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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Zucken verzog. Dann wandte er sich an Susan.
    »Wer sind Sie?«
    »Meine Assistentin«, antwortete Jeffrey hastig.
    Der Mörder zögerte und hörte die Lüge aus der allzu schnellen Antwort heraus. »Ich glaube, nicht, Jeffrey. Sie hat deine Augen. Kalte Augen. Ein wenig wie meine, wage ich zu behaupten. Da bekommt man ja so richtig das Zittern und Zagen und möchte sich in ein Loch verkriechen. Auch ein bisschen was von deinem Kinn, aber das Kinn sagt nur etwas über Sturheit und Ausdauer aus, im Unterschied zu den Augen, die erzählen mir, was in der Seele vor sich geht. Oh, ich sehe eine klare Ähnlichkeit. Wer auch nur die geringste Beobachtungsgabe hat, sieht das auf Anhieb. Und meine ist, wie Sie zweifellos wissen, Professor, überaus scharf.«
    »Das ist meine Schwester Susan.«
    Der Killer lächelte. »Hallo, Susan. Ich bin David Hart. Es ist uns nicht gestattet, jemandem die Hand zu schütteln, das wäre ein Verstoß gegen die Regeln, aber Sie können mich Davidnennen. Ihr Bruder andererseits, dieser Lügner, dieses Abschaum schlürfende Schwein, muss mich mit Mr. Hart anreden.«
    »Hallo, David«, sagte Susan ruhig.
    »Nett, Sie kennenzulernen, Susan«, wiederholte der Mörder und fügte einen kleinen Singsang hinzu, der den Raum erfüllte. »Susan, Susie, Susie-Q. Was für ein hübscher Name. Sagen Sie, Susan, sind Sie eine Hure?«
    »Wie bitte?«
    »Ach, Sie wissen schon«, fuhr der Mörder fort, »eine Prostituierte. Ein Straßenmädchen, eine Frau für gewisse Stunden oder ein leichtes Mädchen. Eine Dirne, ein Flittchen, eine Schlampe. Eine Frau, die dafür bezahlt wird, den Männern die Reinheit auszusaugen. Die ihnen ihre Lebensflüssigkeit stiehlt. Ein dreckiges Stück Scheiße, das Krankheiten überträgt und einen nur anwidern kann. Ein Parasit. Eine Küchenschabe. Sagen Sie, Susan, sind Sie das?«
    »Nein.«
    »Was sind Sie dann?«
    »Ich erfinde Spiele.«
    »Was für Spiele?«
    »Wortspiele, Rätsel. Anagramme. Kreuzworträtsel.«
    Der Mörder überlegte einen Moment. »Das ist interessant«, meinte er. »Demnach sind Sie keine Hure?«
    »Nein.«
    »Huren habe ich nämlich gerne getötet. Ich habe sie aufgeschlitzt, vom …« Er unterbrach sich und lächelte. »Aber das hat Ihnen Ihr Bruder vermutlich erzählt.«
    »Ja.«
    David Harts Augenbraue schoss wieder hoch, und sein Gesicht verzog sich zu einem eigentümlich schiefen Lächeln. »Er ist eine Hure, und ich würde ihn am liebsten in zwei Hälftenzerteilen. Das würde mir eine große Befriedigung verschaffen.«
    Der Mörder schwieg und hüstelte kurz, bevor er hinzufügte: »Ach, zum Teufel, Susie, wahrscheinlich würde ich Sie auch am liebsten von der Muschi bis zum Kinn aufschlitzen. Wozu Ihnen etwas vormachen? Sie aufzuschneiden wäre mir ein Vergnügen. Ihren Bruder zu bearbeiten, na ja, das wäre eher eine geschäftliche Angelegenheit. Eine Pflichtübung. Um eine Schuld zu begleichen.«
    Er wandte sich an Jeffrey. »Also, Professor, was führt Sie her?«
    »Ich bräuchte Ihre Hilfe. Wir beide.«
    Der Mörder schüttelte den Kopf. »Sie können mich mal, Professor. Interview beendet. Gibt nichts mehr zu sagen.«
    Hart erhob sich halb auf seinem Stuhl und deutete zugleich mit seiner gefesselten Hand in Richtung eines Spiegels an einer Wand. Es war offensichtlich ein Einwegspiegel, hinter dem das Gespräch von Gefängnispersonal beobachtet wurde.
    Jeffrey rührte sich nicht. »Vor gar nicht langer Zeit haben Sie einem Gefängnisreporter gesagt, Sie wollten mich umbringen, weil ich derjenige bin, der Sie gefunden hat. Sie haben ihm erklärt, wenn ich nicht gewesen wäre, dann hätte die Stadt jetzt keine einzige Hure mehr. Und wegen mir seien noch Dutzende übrig, die ungestraft ihrem Gewerbe nachgingen, und Sie hätten Ihre Arbeit nie zu Ende bringen können … und dafür – dafür, dass ich mich zwischen Sie und Ihr Verlangen gestellt habe, hätte ich den Tod verdient.« Jeffrey schwieg und beobachtete, welche Wirkung seine Worte auf den Mörder hatten. »Nun, Mr. Hart, dies ist Ihre einzige und letzte Chance.«
    Einen Moment lang schwebte der Hintern des Mörders überseinem Sitz. »Meine Chance, Sie zu töten?« Hart hielt die gefesselte Hand hoch und rasselte mit den Ketten. »Eine wunderbare Idee. Und wie, bitte schön?«
    »Das hier ist eine Gelegenheit für Sie.«
    Der Mörder blieb stumm. Lächelte. Setzte sich. »Ich werde es mir anhören. Ein paar Sekunden lang. Ihrer reizenden Schwester zuliebe. Sind Sie sicher, dass Sie keine

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