Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
vertrieb er sich die Zeit damit, die maskierten Besucher zu beobachten. Sie bewegten sich anmutig im Rhythmus eines komplizierten Tanzes, umstanden in kleinen Gruppen das Büfett oder tauschten den neuesten Klatsch aus. Harald hatte das Gefühl, es gäbe trotz des Maskenzwangs eine unübersehbare Hackordnung. Die Hochadligen hatten ihre eigenen, stark stilisierten Masken, an deren Einzelheiten man mit einigem Scharfsinn erkennen konnte, wer sich dahinter verbarg. Der niedere Adel trug die wilden, bizarren Masken, als müsse man wenn schon nicht durch Herkunft, so wenigstens durch Originalität glänzen. Die Kaufleute und Militärs begnügten sich mit den schlichten, schwarzen Dominomasken, die Fürst Darius zur Verfügung gestellt hatte.
Direkt Harald gegenüber steckten drei Männer ohne Masken die Köpfe zusammen. Harald nickte ihnen zu. Die Landgrafen erwiderten den Gruß, trafen aber keine Anstalten, sich zu ihm zu gesellen. Harald runzelte die Stirn und versuchte, zumindest Blickkontakt herzustellen. Blays starrte ruhig zurück, Guillam wackelte mit dem Kopf und lächelte einfältig, und Bedivere … unwillkürlich durchlief Harald ein Schauder, als er sich vergeblich bemühte, einen Blick aus diesen kalten, dunklen Augen zu erhaschen. Er wusste jetzt ohne jeden Zweifel, dass Landgraf Bedivere ihn bei jener Begegnung im Audienzsaal mit Leichtigkeit besiegt hätte, wenn er sich auf einen Kampf eingelassen hätte. Harald starrte düster in sein leeres Glas. Er hatte die Kränkung, die Bedivere seinem Vater zugefügt hatte, weder vergessen noch vergeben, aber er schwor sich, in Zukunft mehr Verstand zu zeigen, als den Landgrafen zu einem Duell herauszufordern. Den Mann musste man mit einem Dolchstoß von hinten oder mit zermahlenen Glassplittern im Wein ausmerzen.
„Willkommen zum Fest“, sagte eine eiskalte Stimme, und als Harald aufschaute, sah er sich einer schwarzweißen Harlekinmaske gegenüber. Der Rosenknospenmund lächelte, aber die wasserblauen Augen hinter der Maske verrieten keine Spur von Wärme.
„Diese Stimme kenne ich“, brummte Harald. „Fürst Vivian, nicht? Ihr befehligt während der Abwesenheit des Ersten Ritters die Wachmannschaften auf der Burg.“
Fürst Vivian griff nach der Maske und nahm sie vorsichtig ab. Dahinter kam ein dürres, grobknochiges Gesicht zum Vorschein, umrahmt von einer dichten silbergrauen Haarmähne und so fahl, dass es fast farblos wirkte. Die Züge verrieten eine furchterregende Beherrschtheit und Kraft, aber die Augen funkelten hart und unerbittlich. Die Augen eines Eiferers. Sein Körperbau war eher mager und sehnig als muskulös, aber die knappen Bewegungen zeigten eine tödliche Energie, und Harald fiel auf, dass Vivians Rechte nie weit von seinem Schwertgriff entfernt war.
„Ich befehlige die Burgtruppen“, sagte Fürst Vivian langsam. „Jetzt und immer, mein König.“
„Noch bin ich nicht König“, sagte Harald.
„Ihr werdet es sein“, erklärte Vivian. „Der Erste Ritter kommt nicht zurück. Sein Kadaver verrottet irgendwo im Düsterwald. Ich spreche jetzt für die Wachen, und jeder Bewaffnete auf der Burg folgt meinen Anweisungen. Wenn wir auf Eurer Seite stehen, wird niemand es wagen, Euren Thronanspruch in Zweifel zu ziehen.“
„In der Tat“, sagte Harald. „Aber weshalb wollt Ihr mich und nicht meinen Vater unterstützen? Ihr habt ihm einen Treueid geschworen, bei Eurem Leben und Eurer Ehre.“
„Das war vor der Ausbreitung des Düsterwalds“, antwortete Vivian knapp. „Mein Eid, das Land zu schützen, hat Vorrang vor allen anderen. Meine Treue gilt dem Thron, nicht dem König. Der Wald ist in Gefahr, und Euer Vater hat nicht mehr die Kraft zu tun, was getan werden muss.“
Harald zog eine Braue hoch. „Ich vermute, Ihr knüpft Eure Hilfe an eine Bedingung.“
Vivian schmunzelte kalt. „Tretet dem Feind entgegen, Hoheit! Vereinigt alle Wachmannschaften und Soldaten zu einem großen Heer und nehmt den Kampf gegen die Finsternis auf! Unter meinem Kommando werden sie die Dämonen töten und in die Flucht schlagen.“
„Was dann?“, fragte Harald.
„Dann werden meine Truppen eine Mauer aus Feuer zwischen uns und den Dämonen errichten; ein helles, sengendes Flammenmeer, das die ekelhaften Kreaturen in das Dunkel zurücktreibt, aus dem sie gekommen sind.“
„Selbst wenn wir annehmen, dass eine solche Taktik Erfolg hat“, entgegnete Harald nachdenklich, „werden dabei vermutlich Hunderte von Grenzhöfen ein Raub der
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