Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
den Fäusten gegen die Wand zu hämmern, bis er erschöpft zusammenbrach und schluchzend in den Schlick fiel, der den Tunnelboden bedeckte. Eine Zeit lang lag er da, blind vor Furcht. Dann verklang sein Weinen allmählich, während die Panik nachließ und nur schlichte, überwältigende Müdigkeit zurückblieb. Er setzte sich auf und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht. Er spürte etwas in seiner Faust, und als er die Finger öffnete, sah er, dass er den Kerzenstummel zu einer formlosen Wachsmasse zerdrückt hatte.
Darius schniefte einmal und warf das Wachs weg.
Er kam mühsam auf die Beine, fand den Dolch, den er fallengelassen hatte, und kehrte zurück in das goldene Licht, das durch die Gitteröffnung fiel. Er rieb an dem widerlichen Schlamm, der sich in seine Kleidung gesogen hatte, und wünschte sich flüchtig einen Spiegel. Er fragte sich oft, wie er jetzt aussah. Dass er abgenommen hatte, merkte er daran, wie ihn die Kleidung umschlotterte, aber er spürte, dass er sich auch sonst verändert hatte. Er fror dauernd und war ständig müde, doch daran hatte er sich gewöhnt. Darius zuckte die Achseln. Es war einerlei. Nichts war mehr wichtig bis auf das Gesicht, das fortwährend vor ihm schwebte, selbst in den tiefsten, dunkelsten Gängen. Haralds Antlitz. Das kühle Lächeln auf den Zügen des Prinzen, als er Darius verraten hatte.
„Tut mir leid. Heute kann man keinem mehr trauen.“
Darius kauerte in dem goldenen Lichtkreis. Zu beiden Seiten sah er die schmutz- und rußverschmierten Wände, an denen Wasser in dünnen Rinnsalen zu Boden perlte und dort einen glitschigen Film bildete. Das jahrhundertealte Mauerwerk ringsum wies Risse und Unebenheiten auf, und die Entwässerungskanäle, die das Kondenswasser und andere Ablagerungen ins Freie leiten sollten, waren hoffnungslos verstopft. Die Burg war alt und marode. Genau wie er. Er runzelte die Stirn und zählte leise die Dinge auf, die er sich vorgenommen hatte, die Neuerungen. Er hatte so viele Pläne gehabt … doch die konnte er jetzt vergessen. Sein Umsturz war gescheitert. Vorbei. Unterdrückt, ehe er richtig begonnen hatte. Darius kicherte leise, und es dauerte lange, bis der hässliche Laut in wispernden Echos erstarb. Was ihm blieb, war Rache. Alle, die ihn belogen und ausgetrickst und in die Dunkelheit getrieben hatten, sollten mit ihrem Blut dafür bezahlen, was sie ihm angetan hatten. Das hatte ihm sein dunkler Meister versprochen.
Darius hob den Dolch und bewunderte die goldenen Lichtreflexe auf der schmalen Stahlklinge. Schmutzig braune Flecken getrockneten Bluts verunzierten sie nahe dem Heft. Darius runzelte die Stirn. Es war schade um Cecelia. Zweifellos war er ohne sie besser dran; sie hatte ihm nur im Weg gestanden und ihn aufgehalten. Hatte stets auf ihm herumgehackt, und dennoch vermisste er sie immer noch. Mit Cecelia hatte er reden können, auch wenn sie nur die Hälfte von dem verstanden hatte, was er gesagt hatte. Es war schade um Cecelia. Aber sie hätte ihm nicht im Weg stehen sollen.
Darius erstarrte, als er nicht weit entfernt Stimmen hörte. Sie schienen sich zu nähern, weil sie konstant lauter wurden, klangen aber sonderbar verschwommen, so dass er nicht verstehen konnte, was gesprochen wurde. Darius presste sich erschrocken gegen die Wand, als sie unvermittelt wie Donner durch den engen Tunnel dröhnten und dann verstummten, mitten im Wort abgeschnitten. Er lächelte unbehaglich und entspannte sich. Der Schall verbreitete sich seltsam durch die Entlüftungsschächte und hallte endlos wider, bis er nur noch ein Flüstern war, aber manchmal drangen durch eine Laune der Akustik Stimmen und Teile von Unterhaltungen aus der Burg so deutlich an sein Ohr, als sei er im gleichen Raum wie die Sprechenden. Darius wusste, was mit seinen Mitverschwörern geschehen war. Mehr als einmal war er versucht gewesen, die Tunnel zu verlassen und König John zu bitten, auch ihn ins Exil gehen zu lassen, aber sein Stolz hinderte ihn daran. Er musste Vergeltung üben, sonst wäre sein langes Umherirren im Dunkeln umsonst gewesen.
Er wandte sich von dem Seitenschacht ab und ging in den Tunnel hinein, ließ den goldenen Lichtschein hinter sich. Bald umhüllte ihn wieder das gewohnte Dunkel. Darius murmelte leise vor sich hin, während er den langen, engen Tunnel entlanghastete; er zählte voller Vorfreude die blutigen Strafen auf, die er für seine Feinde ersonnen hatte.
„Bald“, versprach er sich. „Bald.“
Der Erzmagier
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