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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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»meinen Sie, die ist mit ’ner Bombe verbunden? Vielleicht sollten wir die Sprengstoffexperten holen.«
    Clayton schüttelte den Kopf. »Nein, die hat er gebraucht, um dieses Ding zu aktivieren, so dass es die Mail automatisch verschickt, nachdem er längst über alle Berge ist. Trotzdem sollten wir den Computer der Spurensuche überlassen, damit sie ihn auf Fingerabdrücke untersucht. Und auch diese ganze Umgebung. Sie werden nichts finden, aber wir sollten es trotzdem versuchen.«
    »Aber wieso lässt er ihn hier stehen, wo wir ihn finden können? Ich meine, er hätte Ihnen seine Nachricht von irgendeiner öffentlichen Stelle schicken können.«
    Jeffrey betrachtete die Schaltuhr. »Das ist Teil derselben Botschaft, nehme ich an«, erwiderte er, auch wenn er in Wahrheit gar nichts annahm. Die Wahl dieses Ortes war sehr durchdacht, und er hatte eine ziemlich konkrete Ahnung, worin die Nachricht bestand. Sein Vater war schon einmal hier gewesen, vielleicht nicht im Haus, aber ganz bestimmt davor. Unter den wilden Tieren, die am Verschwinden des Kindes schuldsein sollten, dachte er sarkastisch. Er muss das unglaublich komisch gefunden haben. Jeffrey wurde bewusst, dass viele Mörder, mit denen er im Lauf der Jahre zu tun bekommen hatte, die Vorstellung höchst amüsant gefunden hätten, dass sich die Behörden des Einundfünfzigsten Bundesstaates mehr als der Mörder selbst darum bemühten, dessen Taten zu verschleiern. Er atmete langsam aus. Jeder Mörder, mit dem er sich im Lauf seines Berufslebens auseinandergesetzt hatte, wäre von dieser Ironie entzückt gewesen. Die Eiskalten, die Berechnenden und die Impulsiven. Sie hätten sich bei dem Irrwitz ausnahmslos schlappgelacht, sich die Schenkel geklopft, Seitenstiche bekommen.
    Er starrte auf den kleinen Bildschirm und betrachtete die ständig wechselnden Formen. Manche Mörder sind so, dachte er frustriert. Wenn sie vor deinem geistigen Auge gerade Kontur und Farbe annehmen, verändern sie sich, und nur gerade so viel, dass du von vorn anfangen kannst. In einem Anflug von Ärger drückte er die Enter-Taste, um endlich die irritierenden, wirbelnden Muster loszuwerden. Die geometrischen Formen verschwanden augenblicklich, und an ihrer Stelle erschien ein schwarzes Feld mit einer einzigen Nachricht, die gelb aufblitzte:
    Guck-guck.
Hältst du mich für blöd?

14. KAPITEL
Eine interessante historische Figur
     
    Ein weiteres Mal führte Agent Martin Clayton durch das nüchterne Labyrinth der Bürokabinen im Hauptquartier der Staatssicherheit des Einundfünfzigsten Bundesstaats. Ihr Erscheinen sorgte für einigen Wirbel; die Leute, die an ihren Schreibtischen saßen und telefonierten oder auf ihre Monitore blickten, hielten in dem, was sie gerade machten, inne und sahen den beiden Männern hinterher, so dass sie eine Woge plötzlicher Stille begleitete. Jeffrey vermutete, dass der Fehlschlag ihrer Razzia in dem leeren Haus sich schon herumgesprochen hatte. Vielleicht hatten die Leute auch inzwischen erfahren, weshalb er wirklich im neuen Staat war, was ihn, wenn schon nicht gerade zu einer Berühmtheit, so doch zumindest interessant machte. Er spürte die Augen in seinem Rücken.
    Die Sekretärin, die den Eingang zur Direktorensuite bewachte, sagte nichts, sondern winkte sie durch.
    Wie beim letzten Mal saß Martins Vorgesetzter hinter seinem Schreibtisch und wiegte sich leicht auf seinem Stuhl. Er hatte die Ellbogen auf die glänzende Holzfläche gestützt, die Fingerspitzen zusammengelegt und den Oberkörper vorgebeugt, was ihm auch diesmal ein raubtierartiges Erscheinungsbild verlieh. Rechts von Jeffrey saßen auf dem Sofa die beiden anderenMänner ihres ersten Treffens: der ältere, kahlköpfige Mann, beim letzten Mal Bundy genannt, der seine Krawatte gelockert hatte und dessen Anzug ein wenig zerknittert wirkte, als hätte er auf der Couch geschlafen; und der wie aus dem Ei gepellte jüngere Mann aus dem Büro des Gouverneurs, dem Jeffrey den Spitznamen Starkweather verpasst hatte. Der Jüngere wich seinem Blick aus, als er hereinkam.
    »Guten Morgen, Professor«, begrüßte ihn der Direktor.
    »Guten Morgen, Mr. Manson«, erwiderte Jeffrey.
    »Hatten Sie schon einen Kaffee? Etwas zu essen?«
    »Danke, alles bestens«, lehnte Jeffrey ab.
    »Gut, dann können wir also gleich zur Sache kommen.« Manson wies auf die beiden Stühle, die vor dem breiten Mahagonischreibtisch standen, und lud sie wie beim letzten Mal mit einer stummen Geste ein, Platz zu nehmen.

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