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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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streckte sich und suchte das Halbdunkel nach einem Schalter ab. Er brauchte eine Sekunde, dann fand er einen für die Lichtleiste an der Decke. Er drückte ihn, und um sie wurde es hell, so dass sie beide sehen konnten, was Clayton schon begriffen hatte: Das Haus stand leer – keine Menschen, keine Möbel, keine Teppiche, keine Gardinen, kein Leben.
    Martin machte ein paar tastende Schritte nach vorn, und seine Sohlen auf dem Holz hallten durch die Räume so wie zuvor das Geräusch seiner Waffe.
    »Ich kapier das nicht«, meinte er.
    Jeffrey antwortete nicht, sondern dachte nur: Nun ja, Detective, hast du wirklich gedacht, er macht es dir so leicht? Ein bisschen Computer-Magie und Bingo! Von wegen!
    Die beiden Männer traten in ein leeres Wohnzimmer. Hinter ihnen hörten sie das Lärmen des Sonderkommandos, das sich in der Diele versammelte. Der Leiter des Teams kam herein.
    »Nichts, wie?«
    »Bis jetzt nicht«, antwortete Martin. »Aber ich möchte, dass ihr dieses ganze Haus auf den Kopf stellt und rausfindet, ob kürzlich jemand hier gewesen ist.«
    »Rot eins«, grinste der Mann im Anzug. »Klar doch.«
    Martin funkelte ihn böse an, doch der Kommandoleiter ignorierte ihn.
    »Ich blas die Verstärkung ab. Sag ihnen, sie können wieder auf ihre Posten zurück.«
    »Danke«, sagte Martin, »verdammt.«
    Jeffrey ging langsam durch den leeren Raum. Irgendetwas muss hier sein, dachte er. Irgendetwas will er uns sagen mit diesem Haus. Diese Leere hat genauso viel zu bedeuten wie irgendetwas anderes. Hauptsache, man kann sie richtig interpretieren. Während er darüber nachgrübelte, hörte er Stimmen in der Diele. Er drehte sich um und sah, dass Martin mittenim Zimmer stand. Die Maschinenpistole baumelte an seiner Seite, sein Gesicht war rot vor Zorn. Der Detective setzte gerade an, um etwas zu sagen, als der Chef des Einsatzkommandos den Kopf zur Tür hereinsteckte.
    »Hey, wollen Sie mit einem der Nachbarn reden? Die machen sich gerade in der Einfahrt breit, um zu sehen, was die ganze Aufregung soll.«
    »Ja, ich«, beeilte sich Jeffrey und schritt an Martin vorbei, der verächtlich schnaubte und ihm zum Eingang folgte.
    Ein Mann im mittleren Alter, in Khakihose zu violettem Kaschmirpulli, einen aufgeregt kläffenden Terrier zu seinen Füßen, unterhielt sich mit zwei der Agenten. Eine der Frauen schnallte gerade die kugelsichere Weste ab und rief, als sie Martin sah: »Hey, das wollen Sie sicher hören.«
    Der Detective trat vor. »Was wissen Sie über den Eigentümer dieses Hauses?«
    Der Nachbar drehte sich um und versuchte vergeblich, den Hund zu beruhigen. »Das gehört keinem«, berichtete er. »Ist seit fast zwei Jahren auf dem Markt.«
    »Zwei Jahre? Das ist eine lange Zeit.«
    Der Mann nickte. »Die übliche Frist ist ein halbes Jahr, maximal acht Monate. Ist ein wirklich schönes Viertel, es wurde sogar schon mal in der
Post
vorgestellt, kurz nach Fertigstellung. Richtig gut geplant, tolle Anbindung ans Stadtzentrum, richtig gute Schulen.«
    Jeffrey gesellte sich dazu. »Aber mit diesem Haus ist es anders. Wieso?«
    Der Nachbar zog die Schultern hoch. »Ich glaube, die Leute denken, es bringt Unglück. Sie wissen ja, wie abergläubisch die Menschen sein können. Die Zahl dreizehn und so. Ich hab vorgeschlagen, einfach die Nummer zu ändern.«
    »Unglück? Inwiefern?«
    Der Mann nickte. »Ich weiß nicht, ob Unglück das richtige Wort ist, es spukt hier nicht oder so. Weckt einfach nur schlechte Assoziationen. Und ich sehe nicht ein, wieso wir alle für einen einzigen kleinen Vorfall büßen sollen.«
    »Was für ein kleiner Vorfall?«, hakte Jeffrey nach.
    »Die Kleine, die hier verschwunden ist. Stand in der Zeitung.«
    »Erzählen Sie.«
    Der Mann seufzte, ruckte an der Leine, als der Hund einem der Polizisten das Bein beschnüffeln wollte, und zuckte die Achseln.
    »Die Familie, die hier gewohnt hat, na ja, nach der Tragödie sind sie weggezogen. So was spricht sich rum, schreckt die Leute ab. Gibt zu viele andere wirklich schöne Häuser einen Block weiter oder drüben in Evergreen. Die wollen keins kaufen, an dem eine böse Geschichte hängt.«
    »Was für eine böse Geschichte?«
    »Robinson hießen die. Nette Familie.«
    »Bestimmt. Und?«
    »Die Kleine ist eines späten Nachmittags noch einmal rausgegangen, kurz vor dem Abendessen. Wir liegen hier am Rand eines richtig großen Naturschutzgebiets. Eine Menge Wald und Tiere in freier Wildbahn. Vierzehn Jahre alt, die Kleine, man sollte meinen, sie

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