Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
in allem fühlte sich Rupert besser als seit Monaten.
Eine wohlige Schwere durchströmte ihn, und er war versucht, einfach die Augen zu schließen und auf dem kalten Marmor einzuschlafen, aber er wusste natürlich, dass sich das nicht schickte. Beim Erwachen würde er es bitter bereuen. Er seufzte bedauernd und versuchte , sich mit dem Gedanken an ein dampfend heißes Bad und ein weiches Bett in einem warmen Schlafzimmer aufzubauen. Göttlich. Einfach göttlich. Er kam langsam auf die Beine, schob das Schwert in die Scheide, streckte sich, gähnte und stieg zum Haupteingang hinauf. Nach all den vielen Monaten sollte er tatsächlich wieder in einer behaglichen Umgebung schlafen, und jeder, der ihn daran zu hindern versuchte, würde gerade noch lange genug leben, um diesen Versuch zu bedauern.
Die Betrübnis und die Furcht, die ihn durch den Düsterwald begleitet hatten, fielen von ihm ab, als er tiefer in die Burg vordrang und immer mehr dicke Mauerschichten zwischen sich und die lange Nacht legte. Es war ein langer Weg zurück zu seinen Gemächern im Nordwestturm, aber die Vorfreude machte das wieder wett. Nach so langer Abwesenheit genoss er die vertrauten Eindrücke. Aber je weiter er kam, desto häufiger runzelte er die Stirn, als ihm eine Reihe bedrohlicher Veränderungen ins Auge fiel. Die Flüchtlinge waren überall, sie quollen aus ihren Unterkünften in die Flure und Gänge. Die meisten rührten sich nicht von der Stelle, als Rupert vorbeikam, sondern starrten ihn nur leer und gleichgültig an. Vor allem die Kinder taten Rupert leid; sie saßen da, wo ihre Eltern sie hin befahlen, und spähten mit großen, angsterfüllten Augen in die Schatten ringsum. Rupert kannte diese Zeichen; sie hatten sich zu lange im Düsterwald aufgehalten, und die lange Nacht hatte sie geprägt. Er versuchte, mit einigen der Kinder zu sprechen, doch sie wichen zurück und ließen sich nicht trösten.
In allen Kaminen brannten lodernde Feuer, die einen beißenden Qualm verbreiteten, da die Entlüftungsanlagen hoffnungslos überlastet waren. Dennoch herrschte in den Gängen der Burg eine feuchte Kälte, und eine dünne Reifschicht bedeckte die alten Steinmauern. Die Gänge und Gemeinschaftsräume waren nur spärlich erleuchtet. In der Waldburg verwendete man seit alters her Fuchsfeuer-Moos zur Beleuchtung; in diesem Jahr aber hatten der frühe Wintereinbruch und die Angst vor den Dämonen verhindert, dass man die Vorräte rechtzeitig ergänzte. Noch gab es Fackeln und Öllampen, aber ihr schummriges Licht erfüllte die engen Steinkorridore mit zu vielen friedlosen Schatten.
Ein paar unbedeutendere Höfli nge kamen und begleiteten Rupert ein Stück; sie brachten ihm den neuesten Klatsch und berichteten in groben Zügen, was sich in seiner Abwesenheit ereignet hatte. Rupert hörte ungläubig zu, als sie ihm von dem gescheiterten Umsturzversuch und seinen Folgen erzählten, aber er war zu zerschlagen, um zu plaudern. Schließlich sprachen sie über Ereignisse, die er nicht hören wollte; er legte die Hand auf den Schwertgriff und starrte sie verdrießlich an, bis sie die Botschaft verstanden und sich aus dem Staub machten. Rupert ging allein weiter. Einige der Mitteilungen hörten sich aufregend an, aber er war zu müde, um sich genauer damit zu befassen.
Die stabile Eichentür zu Ruperts Gemächern hatte nie einladender ausgesehen. Er lehnte sich entkräftet gegen das Holz und zögerte die Vorfreude auf sein Bett noch einen Augenblick hinaus.
„Rupert! Wo zum Henker warst du so lange?“
Er drehte sich um, und Julia schlang ihm stürmisch die Arme um den Hals, noch ehe er antworten konnte. Rupert presste sie an sich und vergrub das Gesicht in ihrem langen, blonden Haar. Zum ersten Mal seit langem fühlte er sich glücklich und geborgen. Endlich schob sie ihn auf Armeslänge von sich weg, und sie sahen einander hungrig in die Augen. Beide grinsten so sehr, dass ihnen die Mundwinkel weh taten. Doch dann sah Julia die harten Linien der Erschöpfung, die sich in Ruperts blutverkrustetes Gesicht gegraben hatten, und wurde ernst.
„Rupert, du bist verletzt! Was ist passiert?“
„Ein paar Hundert Dämonen wollten mich mit Gewalt daran hindern, zu dir heimzukehren. Mir geht es wieder gut, ehrlich! Aber wie geht es dir? Du siehst sagenhaft aus.“
„Na ja“, meinte Julia trocken, „der Eindruck wäre noch besser, wenn du meine neuen Kleider nicht mit Blut verschmiert hättest.“
Rupert trat zurück und musterte sie erstmals
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