Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
die Verfolger auf.“
Darius versuchte, seine Leibesfülle durch den Spalt zwischen Wand und Bücherregal zu quetschen. Cecelia drängte sich weinend an ihn und umklammerte trostsuchend seinen Arm. Darius wollte sie abschütteln, aber sie ließ nicht los, und zu zweit kamen sie nicht durch die schmale Öffnung. Von draußen näherten sich immer lauter Schritte, und dann tauchte der erste Wachsoldat an der Tür auf, dicht gefolgt von einem Dutzend seiner Gefährten. Gregory trat ihnen in den Weg. Das Schwert in seiner Hand bebte, aber in seinen Augen las Julia die grimmige Entschlossenheit, sein Leben möglichst teuer zu verkaufen.
Er sah seine Gegner herablassend an und drehte sich noch einmal nach Cecelia um. Im gleichen Augenblick zog Darius einen Dolch aus dem Ärmel und stach damit auf Cecelia ein, bis sie seinen Arm losließ und zusammensank. Gregory schrie ihren Namen, warf das Schwert weg und lief auf die tote Frau zu, während Darius hinter der Bücherwand verschwand und die Tür sich langsam wieder schloss. Als die Wachen sie erreichten, war der Spalt bereits so schmal, dass sie ihn nicht mehr passieren konnten. Sie konnten nicht einmal verhindern, dass die Geheimtür zuschnappte.
Julia ging langsam auf Gregory zu, das Schwert abwehrbereit erhoben, aber er saß völlig reglos auf dem Boden und hielt Cecelia an sich gedrückt. Ihre Augen starrten ins Leere, und das Blut, das aus ihrem zerrissenen Mieder quoll, tränkte Gregorys Uniform. Er sah zu Julia auf, und ihr wurde schlecht, als sie sah, dass der junge Gardeoffizier weinte.
„Das war nicht nötig“, sagte Gregory. „Nicht nötig. Cecelia? Cecelia, Liebes?“
Julia steckte ihr Schwert in die Scheide. „Kommt“, sagte sie schroff. „Ihr könn t nichts mehr für sie tun.“
„Cecelia?“
„Sie ist tot.“
Er hörte sie nicht. Er saß da und redete flüsternd auf Cecelia ein, als müsse er ein Kind in den Schlaf wiegen. Die Glöckchen an ihrem Kleid klingelten bei jeder Bewegung. Tränen liefen Gregory über die Wangen, und er sah und hörte nichts von dem Geschehen um ihn herum, gar nichts.
Das knisternde Feuer verbreitete Wärme und Trost, aber Julia war sogar zu erschöpft, um die Hände über die Flammen zu halten. Auf dem kurzen Weg zu den Privatgemächern König Johns hatte sie eine bleierne Müdigkeit ergriffen. Ein stumpfer, beharrlicher Schmerz pochte in ihren Rücken- und Beinmuskeln, und es fiel ihr schwer, die Augen offen zu halten.
Julia setzte sich aufrecht in den harten, abgenutzten Lehnsessel und kämpfte gegen den Schlaf an. Es wäre schön gewesen, sich einfach zurückzulehnen und vor dem Kaminfeuer einzudösen, aber noch war der lange, aufreibende Tag nicht zu Ende.
Sie gähnte hinter vorgehaltener Hand, und Harald, der ihr gegenübersaß, lächelte mitfühlend. Im Gegensatz zu Julia lümmelte er zusammengesunken in seinem Ohrensessel, die langen Beine auf einem Schemel, und streckte die Zehen dem wärmenden Feuer entgegen. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe der Erschöpfung, die ihm ein gedankenvolles, zerstreutes Aussehen verliehen. Sein schiefes Lächeln verriet, dass er gern seinem Stolz über sich selbst Ausdruck verliehen hätte, aber viel zu müde war, um sich die Mühe zu machen. Ein Glas mit gewürztem, heißem Apfelwein stand auf einem Tischchen neben seinem Sessel, und er trank von Zeit zu Zeit einen Schluck, als müsse er seinen Mund von einem schlechten Geschmack befreien. Bei dem Gedanken musste Julia grinsen. Sie hatte von dem Wein probiert und konnte absolut nicht begreifen, dass jemand dieses Zeug freiwillig trank.
König John saß zwischen ihnen auf einem alten Stuhl mit hoher Lehne, zupfte sich versonnen am Bart und sah stirnrunzelnd in die Flammen. Er trug immer noch seinen dicken Pelzmantel, und dann und wann durchlief ihn ein Frösteln, als wehe ein eisiger Wind durch den Raum, den nur er spürte. Julia musterte ihn besorgt. Auch wenn er deutlich erschöpft war, hätte er doch Freude oder zumindest Zufriedenheit empfinden müssen. Immerhin hatte er den Aufstand im Keim erstickt, die Rädelsführer zum größten Teil ausgeschaltet und so einen Bürgerkrieg verhindert, der das Ende des Waldkönigreichs bedeutet hätte. Aber stattdessen presste er die Lippen zusammen, machte eine bekümmerte Miene und wirkte irgendwie … gealtert.
Julia wandte den Blick ab. Die Privatgemächer König Johns waren viel kleiner, als sie erwartet hatte. Ihr Vater hatte in Räumlichkeiten gelebt, die weitläufig
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