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Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)

Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)

Titel: Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Er hob den Kopf und sah, dass es der König war.
    „Du siehst furchtbar aus.“
    „Danke.“
    „Dein Haar ist in den letzten Stunden völlig ergraut.“
    „Da siehst du, was es bringt, nüchtern zu sein.“
    Der König musste gegen seinen Willen lachen. „Du verlierst deine Magie, nicht wahr?“
    „Sieht so aus. Ist aber auch kein Wunder. Ich musste an einem Tag mehr zaubern als sonst in einem Jahr, und der Kampf gegen diesen Gifttrank hat meine letzten Reserven aufgezehrt. Jetzt werde ich mit jedem Zauber ein wenig älter. Ich spüre den Winter in meinen Knochen, und ich werde vergesslich. Ich hasse es, wenn mich mein Gedächtnis im Stich lässt.“
    „Ich weiß“, sagte König John. „Mir geht es manchmal ähnlich. In gewisser Weise ist es aber ein Segen. Schließlich gibt es in unserem Leben ein paar Dinge, an die wir uns nicht gern zurückerinnern.“

    Julia nahm die lange Silberscheide von der Schulter und betrachtete sie nachdenklich. Nun, da sie die Höllenklinge nicht mehr enthielt, sah sie irgendwie anders aus. Das Silber wirkte matt und glanzlos, und die alten Runen, die tief in das Metall eingraviert waren, schienen keine geheime Botschaft mehr zu vermitteln. Julia hob die Scheide in den Händen und warf sie in hohem Bogen auf einen Stapel Waffen, den die heimkehrenden Kämpfer in einer Ecke des Hofes aufgeschichtet hatten. Aus der Ferne betrachtet war sie nur noch eine Schwertscheide unter vielen.
    Julia lehnte sich gegen die Ostmauer und schloss die Augen. Es kam ihr beinahe ehrenrührig vor, sich auszuruhen, während alle anderen über den Hof rannten wie Hühner, die vor dem Kochtopf fliehen, doch solange der Zauberer nicht einsatzbereit war, gab es für sie nichts zu tun. Also setzte sie sich auf den Boden, drückte den Rücken gegen das Mauerwerk, streckte die Beine aus und versuchte, sich zu entspannen. Ein schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie eine Hand zum Schwert an ihrer Seite sinken ließ. Rupert hatte ihr dieses Schwert vor einer halben Ewigkeit geschenkt – zumindest schien ihr das so –, und es hatte ihr gute Dienste geleistet. Das war mehr, als sie von Wolfsbann behaupten konnte. Mit der Höllenklinge in der Hand hatte sie sich nie wohl gefühlt. Sie hätte es behalten können, statt es in der Erdspalte verschwinden zu lassen, zusammen mit dem Monster, das es töten sollte, aber sie hatte es absichtlich losgelassen und war immer noch überzeugt, das Richtige getan zu haben. Wolfsbann war sehr viel mehr als nur ein Schwert. Es lebte, besaß ein eigenes Bewusstsein und hatte versucht, von ihrem Verstand und von ihrer Seele Besitz zu ergreifen. Julia wusste, dass sie diesem Schwert verfallen wäre, wenn sie es lange genug benutzt hätte. Am Ende hatte sie es abgegeben, weil sie merkte, wie schwer sie sich davon trennen konnte.
    Schritte nahten. Sie blinzelte, erkannte Harald und schloss die Augen wieder.
    „Ich sehe, du hast die Scheide weggeworfen“, sagte Harald. „Eine gute Entscheidung. Wenn die alten Legenden stimmen, dann kann man die Höllenklingen nicht zerstören, und wenn man sie verliert oder sich von ihnen befreit, kehren sie irgendwann zurück zu ihren Scheiden.“
    „Du glaubst diesen Quatsch?“, fragte Julia, machte sich aber nicht die Mühe, die Augen zu öffnen.
    „Ich habe in jüngster Zeit vieles erlebt, das ich früher nie für möglich gehalten hätte“, antwortete Harald ruhig.„Deshalb habe ich die Scheide Blendflamms auch weggeworfen.“
    Julia öffnete die Augen und sah ihn an. Die Scheide war von seinem Rücken verschwunden, und Julia hatte das Gefühl, Harald wirke ohne das Ding ein Stück größer. Ihre Blicke trafen sich einen Augenblick lang, und sie wussten beide, wie nahe sie daran gewesen waren, sich von den Höllenklingen verführen und überwältigen zu lassen – ein Wissen, das sie nie mit anderen teilen würden. Nach einem Weilchen schauten sie zu Boden, vielleicht, weil sie die Erinnerung verdrängen, einfach vergessen wollten.
    „Glaubst du, der Zauberer kann den Drachen wecken?“, fragte Harald.
    „Ich weiß nicht. Der Drache liegt seit Monaten im Winterschlaf. Rupert glaubt, er dämmert in den Tod hinüber.“
    „Hmmm. Auch Rupert soll sich schon getäuscht haben.“
    Julia sah Harald nachdenklich an. „Du hättest das Tor geschlossen und ihm den Rückzug abgeschnitten, stimmt’s?“
    „Wie oft denn noch? Es war erforderlich. Jemand musste den Bergfried verteidigen, damit wir die Eingänge gegen den Feind sichern

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