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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Anzeigetafeln gerichtet, und zweifellos las er dort viel mehr ab als Herbert, der zunächst nur raten konnte.
    Plötzlich war das Brummen eines Lautsprechers zu hören, und eine Stimme sagte: „Gruppe drei ruft Zentrale!“
    Der vor ihnen Sitzende sagte: „Hier Zentrale. Gruppe drei – berichten Sie!“ und griff mit den Händen in die Tastatur.
    Auf dem Bildschirm wurde eine industrielle Anlage sichtbar: eine Batterie großer Bottiche, vom Fußboden bis zur Decke reichend, mit Geräten und Vorrichtungen der verschiedensten Art armiert und in einem anscheinend bogenförmigen Gang aufgestellt, Bündel von Rohrleitungen und, dazwischen umherkletternd, Gestalten in weißen Schutzanzügen, mit Meßgeräten bewaffnet.
    Das Bild kam Herbert bekannt vor. Natürlich, Dutzende industrieller Anlagen gab es, die so aussahen, aber er mußte das Bild trotzdem erst kürzlich gesehen haben, sogar an die Farbanordnung konnte er sich erinnern; Moment, Farben? Irgend etwas aus der Ingenieurpsychologie? Nein.
    Eine der Gestalten richtete sich jetzt auf und sagte: „Gruppe drei aus der Betachemie. Alle Indikatoren ohne Befund.“
    Betachemie? Ach, na klar, das war es – hier wurde ja das Betalon hergestellt, der neue Industrieplast, der Wiebke so viele Sorgen machte.
    Der Leiter der Kontrolle drehte sich um, hielt zwei Finger hoch und sah den Direktor fragend an. Der nickte.
    „Gruppe drei, installieren Sie zusätzliche Indikatoren der Stufe zwei und schließen Sie sie an das zentrale Netz an. Nach Abschluß Vollzugsmeldung. Ende der Alarmstufe für alle drei Kontrollpunkte.“
    Ein Griff, der Bildschirm erlosch.
    Der Mann stand auf und meldete dem Direktor. „Alle Untersuchungen negativ. Wir kontrollieren jetzt noch die Autoprotokolle der letzten vier Tage.“
    „In Ordnung“, sagte der Direktor, „ich bin in meinem Zimmer.“
    Der Kontrollierende nahm wieder Platz, und der Direktor winkte Herbert, ihm zu folgen. „Es hätte mich auch gewundert“, sagte er auf dem Gang, „ein Kernkraftwerk ist heutzutage umweltfreundlicher als eine Autoreparaturwerkstatt.“
    Herbert folgte ihm schweigend. Die Gründlichkeit der Untersuchung, die Bereitwilligkeit, mit der der Direktor auf seinen Anruf eingegangen war, das alles hatte ihn beeindruckt. Aber andererseits konnte es doch kein Zufall sein, daß alle drei Fälle von hier kamen.
    Sie bestiegen einen Schienenwagen, fuhren durch Tunnels, betraten einen Aufzug und standen schließlich im Zimmer des Direktors. Herbert hatte nicht viel von seiner Umgebung bemerkt. Und all sein Grübeln half nichts – er wußte zuwenig, er verstand weder etwas von Krankheiten noch von Kernkraftwerken. „Sie betrachten die Sache damit als abgeschlossen?“ fragte er. „Nein, nein“, sagte der Direktor lebhaft, „das Ergebnis bestätigt zwar meine Ansicht, aber es beweist noch nichts. Es sind ja auch Faktoren denkbar, die von einer Routinekontrolle nicht erfaßt werden.“ Und dann sprach er das aus, was Herbert vorhin gedacht hatte: „Drei Fälle in unserem Werk, und fast gleichzeitig – das kann man nicht so abtun. Wenn die Protokolle ebenfalls nichts ergeben, müssen wir uns etwas einfallen lassen.“
    Der Direktor war gerade dabei, sich in seinen Sessel zu setzen und Herbert mit einer Handbewegung einen Platz anzubieten, da leuchtete auf dem Arbeitstisch eine rote Lampe auf. Er erstarrte mitten in der Bewegung. Dann drückte er hastig einen Knopf. Ein Vorhang, der eine ganze Wand bedeckte, glitt beiseite und gab einen riesigen Bildschirm frei, auf dem eine stilisierte Darstellung offenbar des ganzen Werkes erschien. Ein kleines Quadrat flackerte rot, dann grün, dann wieder rot.
    „Jetzt wird's verrückt“, sagte der Direktor leise, und dann, etwas lauter: „Alarm in Sektor K siebzehn, Mensch in Gefahr, kommen Sie!“
     
    Dr. Monika Baatz, Mitarbeiterin des Ministeriums für Gesundheitswesen, Mitglied des Kollegiums, erhielt den Anruf des Ministers kurz vor drei Uhr. Sie war nicht erbaut über die Störung, aber sie erregte sich auch nicht darüber. Es gehörte seit alters her zur Arbeit und zum Leben eines Arztes, daß er Tag und Nacht bereit sein mußte. Und Ärztin war sie geblieben, trotz aller Verwaltungsarbeit, und sie konnte sich sogar schmeicheln, in Fachkreisen nicht unbekannt zu sein. Einige klassische Gehirnoperationen, die sie geleitet hatte, gehörten heute zum Lehrmaterial der einschlägigen Ausbildungsstätten in aller Welt. Dabei war sie noch nicht einmal Fünfzig, die

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