Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
Rupert kaum bis zur Brust reichte, und sein schwarzer Umhang unterstrich noch, dass er eine spindeldürre Statur besaß.
Tiefe Falten hatten sich in das hagere Gesicht gegraben, und sein Blick wirkte verschwommen. „Was sucht Ihr hier?“, fragte er Rupert freundlich. „Und weshalb verderben mir diese Soldaten die schöne Aussicht?“
„Wir brauchen Eure Hilfe“, begann Rupert zögernd. Der Magier schien seine schlechte Laune von vorhin völlig abgeschüttelt zu haben, und Rupert wollte ihn nicht von neuem reizen. „Der Düsterwald …“
„Ein schrecklicher Ort“, unterbrach ihn der Magier. „Stockfinster.“ Ein Glas Weißwein erschien in seiner Hand. „Möchtet Ihr einen Schluck?“
„Danke, im Augenblick nicht“, sagte Rupert höflich.
„Ist aber ein guter Tropfen“, beharrte der Magier. „Persönlich gekeltert.“ Er wies mit der freien Hand auf die Glasröhren und beugte sich dann vertraulich vor. „Ich lege in jedes neue Fass eine tote Ratte, um dem Zeug etwas Körper zu geben.“
Rupert beschloss, nicht darüber nachzudenken. „Über den Wein können wir uns später unterhalten. Im Augenblick brauche ich dringend Eure Hilfe.“
Der Magier grinste schief. „Wisst Ihr, wer ich bin, junger Mann?“
„Natürlich. Ihr seid der Erzmagier“, sagte Rupert. „Die letzte Hoffnung des Waldlands.“
Der Blick des Magiers war mit einem Schlag völlig scharf und klar. „Geht das nicht in euer Köpfchen? Das Waldland ist mir egal. Meinethalben kann euer stinkendes kleines Land in der Hölle verfaulen. Geht mir aus den Augen! Verschwindet aus meinem Turm und lasst mich in Frieden, verdammt noch mal!“
„Das ist keine Art, mit einem Prinzen zu sprechen“, sagte eine kalte Stimme hinter Rupert. Er drehte sich rasch um und sah zu seiner Erleichterung die hünenhafte Gestalt des Ersten Ritters am Fenster. Der Zauberer starrte den Ersten Ritter finster an, dann schienen ihn die Kräfte zu verlassen. Er hob das Weinglas, aber es war leer. Sein Mund zuckte, und er ließ es fallen.
„Warum könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen?“, flüsterte er. „Geht doch endlich und lasst mich in Ruhe!“
„Meinetwegen könntet Ihr in Eurem Loch bleiben, bis die Hölle zufriert“, erklärte der Erste Ritter, während er sich über das Fenstersims schwang und vorsichtig auf die Tischplatte stieg. „Leider besteht König John auf Eurer Hilfe.“
„Ich komme nicht zurück“, sagte der Erzmagier kategorisch. „Ihr könnt mich nicht umstimmen, was immer Ihr vorbringt. Mich zieht es nicht in den Wald zurück. Absolut nicht“ Er unterbrach sich und studierte Rupert zum ersten Mal genauer. „Der Erste Ritter behauptet, Ihr wärt ein Prinz. Seid Ihr wirklich einer von Johns Jungs?“
„Ich heiße Rupert und bin der jüngere der beiden.“
„Natürlich, Rupert. Deshalb kam mir Euer Gesicht so bekannt vor.“ Die Züge des Erzmagiers wurden weicher. „Ihr habt große Ähnlichkeit mit Eurer Mutter.“
„Ich habe fünfundzwanzig Mann da draußen“, sagte Rupert. „Könnt Ihr ihnen für eine Nacht Quartier geben?“
„Die sind da draußen in Sicherheit“, erwiderte der Erzmagier. „Die Dämonen können meine Barrieren nicht durchdringen. Eure Männer dürfen heute Nacht draußen kampieren, wenn sie morgen wieder verschwinden. Ihr seid mir natürlich herzlich willkommen, Rupert. Es ist lange her, dass ich Euch das letzte Mal sah.“
„Einundzwanzig Jahre“, erklärte der Erste Ritter. „Einundzwanzig Jahre, seit Ihr zum Verräter wurdet.“
„Ich bin kein Verräter. Ich war nie einer!“ Hektische, rote Flecken brannten auf den Wangen des Erzmagiers, als er mit blitzenden Augen und geballten Fäusten auf den Ersten Ritter zukam. „Ich verließ den Hof freiwillig, nachdem ich mehr als fünfundvierzig Jahre über die Waldkönige gewacht und das Land vor Schaden bewahrt hatte. Ich war schon Johns Beschützer, als Ihr noch nicht wusstet, an welchem Ende man ein Schwert anfasst! Warum ich ging, ist ganz allein meine Sache. Ich gab dem Waldland f ünfundvierzig Jahre meines Lebens – Ihr habt nicht das Recht, noch mehr von mir zu verlangen.“
„Seht Euch den alten Säufer gut an, Hoheit“, sagte der Erste Ritter ruhig. „Es gab eine Zeit, da war er ein Held. Der mächtigste Zauberkünstler, den das Waldland je gekannt hatte. Seine Taten sind legend är . Es gibt Dutzende von Balladen, die ihn rühmen; sicher kennt Ihr einige davon. Manche Leute behaupteten sogar, er hätte das Zeug zum Meister
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