Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
aller Zauberer. Aber irgendwann beschloss er, alles aufzugeben. Er kümmerte sich nicht mehr um seine Verpflichtungen und verschwendete sein Talent für Feuerwerke, Jahrmarktschwindel und hübschen Tand für die Damen. Er hätte Vorbild für eine ganze Generation sein können, aber stattdessen ließ er sich volllaufen und vergnügte sich mit Tavernenschlampen. Der Erzmagier – ein Feigling und ein Abtrünniger, der seinen König im Stich ließ, als der ihn am meisten brauchte.“
„So war das nicht!“, schrie der Magier. „So war das ganz und gar nicht!“
Der Erste Ritter lachte. Wut verzerrte die Züge des Zauberers, und eine rein weiße Stichflamme zischte von seiner ausgestreckten Hand in die Brust seines Widersachers. Der Erste Ritter taumelte rückwärts. Glasröhren zerdrückten, als er gegen den Tisch unter dem Fenster stürzte. Blut floss ihm aus Mund und Nase, und die Käfigtiere kreischten laut. Der Erste Ritter versuchte, sich aufzurichten und sein Schwert zu ziehen. Wieder streckte der Magier die Hand aus, und die knisternden, weißen Flammen, die aus seinen Fingerspitzen schossen, schmetterten den Ersten Ritter gegen die Wand des Turms. Rupert hob sein Schwert und trat vor. Der Magier holte ihn von den Beinen, ohne sich auch nur umzudrehen.
Rupert versuchte, sich aufzurappeln, und schaffte es nicht. Er konnte nur hilflos mit ansehen, wie der Erste Ritter auf einer weißen Feuersäule langsam nach oben schwebte und in sechs bis sieben Schritt Höhe an die Wand gepresst wurde.
„Ich konnte Euch noch nie ausstehen“, bemerkte der Zauberer. „Euch und Euer ewiges Gerede von Pflicht. Wisst Ihr überhaupt, was dieses Wort bedeutet? Für Euch war Pflicht doch immer nur eine willkommene Ausrede zum Töten! Aber nun ist kein König John da, der seine Hand schützend über Euch hält, Herr Ritter. Ich habe lange auf diesen Augenblick gewartet!“
Rupert sah sich verzweifelt nach seinem Schwert um. Schon glühte die Rüstung des Ersten Ritters unter der brutalen Hitze des weißen Feuers kirschrot, und die ersten Ringe schmolzen zu Tropfen flüssigen Metalls. Endlich entdeckte Rupert seine Waffe etwa einen halben Schritt entfernt unter einem Tisch. Er biss die Zähne zusammen und kroch unauffällig näher, bis er in Reichweite der Klinge war. Sein Kopf schmerzte von dem harten Aufprall, aber sobald er den Schwertgriff zu fassen bekam, spürte er, wie seine Kraft zurück in den Körper strömte. Er umklammerte die Tischkante und zog sich hoch. Der Erzmagier wandte ihm den Rücken zu und war ganz mit seinem Opfer beschäftigt. Der Erste Ritter hatte die Augen geschlossen und schien nicht zu atmen. Rupert wankte zwei Schritte vorwärts und setzte dem Magier die Schwertspitze zwischen die Schulterblätter.
„Holt ihn auf der Stelle herunter!“, befahl er scharf.
„Schert Euch zum Teufel!“, entgegnete der Zauberer. „Wer mich Verräter nennt, muss sterben.“
„Ich befehle Euch im Namen meines Vaters, den Ersten Ritter seines Reiches freizugeben!“
Das Zauberfeuer verschwand, und der Erste Ritter schwebte langsam nach unten und landete sanft auf der Tischplatte neben ihnen. Rupert schob den Magier beiseite und untersuchte den Ersten Ritter. Die Ringe seines Kettenpanzers waren an einer Stelle zu Klumpen verschmolzen, und das Lederwams darunter wies ein großes, schwarzes Brandloch auf, aber die nackte Haut schien völlig unversehrt. Der Atem des Ersten Ritters ging ruhig und gleichmäßig, alles deutete darauf hin, dass er bald aus seiner Ohnmacht erwachen würde. Rupert fuhr herum und warf dem Magier einen fragenden Blick zu. Der zuckte grantig die Achseln.
„Ein Heilzauber. In einem Weilchen ist er wieder ganz der Alte.“
„Hättet Ihr ihn wirklich umgebracht, wenn ich nicht dazwischen gegangen wäre?“
„Wahrscheinlich nicht“, meinte der Magier. „Ich war schon immer zu weich, um mal richtig durchzugreifen – und leider verdammt treu Eurem Vater gegenüber. Ihr kämpf t hinterhältig, Rupert.“
„Natürlich, ich bin ein Prinz.“
Beide grinsten spöttisch. Zwei Gläser Weißwein erschienen in den Händen des Magiers. Er gab eines davon Rupert, der es dankbar annahm. Rupert fand, er hab nach allem, was ihm widerfahren war, einen guten Tropfen verdient. Er nahm einen kräftigen Schluck und hob anerkennend die Brauen.
„Kein schlechter Jahrgang, Erzmagier.“
Der Erzmagier lächelte bescheiden. „Eines meiner wertvolleren Talente. Aber nun zu Euch, Prinz Rupert. Was führt
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