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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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fünfundfünfzig und in Verbindung mit dieser Schule.«
    »Vielleicht wird das ja leicht. Rufen Sie die Fotos der Männer nacheinander auf.«
    »Sie meinen …?«
    »Nein, tue ich nicht. Aber stellen Sie sich mal vor, wie dämlichwir dastehen würden, wenn wir das Nächstliegende versäumt hätten. Die Antwort auf Ihre Frage, die Sie noch nicht gestellt haben, lautet, nein, ich glaube nicht, dass ich meinen Vater nach fünfundzwanzig Jahren wiedererkennen würde. Aber es wäre immerhin möglich. Ich weiß es nicht. Eins zu einer Million? Zumindest ist es den Versuch wert.«
    Der Detective brummte etwas und drückte ein paar Tasten. Ein Bild nach dem anderen erschien auf dem Monitor, die dazu gehörigen Informationen kamen gleich mit.
    Einen Moment lang war Jeffrey fasziniert.
    Das war der ultimative Voyeurismus, dachte er.
    Einzelheiten über das Leben anderer Menschen, die in elektronischer Farbe auf dem Computerbildschirm aufleuchteten. Ein stellvertretender Schuldirektor hatte sich vor über zehn Jahren scheiden lassen, dabei war viel schmutzige Wäsche gewaschen worden, seine Exfrau hatte ihn wegen Missbrauchs verklagt, was jedoch als unbegründet zurückgewiesen worden war; der Footballtrainer der Uni hatte versäumt, bei der Steuer den Erlös aus einem Aktientransfer anzugeben und war beim Finanzamt aufgeflogen. Ein Sozialwissenschaftler hatte ein Alkoholproblem, das heißt, seine drei Verurteilungen wegen Trunkenheit am Steuer etwa ein halbes Dutzend Jahre zuvor ließen darauf schließen, und er hatte eine Entziehungskur gemacht.
    Doch die Biographen gingen noch weiter und machten auch vor Informationen aus dem Umfeld nicht halt – der Englischlehrer, dessen Schwester wegen Schizophrenie eingewiesen worden war, der Leiter der Hausmeisterei, dessen Bruder an Aids gestorben war. Detail um Detail leuchtete auf dem Bildschirm auf.
    Jede Biographie wurde durch ein Porträtfoto von vorne und im Profil ergänzt, dazu kam der vollständige Krankenstatus.
    Herz-, Nieren-, Leberprobleme, in knappem Medizinerjargon zusammengefasst. Doch Jeffreys Interesse galt den Fotos der Zielpersonen.
    Er sah sie sich aufmerksam an, begutachtete die Länge der Nase, den Winkel des Kinns und den ganzen Aufbau jedes einzelnen Gesichts, um es mit dem Bild zu vergleichen, das er seit seiner Kindheit in einem hintersten Bewusstseinswinkel abgespeichert hatte.
    Jeffrey ertappte sich dabei, dass er flach und langsam atmete. Er mahnte sich zur Ruhe und atmete durch leicht geschürzte Lippen aus. Er staunte über seine Erleichterung.
    »Nein, nichts. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste.«
    Er rieb sich die Augenbrauen.
    »Niemand, der auch nur die geringste Ähnlichkeit mit ihm hätte.«
    Der Detective nickte. »Wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein.«
    »Bin mir eh nicht sicher, ob ich ihn erkennen würde.«
    »Wetten, dass?«
    »Meinen Sie? Ich glaube nicht. Fünfundzwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Der Mensch ändert sich. Er kann verändert werden.«
    Martin ließ sich mit der Antwort Zeit. Er starrte das letzte Bild auf dem Monitor an. Es handelte sich dabei um einen weißhaarigen Mann aus einer Schulverwaltung, dessen Eltern als Teenager bei einer Antikriegsdemonstration verhaftet worden waren.
    »Nein. Sie werden sich erinnern«, meinte der Agent. »Sie werden es vielleicht nicht wollen, aber Sie können nichts daran ändern. Ich ebenfalls. Er weiß es noch nicht, stimmt’s? Aber es gibt jetzt zwei Menschen in diesem Bundesstaat, die sein Gesicht gesehen haben und denen er nichts vormachenkann. Wir müssen es nur schaffen, dieses Bild auf diesen Monitor zu bekommen, und die Sache läuft.«
    Der Detective drehte sich von seinem Computer weg. »Also, was kommt als Nächstes, Professor?« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Wollen Sie sich die Bilder jedes weißen Mannes in diesem Territorium ansehen, der über fünfundfünfzig ist? Wären nicht mehr als ein paar Millionen. Wäre machbar.«
    Jeffrey schüttelte den Kopf.
    »Dachte ich mir«, erwiderte Martin. »Also, was dann?«
    Jeffrey überlegte, dann sagte er in leisem, aber klirrend hartem Ton: »Auch wenn es dämlich klingen mag, Detective, möchte ich Sie etwas fragen. Wenn Sie sich so verdammt sicher sind, dass mein Vater all diese Verbrechen begangen hat, was haben Sie dann bisher getan, um ihn ausfindig zu machen? Ich meine, welche Schritte haben Sie unternommen? Er muss bei Ihrer Einwanderungsbehörde gemeldet sein, richtig? Sie haben sich so verdammt schlau

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