Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
suchen, der König werden will ... oder es nicht erwarten kann, auf dem Thron zu sitzen.“
„Nein“, sagte Julia. „Das kann nicht sein.“
„Weshalb nicht?“
„Weil ... er das nicht fertigbrächte. Darum. Immerhin hat er sich gegen die Aufrührer gewandt, die ihn zum König machen wollten.“
„Wenn ich die Geschichte richtig verstanden habe, wäre er bestenfalls ein Marionettenherrscher der Barone geworden.“
„Vielleicht bin ich etwas begriffsstutzig“, warf der Erzmagier gereizt ein, „aber könntet ihr mir mal erklären, von wem hier die Rede ist?“
„Von Harald“, erklärte Rupert grimmig. „Von meinem Bruder. Er war schon immer sehr ... ehrgeizig.“
„Harald“, sagte der Erzmagier nachdenklich. „Ich erinnere mich an ihn als Knabe. Lebhafter kleiner Bursche, für den es nichts Schöneres als die Jagd gab. Ich war eine Zeit lang sein Erzieher, aber er besaß keinen Funken Talent für die Magie.“
„Da hast du es!“, sagte Julia rasch. „Unser Verräter muss ein ziemlich mächtiger Magier sein.“
„Nicht unbedingt“, entgegnete Rupert. „Wir haben Curtana nie gefunden.“
„Das Schwert des Zwangs“, sagte Julia. „Natürlich, das wollte der König ursprünglich gegen die Dämonen einsetzen.“
„Genau“, sagte Rupert. „Nur ging es während des Aufruhrs verloren. Die Landgrafen behaupteten steif und fest, sie hätten es nie besessen, und ich neige dazu, ihnen zu glauben. Ich kenne die Schutzvorkehrungen, die man für die Höllenklingen getroffen hatte. Die Waffen waren nur Mitgliedern der Herrscherfamilie zugänglich. Jeder Außenstehende, der versucht hätte, sie an sich zu nehmen, wäre auf der Stelle gestorben. Es erscheint nur logisch, Curtana auf ähnliche Weise zu verwahren.“
„Wer immer das Schwert an sich nahm, muss Mitglied des Königshauses gewesen sein“, sagte der Erzmagier nachdenklich.
„Ja“, sagte Rupert. „Mein Vater, Harald oder ich. Ich war weit weg, als das Schwert verschwand, und dass der König selbst es nahm, ergibt keinen Sinn. Bleibt nur ... Harald.“
„Das ergibt keinen Sinn“, beharrte Julia. „Wenn sich Curtana in seinem Besitz befände, hätte er es inzwischen längst benutzt. Ganz sicher wäre er nicht ohne es in die Entscheidungsschlacht gegen die Dämonen gezogen.“
Rupert zuckte die Achseln. „Vielleicht gibt es einen Grund, warum er das Schwert noch nicht einsetzen kann. Aber es kommt einfach sonst niemand in Frage.“
„Nein“, sagte Julia. „Das glaube ich nicht.“
„Du meinst, du willst es nicht glauben“, sagte Rupert. „Wenn man dem Hofklatsch glauben darf, hast du dich gut mit Harald verstanden, während ich fort war.“
„Was soll das denn jetzt wieder heißen?“
„Du weißt genau, was das heißen soll!“
„Schrei nicht!“
„Ich schreie nicht.“
„Ruhe!“, fauchte der Erzmagier und blitzte die beiden jungen Leute wütend an, bis sie ihr Gezänk einstellten.
„Schlimmer als kleine Kinder! Ist es vielleicht zu viel verlangt, euch endlich mit dem eigentlichen Problem zu befassen? Falls ihr es vergessen habt, es geht darum, diesen gottverdammten Drachen irgendwie wach zu bekommen.“
„Tut mir leid“, brummte Julia zerknirscht. Rupert grunzte ebenfalls eine Entschuldigung, und die beiden tauschten versöhnliche Blicke, während sich der Erzmagier abwandte, um erneut den schlafenden Drachen zu betrachten. Er legte die Stirn in Falten, dachte nach und streckte beide Arme über dem Koloss aus. Schwaches Licht umspielte seine Finger, erlosch jedoch, noch ehe es die Schuppen des Drachen erreicht hatte. Der Erzmagier konzentrierte sich und versuchte es noch einmal. Diesmal war der Schein heller, erreichte den Drachen aber wieder nicht. Der Erzmagier stieß eine halblaute Verwünschung aus, die zarte Gemüter erschreckt hätte, und hob die Arme in einer beschwörenden Geste. Einen Augenblick lang ging von seinen Händen ein roter Schein aus, und dann schwebte eine helle, knisternde Flamme vor ihm in der Luft. Sie sank langsam auf den schlummernden Drachen nieder, loderte plötzlich auf und flackerte unruhig an Ort und Stelle, als sei sie gegen eine unsichtbare Wand gestoßen. Der Erzmagier setzte zu einem fremdartigen Gesang an, der beängstigend in der Stille widerhallte.
Schweiß lief ihm übers Gesicht, und seine Hände zitterten, aber die Flamme schwebte immer noch in der Luft und kam dem schlafenden Drachen keine Spur näher. Der Erzmagier spreizte die Beine, um sich besser abzustützen,
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