erschien ihm der Vorschlag sehr verlockend, und Oberleutnant Hoffmeister spürte das wohl, denn er ließ nicht locker.
    „Wo wollen Sie denn jetzt hin, nachts um zwei!“ sagte er. „Kommen Sie nur mit, meine Frau schläft sowieso nicht“, fügte er mit einem seltsam freudigen Lächeln hinzu.
    „Warum denn nicht?“ fragte Herbert.
    „Sie werden schon sehen, kommen Sie!“ drängte der Offizier.
    Als sie die Wohnung betraten, duftete es schon nach Kaffee. Aus der Küche trat eine zierliche, schwarzhaarige Frau mit einem Tablett. Der Oberleutnant nahm es ihr sofort ab, und jetzt sah Herbert, daß Frau Hoffmeister schwanger war. Ihr Kleid war – im Gegensatz zu dem, was sonst üblich war – so geschnitten, daß es ihren Zustand nicht verbarg, sondern betonte. Sie zeigte das gleiche kindlich-glückliche Lächeln, das Herbert eben schon bei dem Oberleutnant aufgefallen war.
    Alles wirkte so, als sei es nicht nachts um zwei, sondern vielleicht abends um sieben. Die junge Frau plapperte munter drauflos, und Herbert erfuhr während zweier Tassen Kaffee die ganze Familiengeschichte – daß sie sonst beim Rat der Stadt arbeite, jetzt Schwangerschaftsurlaub habe, im sechsten Monat, viel zu früh nach ihrem Geschmack, es sei schrecklich langweilig den ganzen Tag über, und die halbe Nacht müsse sie ihr Mann unterhalten, der Arme falle schon ganz vom Fleische, aber sie seien beide so wahnsinnig glücklich, daß es nun geklappt habe, sie hätten ja schon längst Kinder haben wollen, aber es habe erst ärztlicher Hilfe bedurft, das brauche man ja nicht zu verschweigen, es sei keine Schande, im Gegenteil, man sollte überhaupt den Ärzten viel mehr vertrauen, besonders das hiesige Kreiskrankenhaus habe einen hervorragenden Ruf…
    Sie hatte wirklich ein enormes Mitteilungsbedürfnis, aber eins von der angenehmen Art, das dem Partner nicht den Mund verbietet. Sie bemerkte sofort, daß Herbert das Gesicht ein wenig verzog, als sie das Kreiskrankenhaus erwähnte, und fragte: „Wieso, sind Sie anderer Meinung? Haben Sie etwas damit zu tun? Überhaupt, was gab es denn, wenn es kein Dienstgeheimnis ist?“
    Herbert berichtete ihr, was er wußte und was sie getan hatten. Es war ja kein Geheimnis, und außerdem war er sich noch so unklar über den Sachverhalt und auch über seine eigene Aufgabe, daß ihn jede unvoreingenommene Meinung interessierte.
    „Wer sind denn die Kranken?“ fragte Frau Hoffmeister neugierig. „Vielleicht kenne ich sie? Wir sind ja hier eine Kleinstadt, und außerdem, durch meine Arbeit kenne ich eine Menge Leute!“
    Herbert Lehmann zog sein Notizbuch und las vor: „Erwin Kottner, zweiunddreißig, Anlagenfahrer im VEB Betachemie. Heide Jendrich, fünfundzwanzig, wissenschaftlich-technische Assistentin in der – wie heißt das? – Arbeitsgruppe Genetik R drei der Akademie der Wissenschaften. Sonja Edderstedt, einundzwanzig, Operator im VEB Rechenzentrum Neuenwalde. Kennen Sie jemanden von ihnen?“
    „Die Heide kenn ich, vom Arbeitertheater. Aber ist das nicht drollig, daß alle drei aus dem Kernkraftwerk sind?“
    „Was?“ rief Herbert verblüfft. „Das sind

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