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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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gefallen.«
    Er schwieg eine Weile. Dann legte er die Waffe vor sich auf die Kante des Schreibtischs.
    »Ich fuchtele nie mit Messern herum«, sprach er weiter. »Zu verführerisch. Ist es dir noch nie so gegangen?«
    »Nein.«
    »Und du hättest keine Zweifel? Du würdest nicht zögern?«
    »Nein …«, erwiderte sie mit weniger Nachdruck. »Andererseits habe ich es noch nie von dieser Warte aus gesehen.«
    Jeffrey nickte. »Macht einen nachdenklich, oder?«
    »Ein bisschen.«
    »Susie, wenn es dazu kommt, zögere nicht. Schieße. Warte nicht auf mich. Erwarte nicht von mir, dass ich handle. Erwarte nicht, dass ich entschlossen bin. Du bist von uns beiden immer die Draufgängerin gewesen …«
    »Sicher«, fuhr sie sarkastisch dazwischen. »Diejenige, die mit Mom zu Hause geblieben ist, während du in die große weite Welt hinausgezogen bist und etwas aus dir gemacht hast …«
    »Trotzdem ist es so. War es schon immer. Du warst diejenige, die Risiken eingeht. Ich war Herr Studiosus. Mr. Arbeitsbiene. Bücherwurm und sonst kein Leben. Zähle nicht auf mich, wenn Action gefragt ist. Du übernimmst. Verstehst du, was ich dir sagen will?«
    Susan nickte. »Natürlich.«
    Doch innerlich hatte sie Zweifel.
    Sie schwiegen, bis Jeffrey sich auf seinem Sitz wieder zum Com putermonitor umdrehte.
    »Also«, sagte er in einem scharfen Ton, der nach Entschlossenheit klang. »Dann schauen wir mal, ob all diese Vorschriften und Verordnungen, Verträge und Verbote, die es in dieser brandneuen Welt von morgen gibt, uns tatsächlich dabei helfen, ihn zu finden.«
    Er tippte ein paar Tasten, und wenig später erschienen die Worte auf dem Monitor: Baugenehmigungen/Einundfünfzigster BUNDESSTAAT.
    Die Baupläne durchzusehen war ein mühseliges Geschäft. Sie beschränkten sich auf Häuser, die in blauen Wohngebieten errichtet worden waren, da sie davon ausgingen, dass Eigenheime in weniger privilegierten Vierteln nicht im selben Maße Privatsphäre boten. Allerdings konnten sie mit der Vermutung auch falsch liegen; denn Jeffrey konnte durchaus die Befriedigung nachempfinden, die der Mörder wahrscheinlich dabei empfand, wenn er seine Taten in gefährlicher Nähe zu Nachbarn beging. Die Literatur über Mord war, wie er seiner Schwester erzählte, voller Beispiele von Nachbarn, die aus einem Haus ganz in der Nähe herzzerreißende Schreie gehört hatten, sie aber ignorierten oder einer harmlosen, wenn auch eher unglaubwürdigen Quelle wie Hunden und Katzen zuschrieben. Das Abgeschirmtsein, erklärte er, musste nicht unbedingt physisch, sondern konnte auch psychisch begründet sein. Doch da sie seit Jeffreys Reise nach New Jersey wussten, dass ihr Vater über viel Geld verfügte, hielten sie sich an die nach den Wünschen der Bauherren geplanten Häuser der teuersten Kategorie.
    Per Computer kamen sie an die Unterlagen und Pläne zu jeder freistehenden Villa oder jedem Reihenhaus, jeder Wohnanlage, jedem Einkaufszentrum, jeder Kirche, Schule, Sporthalle und jeder Station der Staatssicherheit innerhalb des ganzen Territoriums. Darüber hinaus waren die Pläne zu jedem älteren Haus gespeichert, das nach der Einverleibung fertiger Wohngebiete in den neuen Staat aufgrund von behördlichen Auflagen umgebaut worden war. Mit dieser Kategorie hielt sich Jeffrey nicht lange auf; er ging eher davon aus, dass sein Vater mit einem präzisen Plan im Einundfünfzigsten Bundesstaat eingetroffen war und diesen seinen Vorstellungen entsprechend umsetzen wollte. Es wird ein neues Haus sein, sagte er sich, aus den frühesten Entstehungsjahren desneuen Territoriums, als die Kräfte von Geld und Sicherheit zusammentrafen, um das neue Gebilde zu schaffen.
    Das Problem war nur, dass es knapp viertausend Eigenheime der obersten Kategorie im neuen Bundesstaat gab. Nachdem sie sämtliche Häuser ausgeschlossen hatten, die nach dem Verschwinden des ersten jungen Opfers errichtet worden waren, konnten sie diese Zahl auf sieben- bis achthundert reduzieren.
    Für Jeffrey entbehrte das nicht der Ironie. Ihr Vater war ein Mann, der Planung und Spontaneität vereinte. Er war anpassungsfähig und doch unbeirrbar.
    Er wird hier erst getötet haben, nachdem alles fertig war, überlegte Jeffrey. Nachdem er die Sicherheitskriterien in seinem Plan zu seiner vollen Zufriedenheit verwirklicht hatte. Er wird sich auch ein umfassendes Wissen über den Staat und seine Funktionsweise angeeignet haben. Die Vorbereitungen zu einem Mord sind vermutlich fast genauso fesselnd und

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